Mit Champagner schrieb sie Weltgeschichte

Die Frau hinter der Champagnermarke Veuve Clicquot.

Sie war eine der ersten Geschäftsfrauen überhaupt – und das unter widrigsten Umständen. Die Französische Revolution und Napoleons Feldzüge begleiteten ihr Leben. Sie hasste den selbstgekrönten Kaiser. Nicht zuletzt, weil seine Feldzüge ihre Exportpläne durchkreuzten.

Mit 27 Jahren übernahm Nicole Clicquot-Ponsardin die Leitung des Champagnerhauses Clicquot und nannte es „Veuve Clicquot“. Denn ja, da war sie bereits Witwe, auf Französisch „Veuve“, ihres Mannes François Clicquot. Die Familie drängte sie, das Unternehmen zu liquidieren und erneut zu heiraten. Sie baute die Firma aus – und nahm sich einen jungen Liebhaber.

©Wikimedia Commons/Léon Cogniet

Heftiger Widerspruch

Woher dieses erstaunliche Selbstbewusstsein? Nicole Ponsardin wird 1777 in Reims geboren. Ihr Vater Nicolas ist der reichste Textilkaufmann der Stadt. Er weiß, dass seine älteste Tochter das klügste seiner Kinder ist. Schon früh erkennt er ihre Geschäftstüchtigkeit und stellt seine Erstgeborene nicht hinter den Sohn zurück, auffällig in einer Zeit, in der Töchter gerade in gesellschaftlich angesehenen Familien als wertlos gelten. Doch bei aller Sympathie: Politisch ist Ponsardin ein Wendehals. Vor der Revolution Royalist, kämpft er danach als Jakobiner für die Abschaffung der Monarchie. Mit dem Aufstieg Napoleons wird er zu dessen glühendem Fan. Und nicht erst da wird seine Tochter heftigen Widerspruch leisten.

Nicole Ponsardin heiratet mit zwanzig Jahren den Sohn des benachbarten Gemischtwarenhändlers Philippe Clicquot. Die Ponsardins sind froh, die Tochter unter der Haube zu wissen, schließlich sei sie angesichts ihrer raschen Auffassungsgabe „keine einfache Frau“. Doch François ist ein fortschrittlicher Mann, er akzeptiert Nicole als seine wichtigste Beraterin in allen unternehmerischen Angelegenheiten. Dazu kommt: Die Revolution ist zumindest in den ersten Jahren von feministischen Frauen durchsetzt. Die Zeitungen sind voll von ihren Beiträgen wie etwa Olympe des Gouges „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“, die François und Nicole beide gelesen haben. Das aufklärerische Frauenbild wird jedoch bald ad acta gelegt. Napoleon, politischer Profiteur der Revolution, wird deutlich rückständigere Vorstellungen haben.

Aus dem zusammengewürfelten Warenangebot der ursprünglichen Firma Clicquot macht das Paar, mittlerweile Eltern einer Tochter, einen reinen Weinhandel. Man konzentriert sich auf Rebenanbau und Champagnerproduktion und beruft sich dabei auf die Erfahrung von François’ Großmutter, selbst Winzerin. Nach François’ Tod macht Nicole alleine weiter. Der Witwenstatus lässt dies auch gesetzlich zu. Inmitten der napoleonischen Kriege gelingt es ihr, ihren Champagner in die ganze Welt zu exportieren. Insbesondere der russische Zar liebt Veuve Clicquot, während Napoleon Moët präferiert

Nicole Ponsardin-Clicquot wird als Gründerin des Hauses Veuve Clicquot Weltgeschichte schreiben. In Reims gibt es kein öffentliches Andenken an sie. In der Literatur umso mehr. Für Marcel Proust war Madame Clicquots Champagner die reinste Medizin.

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Buchtipp

Marie-Luise Wolff:
„Die Unbeirrbare.“ Das abenteuerliche Leben der Mme Clicquot, Edition W., 350 Seiten. 22,70 Euro

Barbara Beer

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