Diese Paparazzi-Bilder sorgten für Skandale oder wurden zu Ikonen

Potz Blitz: Vor 125 Jahren entstand das erste Paparazzi-Bild der Welt. Fotografen lichteten den toten Otto von Bismarck ab. Seitdem sind Bild-Reporter auf der Jagd nach pikanten Aufnahmen.

Die ersten Paparazzi der Geschichte waren keine Italiener, wie man annehmen könnte. Statt aus dem Süden kamen sie aus dem Norden – und zwar aus Hamburg. Und als Opfer suchten sich die Männer ohne Skrupel vor etwas mehr als 125 Jahren weder Schauspieler noch Mitglieder der gehobenen Gesellschaft aus, sondern den greisen Reichskanzler Otto von Bismarck, der – wie ihnen ein bestochener Förster gesteckt hatte – im Alter von 83 Jahren gestorben war. Zeitlebens soll er gesagt haben: „Man ist jetzt gar nicht mehr sicher, die Kerle lauern einem überall auf mit ihren Knipsapparaten.“ Und man wisse nicht, „ob man fotografiert oder erschossen wird“.

Es sollten beinahe prophetische Worte werden. Im Morgengrauen des 31. Juli 1898 verschafften sich die Fotografen Willy Wilcke und Max Christian Priester Zugang zum Anwesen der Bismarck-Familie in Friedrichsruh am Sachsenwald.

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Über eine Fensterbank stiegen sie ins Sterbezimmer. Damit alles noch authentischer wirkte, stellten sie die Uhr noch auf 23.20, während es tatsächlich schon 4 Uhr morgens war. Am zweiten August schalteten sie in zwei Berliner Zeitungen eine Verkaufsanzeige: „Bismarck – Für das einzige existierende Bild Bismarcks auf dem Sterbebette ...“ Tatsächlich meldete sich ein Verlag und versprach dafür 30.000 Mark und 20 Prozent Umsatzbeteiligung.

Zwei Fotografen stiegen in das Sterbezimmer des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck und lichteten den Toten ab. Zuvor stellten sie noch die Uhr zurück, damit die Aufnahme noch brisanter wirkte. Danach bekamen sie aber große Probleme. 

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Die Freude der Fotografen war von kurzer Dauer – Bismarck-Sohn Herbert erfuhr davon und erwirkte mit einer einstweiligen Verfügung die Beschlagnahmung des Fotos und aller Materialien. Die ersten Paparazzi der modernen Mediengeschichte wanderten wegen Hausfriedensbruch mehrere Monate hinter Gittern. Das Bild wurde Jahrzehnte später, 1952, in einer Illustrierten abgedruckt. Ein Jahr zuvor entstand eines der berühmtesten Fotos der Welt.

Von der eigenen Zunge begeistert

Albert Einstein, der lästigen Verfolgern die Zunge zeigte. Anlässlich seines 72. Geburtstags hatte man in Princeton am 14. März 1951 eine Feier für ihn ausgerichtet. Dort bedrängten Fotografen den Medienstar permanent. Beim Verlassen der Party wiederholte er „Es ist genug, es ist genug.“ Doch die Paparazzi machten weiter, also streckte das Genie Arthur Sasse die Zunge heraus, der rechtzeitig und verblüfft abdrückte. Einstein gefiel das Bild dann selbst derart gut, dass er es vervielfältigen ließ und mit Grüßen versendete. Seiner Sekretärin und damaligen Geliebten, Johanna Fantova, verriet er wenig später: „Die ausgestreckte Zunge gibt meine politischen Anschauungen wieder.“ Damit meinte er die Bespitzelungen und Anklagen der McCarthy-Ära.

Albert Einstein beim Verlassen einer Feier zu seinem 72. Geburtstag. Die penetranten Paparazzi nervten ihn derart, dass er die Zunge zeigte. Später gefiel ihm die Aufnahme so gut, dass er sie vervielfältigen ließ und selbst verschickte.

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Ungefähr zur selben Zeit, am anderen Ufer des großen Teichs, in Europa, schwangen sich gerade Regisseure, Künstler, Erben, Intellektuelle und Aristokraten zum Jetset auf. Ein Zentrum war die Prachtstraße Via Veneto in Rom. Die Ewige Stadt zählte nämlich neben Hollywood zu den wichtigsten Filmmetropolen der Welt. Und das rief junge Römer mit Kameras auf den Plan. Einer war Tazio Secchiaroli, ein Freund Federico Fellinis.

Er diente laut NZZ dem Regisseur als Vorbild für einen aufdringlichen Bildreporter, den er im Film „La dolce vita“ (1960) Paparazzo taufte. Ganz gesichert ist die Wortherkunft nicht, jedoch ist davon auszugehen, dass es sich um eine Komposition aus den beiden italienischen Wörtern „pappatacio“ (kleine Mücke) und „ragazzo“ (kleiner Bub) handelt. Sie waren für die Promis lästig wie Mücken.

Federico Fellini liebte den Jetset und das süße Leben. In seinem Film „La dolce vita“ taufte der Regisseur einen Fotografen Paparazzo. Es dürfte sich um eine Komposition aus „pappataci“ (kleine Mücke) und „ragazzo“ (kleiner Bub) handeln 

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Davon konnten Richard Burton und Liz Taylor ein Lied singen, die während der Dreharbeiten zum Monumentalfilm „Kleopatra“ eine delikate Affäre begannen. Burton war verheiratet, Taylor ebenso – mit Ehemann Nummer vier. Bei den Dreharbeiten auf der italienischen Insel Ischia knisterte es gar heftig. Dort gelang Paparazzo Marcello Geppetti ein Bild der küssenden Turteltauben.

Es kam zum handfesten Skandal. Der Vatikan sah sich genötigt, Entsetzen auszudrücken und die Beziehung als „erotische Landstreicherei“ zu bezeichnen. Konservative US-Politiker forderten lautstark eine Einreisesperre. Burton und Taylor nahmen das wohl eher gelassen, sie reichten jeweils ihre Scheidung ein und heirateten.

Richard Burton und Liz Taylor auf der italienischen Insel Ischia im Juni 1962. 
Das Foto ließ den Vatikan und konservative US-Politiker aufheulen. Sie sahen einen Verfall der Sitten. Denn die Stars waren zu diesem Zeitpunkt verheiratet – aber nicht miteinander

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Aber sie werden sich wohl über die Fotos geärgert haben. Wie auch Anita Ekberg. Sie bedrohte 1960 vier lästige Männer mit Pfeil und Bogen. Sie war mit einem neuen Begleiter durch Rom gezogen und wurde dabei verfolgt. Da rastete die Schauspielerin aus. Es sollen gar Pfeile geflogen sein.

Schauspielerin Anita Ekberg war mit einem Begleiter durch Roms Nachtleben unterwegs. Davon bekamen Fotografen Wind und verfolgten sie. Ekberg wurde das zu viel – und holte Pfeil und Bogen aus ihrer Villa

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Aber auch, wenn so ein Leben als Paparazzo gefährlich werden konnte, es ließ sich einfach zu gut Geld mit Promi-Aufnahmen verdienen. Immerhin war das Bild die Story. Nichtsdestotrotz waren solche Fotos teuer erstanden. Und zwar mit jeder Menge Blessuren. Das musste Ron Galella 1973 erfahren, als er Marlon Brandon bis in ein Restaurant verfolgte. Dem Star missfiel das und er verlor die Fassung. Mit einem Faustschlag brach er Galella den Kiefer, fünf Zähne gingen auch verloren. Der Paparazzo verklagte Brando. Sie einigten sich auf 40.000 Dollar Schmerzensgeld. Später trafen sie wieder aufeinander – Galella trug bei einem Event im New Yorker „Waldorf Hotel“ einen Football-Helm.

Marlon Brando und der Fotograf Ron Galella (r.) bei einem Event im „Waldorf Hotel“ in New York. Der Star hatte zuvor den Kiefer des Reporters zertrümmert, weil dieser so zudringlich wurde. Galella nahm das später mit Humor und trat mit Helm auf   
 

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Den hätte rund 20 Jahre später ein Kameramann gebraucht, als ihn ein wütender Prinz Ernst August von Hannover mit einem Regenschirm attackierte. Doch der Welfe ging auch juristisch gegen unliebsame Fotografen vor. Tochter Alexandra, die er mit Caroline von Monaco hat, bekam im Alter von drei Jahren 76.693,78 Euro für unerlaubte Fotos zugesprochen.

Aktrice Sonja Romanoff griff den Fotografen  Rino Barillari  mit Eiscrème an. Ihr missfiel, dass er ein unvorteilhaftes Foto von ihr gemacht hatte. Die Rache war eiskalt  
 

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Das war es den abdruckenden Medien oft wert. Ab den 1980ern entwickelte sich das Paparazzi-Business zu einer Goldgrube. Manche Promis machten sich Fotografen aber auch für ihre Zwecke zunutze und bestellten sie vorab an gewisse Orte.

Ende der goldenen Ära

Das tat mitunter auch Prinzessin Diana, die andererseits stark unter den lästigen Reportern litt. Mir ihrem Unfalltod, für den die Fotografen mitverantwortlich gemacht wurden, begann der Niedergang der Branche. Dazu konnte mit dem Aufkommen des Smartphones beinahe jeder zum Paparazzo werden.

Sie litt unter den aufdringlichen Paparazzi, benutzte sie aber auch für ihre eigenen Zwecke – Lady Diana. Für ihren Unfalltod in Paris wurde die verfolgenden Fotografen mitverantwortlich gemacht. Schon Tage zuvor lagen sie auf der Lauer, um Diana mit Dodi Al-Fayed zu erwischen  

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Und auch wenn heute die Promis mit Social Media selbst das zeigen, wovon früher Knipser geträumt hätten. Ganz abgemeldet sind sie nicht. Immerhin wollen Menschen schon auch noch Bilder sehen, über die die Stars keine Macht haben und die sie im Idealfall entmystifizieren oder die Geheimnisse offenlegen.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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