Welches Glas zu welchem Wein? Einige Regeln sind überholt

Video: René Antrag vom Steirereck erklärt in Lesson 4 seiner Academy, was man über Glas, Dekanter und Korken wissen muss.

Werde zum Weinexperten

Du interessierst dich für Wein, willst alles über die edlen Tropfen erfahren und mitreden können? René Antrag, Sommelier vom Steirereck, macht dich hier in seiner freizeit Academy zum Kenner. 

Ganz grundsätzlich rät Sommelier René Antrag, sich nicht von den unterschiedlichen Philosophien der verschiedenen Glashersteller verunsichern zu lassen: "Rotweine in ein größeres Glas zu geben und Weißweine in ein kleines, ist völlig überholt. Es kommt viel mehr auf die Stilistik des jeweiligen Weins an. Und darauf, wie man ihn präsentieren will." So kann es im Steirereck vorkommen, dass kleine Gläser auch für Rotweine verwendet werden, wenn man die Frische und Präzision zum Vorschein bringen will. Die Opulenz tritt dann in den Hintergrund. Umgekehrt serviert man Weißweine auch öfters in größeren Gläsern, wenn man seine Komplexität hervorbringen und ihn atmen lassen will.

Weingläser und ihre Charakteristik

"Es gibt keine Regeln, man muss einfach probieren und sehen, wie sich der Geschmack mit dem Glas entwickelt." René Antrag zeigt im Video, welche Marken, Serien und Formen den jeweiligen Charakter des Weins unterstreichen:

Als Besonderheit hebt Antrag das Glas "Rich" von Zieher Vision hervor. "Es ist spannend für Süßweine, Fortifieds (Likörweine, Anm.) und Spirituosen. Besonders gut passen hier Madeira, Trockenbeerenauslesen oder Port hinein, weil das Glas nicht zu viel Oberfläche bietet, der Alkohol eher reduzierter wirkt und sehr fokussiert am Gaumen und in der Nase ist. Und es sieht einfach nostalgisch aus."

Das Gabriel-Glas hingegen ist sehr universell einsetzbar. "Wenn man spezifisch auf einen Wein-Stil eingehen will, ist ein Glas zwar zu wenig", aber trotzdem ist es gut, einen Allrounder zuhause zu haben.

René Antrag zeigt in seiner freizeit-academy, welche Gläser die Charakteristik von unterschiedlichen Weinen optimal unterstreichen

©freizeit

Und wie sieht es mit Gläsern ohne Stiel aus? "Jeder wie er will... ich persönlich mag es einfach, ein Glas am Stiel in der Hand zu halten und nicht das komplette Glas." Auch das Gedeck ist viel ansehnlicher, wenn die Gläser nicht mit Fingertapsern übersät sind.

Regelbruch bei Schaumwein-Gläsern

Natürlich kann man die klassischen Flöten verwenden, doch René Antrag outet sich als Fan von eher weinigen Gläsern. So kann sich der Schaumwein auch weintechnisch besser entfalten, ohne dass die Perlage verloren geht. Von der sogenannten Eiswürfelmethode rät Antrag zur Reduzierung der Perlage ab, da sie den Champagner verwässert. "Wir nutzen dann einfach noch größere Gläser, damit der Gast die Möglichkeit hat zu schwenken und dadurch die Perlage eher reduzierter und der Champagner ruhiger und weiniger wirkt."

Wann muss man Wein dekantieren, wann nicht? René Antrag vom Steirereck hat die Antwort

©freizeit

Wein dekantieren, ja oder nein?

Zuerst sollte man verstehen, dass es einen Unterschied zwischen dem Dekantieren und dem Belüften gibt. "Dekantieren tut man Weine mit Depot - einfach, um den Wein vom Depot zu trennen", erklärt Antrag. "Das macht man vorsichtig mit Kerze, um zu sehen, wieviel Depot drin ist und wann man aufhören muss."

"Weißweine werden beispielsweise belüftet, wenn sie zu jung sind, aber der Gast ihn unbedingt will. Wir versuchen ihnen dann mehr Sauerstoff zu geben, damit sich der Wein entwickelt und öffnet." Dementsprechend unkompliziert ist der Vorgang: Der Wein wird einfach in die Karaffe gestürzt. Bei eher gesättigten Weißweinen geht man etwas vorsichtiger vor und schwenkt die Karaffe etwas. 

"Beim Rotwein sieht das sehr ähnlich aus. Zum Beispiel bei einem Blaufränkischen 2014, einem kühleren Jahrgang mit reduktivem Ausbau. Den muss ich nicht dekantieren, weil überhaupt kein Depot da ist. Aber der Wein braucht Luft: er entwickelt sich erst, weil er zu jung ist und vom Jahrgang mit der Kühle geprägt ist." Auch hier wird der Wein ganz entspannt in die Karaffe gegeben, wo er sich öffnet. "So macht es mehr Spaß und es kommt die Aromatik ins Glas, die er vielleicht erst drei Jahre später hätte."

Vorsicht beim Dekantieren von reifen Weinen

Reife Weine sollten nicht zu lange in der Karaffe gelassen werden. "Gerade Rotweine aus den 60er, 70er und 80er-Jahren brauchen nicht mehr so viel Luft", sagt Antrag. Lieber vorsichtig in eine schmale Karaffe gießen und schnell konsumieren, um zu vermeiden, dass der Wein oxidiert. Deswegen sollte man den Wein immer vorher probieren und feststellen, in welchem Zustand er ist. Dann wird entschieden, wie weiter zu verfahren ist.

Naturkork, Glas, Diam oder Drehverschluss? Die Verschlussart sagt nicht zwingend etwas über die Weinqualität aus

©freizeit

Wein und der richtige Verschluss

Naturkorken? Drehverschluss? Glas-Stoppel? Diam?

Da die Weinindustrie in den vergangenen 25 Jahren viel mit Korkfehlern konfrontiert war, hat man sich einiges einfallen lassen. René Antrag dazu: "Gerade wenn es um junge Weine geht, ist ein Drehverschluss Gold wert." Entgegen des populären Glaubens können Weine mit Drehverschluss sehr wohl reifen. Ein Drehverschluss ist kein Indiz für Billigwein, es gibt viele hochwertige Winzer, die damit arbeiten. 

Die Geheimnisse des Weins

Mit René Antrag in zehn Lessons zum Weinkenner: Der Spitzen-Sommelier lehrt uns richtiges Verkosten, Lagern und Einkaufen. Erweitere dein Weinwissen und komm‘ mit auf eine genussvolle Reise.

 

>>> Jetzt Class starten <<<

In der Steiermark hat sich ein starker Trend zum Verschluss aus Glas herauskristallisiert. "Beim Glaskorken gibt es niemals Ausreißer. Es gibt nie eine äußerst geniale, dafür aber auch keinen Ausfall der Flasche." Glas steht also für eine konstante Qualität. Dafür reifen Weine mit Glaskorken erst spät: "Diese Weine bleiben in den ersten Jahren sehr ruhig und frisch - haben somit einen reduktiven Stil - und gehen erst ab dem fünften, sechsten Jahr eine gewisse Reifephase durch." 

Kork profitiert von der Konkurrenz

Durch die vielen Alternativen wird Kork am Markt weniger nachgefragt, was zu einer Verbesserung der Qualität geführt hat - es gibt immer weniger Probleme mit dem Korkfehler. Der Korkgeschmack, abgekürzt TCA, kann aber nicht nur bei Naturkorken auftreten, auch wenn er dafür von Haus aus etwas anfälliger ist. "Wir haben den Korkfehler auch schon bei Drehverschlüssen festgestellt." Deswegen ist es sehr wichtig, den Wein vor dem Servieren immer zu probieren.

Sandra Keplinger

Über Sandra Keplinger

Seit Sommer 2021 im KURIER Medienhaus, zuerst als Digital Producer für die Freizeit, jetzt im Audience Development tätig. Sie arbeitete als Foto- und Modechefin beim WIENER, schrieb über das Mode-Business in der DIVA und war CvD bei Falstaff.

Kommentare