Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Zickezacke, Zickezacke, hoi, hoi, hoi

Skifahren: Zwei blaue Pisten und einmal Pommes mit Senf.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, weiß ich bereits, ob ich noch Skifahren kann oder bereits ins Genre derjenigen gewechselt bin, die vor der Hütte in der Sonne sitzen, lässig auf den Hang schauen und über die mangelnde Eleganz der Carvingschwünge der noch Aktiven lästern. Zuletzt bin ich im Februar 2019 auf Skiern gestanden, aber auch nur kurz. Meine neue Freundin wollte damals mit mir einen Skiurlaub machen, beschloss aber nach nur zwei Abfahrten und einem Hüttenbesuch, dass unsere Beziehung keine Zukunft hat, worauf wir zuerst auf getrennte Gondeln wechselten und danach den Urlaub abbrachen und uns nie wieder sahen.

Als ich Skifahren lernte, gab es noch Fangriemen, geschnürte Skischuhe und Jethosen, Helme waren etwas für Kinder, Weicheier oder Wichtigtuer, die sich für Franz Klammer hielten. Auf die Gamsleiten II in Obertauern führte noch ein Schlepplift, dessen Benutzung als originelle Form des Suizidversuchs galt – oder als Nachweis einer Überdosis Testosteron im Blut. Wir standen in der Früh prinzipiell eine halbe Stunde vor Betriebsbeginn beim Lift, gegessen wurde am Einsersessellift (durchweichte Leberwurstsemmeln mit Sunkist), aufs Klo ging man hinter einen Baum, das Apres-Ski bestand aus dem gemeinsamen Ausrufen der Formel „Zickezacke, Zickezacke, hoi, hoi, hoi“.

Ich habe Skifahren zuerst abgrundtief gehasst – „Mama, mir ist kalt, mir ist fad, ich muss Lulu, hier ist nirgends ein Baum“ – und wenig später aus vollem Herzen geliebt. Meine Eltern waren Skilehrer und verstanden es, uns Kindern jede Abfahrt als Abenteuer zu verkaufen. Schon bald wollten wir nur noch im Tiefschnee fahren, in der Lifttrasse, auf schwarzen Pisten – als ich das erste Mal die berüchtigte „Zwölfer Nord“ ohne Sturz bewältigte, war ich unendlich stolz.

Ob es jetzt noch für mehr als zwei blaue Pisten und  einmal Pommes mit Senf plus Weizenbier reicht? Ich bin gespannt.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare