Placebo-Sänger Brian Molko lockte seine Band aus der Komfortzone

"Never Let Me Go", das erste Studio-Album des Duos seit 2013, bietet düstere Visionen für die Zukunft und spannende Sounds

„Es tut mir leid, das so sagen zu müssen, denn ich will niemanden deprimieren. Aber in Bezug auf die Zukunft der Menschheit bin ich nicht sehr optimistisch.“

Wie pessimistisch er diesbezüglich ist, macht Brian Molko in dem Song „Try Better Next Time“ klar. Es ist eine düstere Vision davon, wie die Welt aufgrund von Klimawandel und Umweltzerstörung untergehen wird – mit der Konklusion, dass die Menschen das nächste Mal besser mit ihrem Planeten umgehen sollten – falls sie noch eine Chance dazu bekommen.

Placebo-Album „Never Let Me Go“ 

©Rough Trade

„Das ist ein sehr desillusionierter Song“, erzählte der 49-Jährige dem britischen Guardian. „Er beschreibt die Ausrottung der Menschen. Ich glaube, dass wir wegen unserer unaufhörlichen Überheblichkeit und wegen unseres Narzissmus darauf zusteuern. Die Welt wird überleben, aber nicht die Menschen. ,Try Better Next Time’ sagt: ,Gib die Welt den Tieren zurück, die waren ohnehin zuerst da!’“

Begleitet wird der Song aus dem heute, Freitag, erscheinenden neuen Placebo-Album „Never Let Me Go“ in einem durchaus beabsichtigten Kontrast von einem fröhlichen Beat und einer ebenso heiteren Melodie.

Mit „Try Better Next Time“ schließen Placebo direkt an ihren typischen Rock-Sound an. Anderorts auf „Never Let Me Go“ aber gehen Molko und sein Duo-Partner, der schwedische Bassist Stefan Olsdal, neue Wege.

„The Prodigal“, ein Song über eine buddhistische Sicht des Todes, punktet mit einem dem Beatles-Hit „Eleanor Rigby“ nachempfundenen Streicherarrangement. Die Ballade „Happy Birthday In The Sky“, ein Geburtstagsgruß an Verstorbene, wechselt zwischen folkig-zarten und episch-mächtigen Sounds. „Surrounded By Spies“ über den Datenklau der Tech-Firmen hat dystopisches Flair und „Sad White Reggae“ klingt funkig.

©Mads Perch

All das macht „Never Let Me Go“, das erste Studioalbum von Placebo seit 2013, zu einem ansprechenden Werk, das laut Molko ohne die 2016 gestartete Hits-Tour zum 20. Jahrestags ihres Debüt-Albums „Placebo“ nicht so klingen würde.

Sowohl er als auch Olsdal hatten damals große Probleme damit, Nacht für Nacht ältere Hits wie „Nancy Boy“ und „Pure Morning“ zu wiederholen. „Das fühlte sich wie ein kommerzieller Drill an“, sagt Molko. „Danach wollte ich mit allem brechen, was ich gewohnt war, und aus meiner Komfortzone ausbrechen.“

Das tat er, indem er aus Stichwörtern in seinem Notizbuch die Songtitel festlegte, bevor noch einen Ton Musik geschrieben war. Außerdem setzte Molko sich das Ziel, in jedem Song einen alten Synthesizer einzusetzen. Auch Olsdal wurde dadurch von diesem „Synthesizer-Virus“ erfasst, und am Ende hatten Placebo vier oder fünf Synthesizer auf jedem Track.

Und für „Forever Chemicals“ programmierte Molko auf seinem iPad einen Beat, den er über eine Software mit dem Sound einer Harfe spielen ließ.

In den Themen bleibt Molko aber in seiner Komfortzone. Er singt über die Nachwirkungen seiner einstigen Drogensucht und in „Beautiful James“ ähnlich wie in „Nancy Boy“ über Liebe „außerhalb des heteronormativen Drehbuchs“.

„Diesen Song soll jeder interpretieren, wie er will“, sagt Molko. „Ich will dazu nichts sagen. Außer, dass ich in einer Welt leben will, in der so ein Song kein Aufsehen mehr erregt.“

INFO: Placebo treten am 2. 11. in der Wiener Stadthalle auf.

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