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Mehr Drama, bitte: 9 Serien-Charaktere, deren Tod in Erinnerung blieb

Vor dem TV loszuheulen ist simpel und unkompliziert - endlich mal Emotion zeigen, weil's eh um nichts geht. Eine Hommage an perfekt geschriebene Szenen

von Sandra Keplinger und Alexander Gutmaier

Hand aufs Herz: Serien, in denen herzlose, hinterhältige und gemeine Drehbuchautoren unsere Lieblingscharaktere umbringen, sind einfach die besten. Wer behält schon Shows im Gedächtnis, die vor sich hin plätschern und wo nie etwas Trauriges passiert? Gerade im TV wollen wir Drama, deswegen erinnern wir uns gerne an den Tod dieser fantastischen Charaktere: 

(Vorsicht, Spoiler!) 

 

 

Mr. Big - And Just Like That

Wer hätte schon gedacht, dass die Neuauflage von "Sex And The City" gleich mit einer derartig dramatischen Folge startet. "And just like that, Big died", sagt die Off-Stimme von Carrie (Sarah Jessica Parker). Pure Gänsehaut. Und zu allem Überfluss spielt es im Abspann das euphorisierende Lied "You've Got The Love". Der Song ist bewusst ausgewählt: Die Originalfassung von "Sex And The City" endete 2003 mit einem Happy End für das Paar: Als die lachende Carrie mit Big am Telefon durch Manhattan geht, wird genau dieser Song gespielt. Damals weinte man noch vor Freude. 

Dass Mr. Big gleich in der ersten Folge von "And Just Like That" stirbt, verärgerte viele Fans, die sich auf Chris Noth gefreut hatten. Doch so wurde die perfekte Prämisse für die Geschichte von Carrie geschaffen. Wer hätte sich 20 Jahre später schon für eine glücklich verheiratete Carrie interessiert? Insofern: Perfekt gelungen!

Glenn - The Walking Dead

Am Ende der 6. Staffel trifft die Gruppe um Rick Grimes (Andrew Lincoln) das erste Mal auf Negan (Jeffrey Dean Morgan), den Anführer der "Saviors". Über diesen komplexen und genial geschriebenen Charakter ließe sich viel erzählen, doch bei seinem ersten Auftritt in Staffel 7 wirkt er wie die Ausgeburt des Bösen. Warum? Er bringt zum einen Abraham (Michael Cudlitz) mit seinem Baseballschläger namens "Lucille" um (einen zwar sympathischen, aber eher nebensächlichen Charakter). Doch dabei soll es nicht bleiben: Einer der Fan-Lieblinge schlechthin wird ebenfalls für die fahrlässigen Aktionen seiner Gefährten bestraft: Glenn (Steven Yeun). Das löste eine regelrechte Fanhysterie aus: 

Das Gemeine: Die Producer hatten im Vorfeld bekannt gegeben, dass einer der Charaktere sterben würde. Dass es aber gleich zwei sind, traf "Walking Dead"-Fans wie ein - entschuldigt das Wortspiel - Keulenschlag. Glenns Tod wird nicht nur wegen seiner grafischen Darstellung in Erinnerung bleiben. Auch der Fakt, dass es einen Charakter traf, der für die Situation reichlich wenig konnte, trieb Fans wegen mangelnder Fairness in die Verzweiflung. Einer fasste es so zusammen: "Viele Leute werden Therapie brauchen nach dieser f*cking Episode."

Robb & Catelyn Stark - Game of Thrones

Kaum eine Show revolutionierte die Art, Geschichten zu erzählen so sehr wie "Game of Thrones". Welche Serie hatte davor je den Hauptcharakter bereits in Staffel 1 getötet? Buchautor George R. R. Martin löschte im Laufe der Buchserie viele geliebte Charaktere aus, Ned Stark (Sean Bean) sollte nur der Anfang sein. Jedes Mal, wenn man sich an neue Protagonisten gewöhnte, bäm, tot. Eine Szene, die als "Red Wedding" bekannt ist, sorgte u. a. für den Tod von Neds ältestem Sohn Robb (Richard Madden) und seiner Frau Cat (Michelle Fairley), die Opfer einer perfiden Intrige werden.

Fans der Bücher wussten natürlich vorab, was passieren würde und stellten ihren Freunden Videofallen. Daher gibt es viele "Reaction"-Videos im Netz, was George R. R. Martin mit einem schelmischen Lacher gutheißt: 

Denny Duquette - Grey's Anatomy

Bei "Grey's Anatomy" ist der Tod wichtiger Charaktere nach 18 Staffeln inflationär und nur noch wenig spannend. Doch alles Leiden hat einen Anfang: Der erste große, wichtige Tod war der von Denny Duquette (Jeffrey Dean Morgan) in Staffel 3. Ja, er war herzkrank. Ja, es war von Anfang an irgendwie klar, dass das passieren würde - aber am Ende hat's dann trotzdem weh getan. Was war passiert: Die junge Chirurgin Izzie (Katherine Heigl) verliebt sich verbotenerweise in ihren Patienten, stiehlt ihm ein Herz für die Transplantation, muss spontan einen Ersatzarzt besorgen, weil der Kardiologe just im Krisenmoment angeschossen wird und kommt damit durch. Als alle ans Happy End glauben, stirbt Denny an einem Blutgerinnsel. Dumm gelaufen. 

Warum dieser Serien-Tod besonders schmerzte, lag nicht nur an der spannenden Dramaturgie. Jeffrey Dean Morgan war derartig charmant, dass man nicht umhin konnte, sich selbst ein wenig in diesen warmherzigen Charakter zu verlieben. Katherine Heigls Darstellung war ebenfalls Oscar-reif (man denke an die berühmte "What about me?"-Szene). Natürlich ist alles unfassbar kitschig und dramatisch - und aus heutiger Perspektive wahrscheinlich nicht subtil genug erzählt. 2006 fühlte es sich aber großartig an.

Marissa Cooper - O.C., California

Am Ende der dritten Staffel von "O.C., California" erlitt Marissa Cooper den Serientod - dabei wurde an alles gedacht: Mischa Bartons Figur starb blutüberströmt in den Armen ihres Freundes an den Folgen eines dramatischen Autounfalls. Während sie ihre letzten Worte haucht, explodiert dann auch noch das Fahrzeug im Hintergrund. Es waren aber nicht etwa die schauspielerische Leistung oder die mitreißenden Rückblenden, die diese Szene so unvergesslich machten. Eher die unterstützende Musik, die hier ihren Beitrag leistete. Bei kaum einer Serie bisher wusste man mit dem Soundtrack so genau, was man tat, wie bei dieser Kult-Sendung. Dadurch passte auch die Songauswahl von Jeff Buckleys Klassiker "Hallelujah“ wie die Faust aufs Auge.

Als Zuseher war man eigentlich nie ein großer Fan von Marissa Cooper. Ständig sorgte sie für künstlich erzeugtes Drama und trieb ihre nervtötende Naivität von Folge zu Folge auf ein neues Extrem. Bestürzt über ihren Tod war man eher nicht – man wusste aber dennoch: ab jetzt wird in unser aller Lieblingsserie der 00er-Jahre alles anders. So war es auch - nach Bartons Ausstieg folgte nur mehr eine Staffel.

Poussey Washington – Orange Is the New Black

Besonders überraschend kam der plötzliche Tod von Serien-Liebling Poussey Washington (Samira Wiley) in "Orange is the new Black". Während eines harmlos beginnenden Gefängnisprotests der Insassen will sie gutmütig einer anderen Figur helfen und wird anschließend von einem unerfahrenen Wärter gewaltsam zu Boden gedrückt. Dabei bekommt sie keine Luft und erstickt. Die Szene und das Ausscheiden des beliebten Charakters waren nicht nur für die anderen Charaktere der Gefängnis-Serie schwer zu verkraften.

So unerwartet das Ableben der liebenswerten Poussey auch kam, so viel Message vermittelte es. Die Entscheidung für ihr Schicksal in der Serie setzte ein klares Zeichen inmitten der Black-Lives-Matter-Bewegung und hielt das Gespräch darüber aufrecht. Es wurde ebenfalls thematisiert, wie das Gefängnis probierte, die Ermordung mit falschen Tatsachen zu rechtfertigen. Die Inhaftierten machten es sich im Laufe der nächsten Episoden zur Aufgabe, Polizeigewalt nicht ungestraft davonkommen zu lassen. Unheimlich: Wie realistisch die Darstellung 2016 war, bewies das echte Leben 2020 mit der Tötung von George Floyd

Joyce Summers – Buffy (Im Bann der Dämonen)

Vampire, Hexen, Killer-Clowns und andere übernatürliche Wesen standen bei "Buffy" an der Tagesordnung. Doch die Wirklichkeit holt die Vampir-Killerin (gespielt von Sarah Michelle Gellar) ein, als sie ihre Mutter tot auf der Couch findet. Die ganze Folge ist in Echtzeit gedreht, inklusive Notruf, Wiederbelebungsversuch und Abholung der Leiche. Keine dramatische Musik im Hintergrund, nur eine aufgewühlte Buffy, die mit der Situation völlig überfordert ist. Bis dahin war man auch bei Buffy daran gewöhnt, dass hier oder da ein Charakter stirbt, aber man bewegte sich meist innerhalb des Fantasy-Genres. Staffel 5 erhöhte das Niveau weg von der Teenie-Serie zum ernst zu nehmenden Drama. 

Jack Pearson - This is Us

In etlichen Serien gibt es einen bitterbösen Erzfeind der Hauptfigur, den man auch als Zuseher voller Leidenschaft hasst. In "This is Us" ist das nicht etwa eine Person, sondern ein Küchengerät. Ein defekter Reiskocher fing Feuer und fackelte das Familienhaus der Pearsons ab. Die Eltern und ihre drei Kinder konnten sich retten und auch der heldenhafte Moment des Familienvaters Jack, noch einmal ins brennende Haus zurückzugehen, um den Hund zu retten, führte nicht zu seinem Tod – erst mal. Eigentlich ging es nur ins Krankenhaus, um kleinere Verletzungen zu versorgen. Überraschend erlag er dann den Folgen einer Rauchvergiftung. Der Schock saß nicht nur tief in seiner Witwe, sondern auch bei uns Fans.

Man wusste zwar bereits von Beginn der Serie, dass der gutmütige Jack Pearson (Milo Ventimiglia) frühzeitig sterben wird, aber lange nicht genau, wie. Folge für Folge entpuppten sich Rebecca (gespielt von Mandy Moore) und er zum ultimativen Traumpaar der aktuellen TV-Landschaft. Dabei geriet beim Zusehen in Vergessenheit, dass ihr Glück nicht von Dauer sein wird. In der zweiten Staffel war es dann so weit. Auch wenn es in der emotionsgeladenen Sendung eigentlich in jeder Folge einen Grund zum Heulen gibt, war das mit Abstand der traurigste Moment.

Finn Hudson – Glee

Finn Hudson war die männliche Hauptrolle in "Glee". Fünf Staffeln lang führte er die Chorgruppe der Serie als Leadsänger an und kämpfte um das Herz seiner Mitschülerin Rachel Berry. Nachdem man mit dem gutmütigen Quarterback immer wieder sympathisiert hatte, wurde ihm plötzlich eine Tribut-Folge gewidmet – die Serienfigur war überraschend gestorben. Ein Grund für seinen Tod wurde in der Sendung nicht genannt. Typisch für die Musical-Show sangen aber in der Episode ein Charakter nach dem anderen einen traurigen Abschiedssong, um an ihren verstorbenen Teamkollegen zu gedenken. Spätestens wenn dann seine hinterbliebene Freundin Adeles "Make You Feel My Love" schluchzt, war es nicht mehr möglich, die eigenen Tränen zurückzuhalten.

Was diesen Serientod so besonders tragisch macht, ist die Tatsache, dass der Schauspieler hinter der Figur in Realität verstorben ist. Die gezeigten Emotionen aller Charaktere sind also echt. Lea Michelle, die in der Serie Hudsons Lebensgefährtin spielt, war auch im echten Leben mit dem Seriendarsteller liiert. Ihre Gesangsdarbietung ist somit ehrlich an ihren verstorbenen Partner Cory Monteith gerichtet.

Sandra Keplinger

Über Sandra Keplinger

Seit Sommer 2021 im KURIER Medienhaus, zuerst als Digital Producer für die Freizeit, jetzt im Audience Development tätig. Sie arbeitete als Foto- und Modechefin beim WIENER, schrieb über das Mode-Business in der DIVA und war CvD bei Falstaff.

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