Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Bin ich noch normal?

Ich esse Schnitzel nicht besonders gerne.

Ich esse Schnitzel nicht besonders gerne. Ich mag Paniertes nicht so, und auch Schweinefleisch ist nicht so meines. Ich esse lieber Pizza oder Hamburger oder gegrillten Fisch oder die wunderbare Pasta meiner Freundin. Ich brauch auch keine Marillenknödel – ich esse überhaupt nicht so gerne Süßes.

Ich trinke nie Kaffee, er schmeckt mir nicht und ich vertrage ihn nicht. Ich trinke zum Frühstück lieber ein kaltes Cola Zero.
Ich bin Niederösterreicher, aber ich verbinde mit der Idee „Niederösterreich“ keine Emotionen. Ich würde mich auch in jedem anderen Bundesland wohlfühlen.

Ich höre gerne Heavy Metal, aber auch Jazz, Klassik oder Volksmusik. Ich schaue mir im Fernsehen gerne Schlagershows an, aber auch Dokumentationen auf Arte. Ich liebe Musik und Theater, aber Musiktheater geht mir auf die Nerven – ich verstehe nicht, warum die Leute einander singend mitteilen, was sie zu sagen haben.

Ich liebe Tiere, habe aber kein Haustier.

Ich besitze keine Krawatte.

Ich habe noch nie im Leben ein Auto gewaschen, seit zwölf Jahren habe ich gar kein Auto mehr, weil mir der Besitz eines Autos zu teuer ist. Autofahren strengt mich an, ich finde, es ist eine unfassbar langweilige Tätigkeit.

Ich verwende weder Gender-Sternchen noch „Glotti-Pausen“, bemühe mich aber sehr, immer beide Geschlechter zu nennen. Ich mag Leistung und Wettbewerb, finde aber gleichzeitig, dass sich die Gemeinschaft um die kümmern muss, die es nicht aus eigener Kraft schaffen. Ich bin überzeugter Individualist und glaube gerade deshalb an das schöne Konzept der Solidarität.

Ich mache gerne Urlaub in Österreich, fahre aber genauso gerne in andere Länder. Ich mag die Berge und das Meer. Ich finde, die schönste Stadt der Welt ist nicht St. Pölten, sondern Rom. Ich mag Deutschland und Deutsche.

Ich frage mich, ob ich normal bin. Vermutlich nicht. Gut so.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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