Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Alles schmeckt nach Socken

Corona, Woche 2: Eine Faustwatsche und Schlafen im Anorak.

Achtung, diese Kolumne wurde zu Eurem Schutz vor Veröffentlichung desinfiziert!

Nach einer Woche Corona  war ich schon ziemlich gut gelaunt. Klar, es war mühsam – Schnupfen, Husten, Ohrenschmerzen, Bauchweh – aber definitiv keine Tragödie. In einem Video-Telefongespräch mit meinem Vater sagte ich zuversichtlich, dass das Virus keine Chance gegen mich habe.

Witzig, übrigens, wie man von zwei Jahren Pandemie geprägt ist: Im Video-Gespräch mit meinem Vater muss ich husten – und halte mir schnell die Hand vor den Mund, um ihn nicht anzustecken. Eine völlig sinnlose Handlung – auch das Corona-Virus kennt bis heute keine Methode, sich via WhatsApp zu verbreiten – die mir aber in dem Moment angemessen erscheint.

In der zweiten Woche holt das Virus dann plötzlich aus und semmelt mir eine Faustwatsche mitten ins Gesicht. Zuerst kommt Geruchs- und Geschmacksverlust. Ich nehme nur noch ein leicht säuerliches, muffiges Aroma wahr. Alles riecht und schmeckt  nach verschwitzten Socken. Dann kommt ein wilder Fieberschub. Ich kriege so starken Schüttelfrost, dass ich im Anorak schlafe und trotzdem friere.

Jetzt bin ich seit mehr als zwei Wochen krank – und dennoch sehr dankbar. Etwa dafür, dass ich keine Atemprobleme habe. Ich musste nicht ins Krankenhaus und bin auch nicht gestorben. Dankbar auch dafür, dass meine Freundin und ich einander auch in der Quarantäne nicht auf die Nerven gehen, sondern sehr liebevoll miteinander umgehen. Vor allem aber dankbar dafür, dass ich in einem Land lebe, wo es keinen Krieg gibt. Ich fühle mich unendlich müde, aber in Wahrheit geht es mir gut.

Passt auf euch auf und bleibt gesund, das ist eine echte Dreckskrankheit, Hackiducki no amoi!

Guido Tartarotti gastiert mit seinem neuen Kabarettprogramm „Guitar Solo“ am 12. März im Wilheringerhof in Klosterneuburg.
 

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare