Guido Tartarotti

"ÜberLeben": 30 Jahre FC Henker

Ein Fußballverein mit mäßigen sportlichen Erfolgen, aber viel Durst, feierte Jubiläum.

Vor 30 Jahren beschloss eine kleine Gruppe von mäßig begabten Hobbykickern, einen Fußballverein zu gründen. Ich weiß das deshalb, weil ich dabei war – ich war der am mäßigsten Begabte. Wir nannten unseren Verein „FC Henker“, wohl um damit die Mäßigkeit unserer Begabungen zu kaschieren. Die Erfolge waren eher gering – wir gewannen das eine oder andere Hobbyturnier im Raum Mödling – eines davon, ich glaube, es war in Breitenfurt, weil mich ein Ball im Gesicht traf und von dort ins gegnerische Tor rollte, während sich der Tormann vor Lachen den Bauch   hielt und nicht den Ball. Meistens gewannen wir aber nur das an die Turniere anschließende Radler-Wetttrinken.

Jedes Jahr im Juli fuhren wir nach Italien, in die schöne Stadt Ivrea am Rand des Aostatals. Dort wohnen Freunde, die einen großen Garten besitzen und ein großes Herz – und alljährlich ein Fußballturnier veranstalten. Als Gäste waren wir dort überaus beliebt – einerseits lieferten wir auf dem Spielfeld brav die Punkte ab, andererseits bereicherten wir mit unserem Durst und unseren Verkleidungen (legendär: ein Trupp römischer Soldaten inklusive Zenturio und Kleopatra) die um das Turnier herum gebauten Feierlichkeiten. In der Tat denke ich, dass unsere hemmungslose Bereitschaft zum Konsumieren alkoholhaltiger Getränke der wirtschaftlich schwachen Region über das eine oder andere Krisenjahr hinweghalf.

Im Gegenzug kamen unsere italienischen Freunde jeden Winter zu uns, um unser eigenes Turnier durch Feierlaune und den fairen Willen zur Niederlage zu bereichern.  Über die Jahre entstanden da stabile Freundschaften und, so sagen die Gerüchte, sogar die eine oder andere amouröse Verwicklung.

Jetzt stand das 30-Jahre-Jubiläum unseres kleinen, scherzhaften Vereins an, und ein großes, dem sportlichen wie gesellschaftlichen Stellenwert  des FC Henkers angemessenes Fest wurde geplant. Und auch die Italiener kamen, jede Menge Durst im Gepäck.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare