"ÜberLeben": Schlittenhund mit Blähungen und Sonnenbrille
"Top Gun: Maverick" ist gar nicht so schlecht, wie ich gehofft hatte: Wuuusch! Ratatatat!
Normalerweise gehe ich ins Kino, um zu schlafen. Das habe ich als Jungvater so gelernt: Man parkt die Kinder vor der Leinwand, setzt sich daneben und knackt bereits beim Vorspann selig ein. 90 Minuten Schlaf sind unschätzbar wertvoll, wenn man Kinder hat. Ich habe mehr Disney-Filme verschlafen, als die meisten anderen gesehen haben. Keine Ahnung, was das mit meinem Unterbewusstsein machte – vielleicht hält es mich ja jetzt für einen sprechenden Bären.
Diesmal ging ich ins Kino, um wieder 17 zu sein – und um mich zu ärgern. Als ich 17 war, sah ich im Kino „Top Gun“ und war fassungslos: ein aus öden Luftkampfszenen, billiger Militär-Verklärung und einer Familienpackung Testosteron mühsam zusammengeklebtes Handlungsimitat. Und ein Hauptdarsteller, dessen schauspielerisches Repertoire sich auf Sonnenbrille-Aufsetzen, Motorradfahren ohne Helm und Dreinschauen wie ein Schlittenhund mit Blähungen beschränkte.
Das Schlimmste daran aber war, dass der Film meine sonst durchaus vernunftbegabten Freunde in infantile Bubis zurückverwandelte, die mit den Händen Luftkämpfe nachspielten, dabei „Wuuusch!“ und „Ratatatat!“ brüllten, und schworen, einmal von Beruf Kampfpiloten oder zumindest Sonnenbrillenträger zu werden.
Jetzt, 36 Jahre später, kam „Top Gun: Maverick“ heraus, und ich ging ins Kino, um mich wieder so schön ärgern zu können wie damals. Ich wurde aber enttäuscht – denn der Film gefiel mir richtig gut. Vor allem die Luftkampfszenen, Wuuusch und Ratatatat! Nein, das war jetzt eine Lüge zugunsten der Pointe. Aber Tom Cruise ist mittlerweile fast so etwas wie ein Schauspieler geworden, die wunderbare Jennifer Connelly ist auch dabei, und das entsetzliche Lied „Take My Breath Away“ fehlte, was ich sehr nett von den Produzenten fand.
Ich habe jedenfalls vor, mir eine Sonnenbrille zu kaufen, vielleicht sogar einen Kampfjet.
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