Schaumparty: Welche Biere heuer im Trend sind
Bier ist nicht gleich Bier: Mehr Süße und Leichtigkeit scheinen gefragt. Und Exotisches. Um das zu erreichen, brauchte es weder Radler noch Limonade-Mixgetränke. Von Martin Rolshausen
Wenn in Österreich über Bier geredet wird, scheiden sich am Radler die Geister. Für die Brauereien, allen voran die Brau Union, die ihren Gösser Radler auch über die Landesgrenze hinaus gut verkauft, ist das Biermischgetränk ein wichtiger Faktor. Der aktuelle Braubericht des Verbandes der Brauereien Österreichs weist für 2022 „ein überdurchschnittliches Wachstum von zehn Prozent“ für Radler aus – ein Plus von 28.477 Hektolitern. Liegt der große Durst auf leichteres und süßeres Bier also im Trend?
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Axel Kiesbye, dessen Akademie in Obertrum bei Salzburg die österreichischen Diplom-Biersommeliers ausbildet, kann zwar die Lust auf leicht und süß verstehen. Doch der Mann, der jedes Jahr ein Waldbier mit Zutaten aus den österreichischen Bundesforsten braut, will noch nicht von einem Trend reden. Dafür gibt er Bieren, die mit Früchten gebraut werden, statt sie mit Limonade zu mischen, eine gute Chance auf dem Markt.
Bier, Früchte und Champagner
Biere, die mit heimischen oder exotischen Früchten hergestellt werden, haben vom Geschmack her mehr zu bieten als nur die süße Note. Sie sind allerdings auch deutlich teurer als Biermischgetränke. Ebenso die sogenannten Grape Ales, die Bier und Wein "verheiraten". Die Tiroler Brauerei Bierol etwa bietet eines in der edlen Halbliterflasche an. Das Bier im belgischen Saison-Stil reift für sechs Monate in einem österreichischen Weißwein-Fass zusammen mit frisch gepressten Trauben der Rebsorte Grüner Veltliner vom Weingut Sommer aus dem Burgenland.
Der Wiener Stephan Börger gibt eine Mischung aus etwa zwei Drittel Bierwürze und einem Drittel Traubensaft in eine Flasche und lässt sie dort mit Champagnerhefe gären. Das Produkt nennt er Boergée. "Nach mehreren Monaten der Reifung haben die Hefen ihre Arbeit vollbracht, sinken zu Boden und lagern sich an der Flaschenwand ab. Durch die stufenweise Anwinkelung der Flasche sammelt sich schließlich die gesamte Hefe im Flaschenhals", erklärt er. "Méthode Traditionelle" nennt man das in der Schaumweinproduktion.
Grape Ale ist im österreichischen Biermarkt bisher ein Randprodukt. Dazu dürfte auch die neuste Innovation zählen: „ku brew“, ein ebenfalls von Bierol gebrautes Molkebier. Die Idee, die man gemeinsam mit den "Milchbuben", einer Tiroler Käserei, entwickelt hat, erklärt Bierol-Brauer Christoph Bichler so: "Wir ersetzen einen Teil des Brauwassers durch Molke. Molke ist im Prinzip Milchzucker. Und Milchzucker ist für eine Bierhefe nicht vergärbar. Wir haben also etwas mehr Vollmundigkeit im Bier. Durch diese Vollmundigkeit können wir vom Alkohol etwas zurückfahren. Das heißt: Wir haben ein alkoholreduziertes Bier mit vollem Geschmack."
Die Idee hat es unter die fünf Finalisten des 1. Tiroler Lebensmittel-Innovationspreises geschafft. Der große Trend sind allerdings nicht alkoholreduzierte Biere, sondern alkoholfreie. In Österreich seien im vergangenen Jahr rund 287.500 Hektoliter alkoholfreies Bier abgesetzt worden, ein Plus von 160.000 Hektolitern, hat das Institut Statista ermittelt.
Bier ohne Alkohol
Der Zuwachs liegt nicht nur an einem bewussteren Umgang mit Alkohol, sondern auch daran, dass alkoholfreie Biere nicht mehr nur als Ersatzprodukte wahrgenommen werden. Michael Busemann, der Sprecher des Verbands der Diplom-Biersommeliers, erklärt es so: "Die Bandbreite an alkoholfreien Bierstilen ist enorm gewachsen. Die Aromenvielfalt, die durch die Kreativität der Brauerinnen und Brauer entsteht, wird reichhaltiger und breiter. Alkoholfreie Biere werden mehr gefragt und spielen auch in Verkostungen eine größere Rolle."
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Die Hauptrolle auf dem österreichischen Biermarkt spielt aber nach wie vor die Kategorie "Lager/Märzen". Von 68 Prozent Marktanteil spricht der Brauereiverband. Rund sechs Millionen Hektoliter wurden 2022 davon verkauft. Das ist ein Plus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Bier-Produktion stieg 2022 sogar um vier Prozent auf 10,29 Millionen Hektoliter, wovon 8,77 Millionen im Inland und 1,52 Millionen im Ausland verkauft wurden.
Sechs von zehn Bieren, die in Österreich getrunken werden, stammen von internationalen Großkonzernen. Die meisten von der zum Heineken-Konzern gehörenden Brau Union, die selbst von einem Marktanteil von gut 50 Prozent spricht. Aber auch der Anheuser-Busch InBev-Konzern drängt mit seinen Marken Stella Artois, Leffe, Hoegaarden, Beck’s, Spaten, Löwenbräu, Franziskaner und dem amerikanischen Budweiser in den österreichischen Markt. Dagegen hat sich Widerstand formiert. Vor zwei Jahren wurde der Verein der unabhängigen Privatbrauereien Österreichs gegründet.
Inzwischen gehören ihm 43 Brauereien an, darunter große wie Ottakringer und Stiegl, aber unter anderem etwa auch junge Unternehmen wie Loncium und The Beer Buddies. Ihr Ziel: '"Das Vordringen des globalisierten Einheitsgeschmacks" zu stoppen. Ihr Schlachtruf: "Liberté, Égalité, Schaumkroné!"
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