Tierpsychologie: Warum uns Hunde so gerne abschlecken

Was treibt Hunde an, wenn sie ihre Halter abschlabbern? Dieser Frage ist ein US-Forscher nachgegangen.

Blassrosa, rau und ziemlich feucht: Mit der Zunge ihres Vierbeiners machen Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer beinahe täglich Bekanntschaft. Das ultrabewegliche Organ hilft Hunden unter anderem beim Trinken und der Temperaturregulation (Hunde können nicht schwitzen!).

In der Mensch-Tier-Interaktion lässt das Ablecken Raum für Interpretationen: Sind Hunde-Bussis ein Ausdruck von Zuneigung? Ein Überbleibsel ihrer Entwicklungsgeschichte vom wilden Wolf zum zahmen Haustier? Oder sind es salzige Schweißrückstande auf unserer Haut, nach denen die treuen Tiere lechzen?

Die Wissenschaft konnte keine dieser Hypothesen bisher mit soliden Daten unterfüttern, wie der US-Psychologe Stanley Coren in einem unlängst im Magazin Psychology Today erschienenen Artikel schildert. Coren studierte an der renommierten Stanford University, anschließend lehrte er viele Jahre an der University of British Columbia. Besonders bekannt ist der inzwischen pensionierte Neurowissenschafter für seine Forschungen zum besten Freund des Menschen.

Leck-Test

Aus Neugier begann Coren kürzlich zum Ableck-Phänomen zu recherchieren – wobei er den Fokus auf Erkenntnisse zur Salz-Hypothese legte. Diese sind nur spärlich vorhanden, Grund genug für Coren, der Sache in einem kleinen Experiment auf den Grund zu gehen.

Er rekrutierte 20 Hundehalter und wies sie an, ihre Knie mit Salzlösung (2 Teelöffel Kochsalz aufgelöst in 125 ml warmem Wasser) zu beträufeln. Dann rief man die Hunde herbei. Sobald ein Hund begann, ein Knie abzulecken, wurde die Zeitmessung gestartet.

Salz-Effekt

Leckten die Hunde eifriger und länger als den salzigen Knien? Nein, summiert Coren. Zum einen legten die Hunde ein sehr diverses Leckverhalten an den Tag: Manche leckten leidenschaftlich, andere eher zaghaft. Manche wählten willkürlich ein Knie aus, ohne dem anderen je Aufmerksamkeit zu widmen. Unterm Strich zeigte sich zum anderen, dass die Hunde keinesfalls länger an den salzigen Hautstellen lutschten. Im Schnitt zogen die salzigen Knie die Hunde 22,9 Sekunden in den Bann, die unsalzigen 22,6 Sekunden.

Die Salzhypothese ist für Coren damit vom Tisch, auch wenn weitere Studien noch mehr Klarheit bringen könnten.

Dass das Salz auf der Menschenhaut das Hundelecken bedingt, hatte Coren ohnehin für unplausibel gehalten. Hundezungen verfügen nur über wenige Salzrezeptoren. Entsprechend durchschnittlich dürfte das Geschmackserlebnis ausfallen.

Für naheliegender hält er die evolutionsbasierten Erklärungsmodelle: Wolfswelpen erhaschen etwa durch Lecken Futter vom Maul erwachsener Tiere. Und: Schon Hundemamas pflegen und liebkosen ihre Welpen durch Ablecken – ein Sozialverhalten, in dessen Genuss offenbar auch Hundehalter kommen.

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