"ÜberLeben": Wir sind, was wir sind
Die Oper und ich: Eine Geschichte voller Narren.
Zum ersten Mal ging ich vor 45 Jahren in die Volksoper, damals an der Hand meiner Mutter. Wir sahen die „Zauberflöte“, und ich weiß noch, dass ich nur die gesprochenen Teile mochte, die Musik fand ich anstrengend. Zum zweiten Mal war ich in den Neunziger-Jahren in der Volksoper. Irgendein wichtigtuerischer Regisseur versuchte, sich anhand des „Zigeunerbarons“ selbst zu verwirklichen, es gab fliegende Schweine und ähnlichen Blödsinn, das Ganze wollte lustig sein und war einfach nur fad. Wenig später war ich dann zum dritten Mal in der Volksoper, um Dagmar Koller in ihrer Garderobe zu interviewen. Soweit ich mich erinnern kann, war das Interview sehr kurzweilig, ich wankte mit einem Wodka-Rausch nach Hause.
Mit Musiktheater tat ich mir immer schwer. Ich verstehe nicht, warum die Leute dort miteinander singen, anstatt zu reden. Im echten Leben singe ich ja auch nicht meine Freundin an: „Gu-hu-hu-huhu-huten Morgän! Mö-höchtest du ei-nän Ka-ha-haffee?“ Und sie singt zurück: „Oh Nein! Oh Graus! Oh Nein! Oh Graus! Für mich nu-hu-hur Tee! Tee! Tee-hee-hee!“ Worauf wir unsere Stimmen zu einem Duett vereinen, das in dem zweistimmig gesungenen Wort „Butterbrot!“ endet, während unsere Nachbarn „Bravo“ rufen.
Jetzt war ich zum vierten Mal in der Volksoper, man gab „La Cage aux Folles“, also „Der Käfig voller Narren“, dieses wunderbar leichtfüßige Musical über das bunte Anderssein. Ich saß in der allerletzten Reihe unterm Dach, und die Vorstellung war so gut, dass ich trotzdem für zweieinhalb Stunden vergaß, dass ich Zahnweh hatte.
„Ich bin, was ich bin“ ist das bekannteste Lied des Stücks. Und darin heißt es: „Ich bin, was ich bin, und was ich bin, ist ungewöhnlich.“ Und weiter: „Ich lebe und ich will mich nicht dafür genieren.“
Und beim Rausgehen dachte ich mir: Ist es nicht schön, dass jeder ist, was er ist, und dass jeder anders ist? Frohe Ostern!
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