Experte klärt auf: Sollte man Ketchup im Kühlschrank lagern?

Ketchup-Hersteller Heinz hat auf Twitter endlich die Debatte aufgeklärt. Gehört Ketchup wirklich in den Kühlschrank? Wir haben einen Experten gefragt.

Die Ansichten über die Lagerung von Lebensmitteln könnten nicht unterschiedlicher sein. Kartoffeln, Tomaten, Honig, Senf... In den Kühlschrank? Oder reicht es, alles bei Zimmertemperatur in einem Vorratsschrank aufzubewahren? Eine jahrelange Diskussion über die Aufbewahrung von Ketchup wurde jetzt vom Hersteller-Giganten Heinz beendet  beziehungsweise neu entfacht. Wir haben den renommierten Experten für Umwelthygiene Prof. Dr. Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien gebeten, uns aufzuklären.

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Twitter brach kürzlich in Diskussionen aus, als Heinz postete: "Übrigens: Ketchup. gehört. in. den. Kühlschrank!!!". Wer hat es richtig gemacht und ist jetzt erleichtert? Nun, so ganz möchten wir dem Urteil noch keinen Glauben schenken. Im Jahr 2017 schrieb Heinz auf seiner Website noch, dass ihr Ketchup "Haltbar im Regal" ist, mit dem Zusatz, dass es nach dem Öffnen im Kühlschrank gelagert werden sollte, um die Qualität zu wahren. Damals gaben noch 66% der US-amerikanischen Teilnehmer in einer Umfrage bei Heinz an, dass sie ihren Ketchup eher ungekühlt lagern.

Heute steht auf der Flasche nur "Nach dem Öffnen gekühlt aufbewahren." und 63,2% offenbarten in der kürzlich erst geposteten Umfrage auf Twitter, dass sie Heinz zustimmen und ihren Ketchup lieber im Kühlschrank als im Regal lagern. Doch was ist jetzt richtig?

Was sagt der Experte: Kühlschrank oder nicht?

Nach dem ewigen Hin und Her klärt nun endlich ein Experte für Lebensmittel- und Umwelthygiene über die kontroverse Debatte auf. Prof. Dr. Hans-Peter Hutter ist der Meinung, dass man in jedem Fall lieber kühlen sollte. Was auch sonst? Die Abstimmungen beziehen sich wohl eher nicht auf Gastbetriebe, die das Produkt natürlich viel schneller aufbrauchen als ein Normalverbraucher, der eine Flasche Ketchup zu Hause hat. Gehen wir davon aus, dass man nicht jedes Mal nach dem Öffnen die ganze Flasche konsumiert, wird von unserem Experten dringend zur Kühlung nach dem Aufmachen angeraten. "Mikrobielle Verderblichkeit ist abhängig von der Temperatur und vom Zuckergehalt. Heinz geizt meines Wissens nach nicht mit Zucker." Wie recht er damit hat, wird weiter unten mit den Ergebnissen eines Produkttests aufgeklärt, bei dem die Marke Heinz leider nicht besonders gut abschnitt.

Und was ist mit dem Glauben, dass Ketchup länger haltbar ist, je mehr Zucker drin ist? Das ist ein Irrglaube, wie Prof. Dr. Hutter bestätigt. "Wohl eher ist es umgekehrt, da hier mehr Zucker es leichter für Schimmel macht, Lebensmittel zu befallen." Bei Ketchup mit einem Bio-Label, das wenige künstliche Zusätze hat, rät der Facharzt ohnehin dazu, es sofort nach dem Anbrechen in den Kühlschrank zu stellen.

"Auch der heiße, warme Sommer ist immer ein Faktor, warum Lebensmittel schneller verderben." Manche vergessen, wie sehr sich die sommerliche Hitze auf Lebensmittel auswirken kann. Hutter weist auch auf die Lebensmittelverschwendung hin, die eine nicht eingehaltene Kühlkette unweigerlich zur Folge hat. Zusätzlich warnt der Fachmediziner davor, dass sich Bakterien auch bei der Handhabung einschleichen können. Gerade in der Familie wird vielleicht mit dem Finger der Verschluss abgeschleckt, ein perfektes Beispiel für eine Schimmelfalle.

Senf wäre dagegen weniger anfällig durch seinen hohen Säuregehalt. Das Millieu bietet Bakterien nicht derart viel Raum zum Wachsen.

Heinz  Der Ketchup-Gigant

Um das Ausmaß der Diskussionen vollumfänglich zu verstehen, muss man einen Blick in die Geschichte des Herstellers werfen. 1876 wurde Heinz Tomato Ketchup erstmalig in den USA eingeführt. Ein Produkt. Fünf Zutaten. Die Intention dahinter: Der Ketchup (damals noch "Catsup") sollte in Glasflaschen verkauft werden. Das Besondere daran? Henry J. Heinz wollte sich nicht hinter den braunen Flaschen verstecken wie die Konkurrenz, die damit wohl schlechte Qualität zu verschleiern versuchte. Schon bald nach der Markeneinführung prägte Heinz auch den bekannten Slogan "57 varieties". Warum gerade diese Zahl? Das bleibt bis heute ein Mysterium. In jedem Fall wurde das Unternehmen immer erfolgreicher und expandierte in den 1920ern international. Heute ist es einer der bekanntesten Hersteller von Saucen und anderen Produkten.

Während sich die Konkurrenz heute allerdings um Transparenz bemüht, offenbart Heinz noch immer nicht die Herkunft seiner Tomaten. Hinzu kommt, dass der Klassiker Ketchup erst dieses Jahr bei einem Produktvergleich eher schlecht abschnitt. Beim Öko-Test fällt der Heinz-Ketchup unter 20 getesteten Ketchup-Varianten mit dem höchsten Gehalt an zugesetztem Zucker (25,3 Gramm pro 100 Milliliter) auf. Nun sind Geschmäcker bekanntlich verschieden, aber alle anderen Produkte kommen mit weniger zugesetztem Zucker (der niedrigste Wert liegt bei 13 Gramm) trotzdem sehr gut aus.

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Weiterhin findet Öko-Test heraus, dass Heinz Tomato Kechtup einen vergleichsweise hohen Wert an Schimmelpilzgiften aufweist. Im Labor fand man 47 Mikrogramm pro Kilogramm an Alternariol, ein Toxin, das durch überreife oder schimmelige Tomaten entstehen und potentiell schädigend für das Erbgut sein kann. Der Richtwert für dieses Toxin, der von der EU 2022 empfohlen wurde, liegt bei 10 Mikrogramm pro Kilogramm. Heinz befindet sich also deutlich über diesem Richtwert.

Ob man Heinz nun gut findet oder nicht – wenigstens ist geklärt, wie man seinen Ketchup am besten aufbewahren sollte. Damit kann man die jahrelange Debatte zumindest erstmal ruhen lassen.

Über Jennifer Sandhagen

Redakteurin bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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