Der "Gender Gap“ des Alterns: Bellucci, Bullock & Co werden 60
Monica Bellucci, Sandra Bullock und eine ganze Reihe weiterer weiblicher Superstars feiern heuer ihren 60. Geburtstag. Ein Blick auf den „Gender Gap“ des Alterns, märchenhafte Großmütter – und eine Gratulation an wunderbare Frauen.
Strahlend schön und ohne Ablaufdatum. Es gibt sie, glückliche Menschen, die gleich doppelt gesegnet sind. Umso schöner, wenn sie damit auch uns Normalsterbliche glücklich machen. Juliette Binoche, die Anfang März ihren 60er feierte, folgte am 29. März Elle Macpherson, im September hat Monica Bellucci einen runden Geburtstag, zwei Monate später Famke Janssen.
Göttinnen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine von ihnen als Favoritin auszuwählen würde jeden Mann in eine ähnlich kniffelige Situation bringen, wie seinerzeit den armen Paris, der sich mit Aphrodite, Athene und Hera in einen ordentlichen Schlamassel „votete“. Dazu mit Sandra Bullock everybody’s darling von nebenan. Und auch ewige WG-Girls und Jung-Anwältinnen sind nicht gegen die „6“ gefeit, Courtney Cox („Friends“) und Calista Flockhart („Ally McBeal“) sind im Juni beziehungsweise November an der Reihe.
Außerdem lest ihr in dieser Geschichte noch:
- Wie Traumfrauen "geboren" wurden
- War man früher früher alt?
- Großmütter wie im Märchen
Wie die Zeit vergeht ...
Es scheint, als wäre es gestern gewesen, dass Miss Cox zum ersten Mal mit ihren Freunden auf der Couch herumlümmelte, Sandra Bullock am Steuer eines Bomben-Busses die Nerven behielt, Elle „The Body“ fünf Mal das Bikini-Cover der Sports Illustrated zierte und Signora Bellucci bei ihrem ersten Spaziergang durch das beschauliche Städtchen Castelcutò allen Männern zwischen acht und 88 den Kopf verdrehte.
Dabei war die schöne Signora aus Umbrien eigentlich schon 36, als sie mit „Der Zauber von Malèna“ nicht nur Filmfreunden endgültig ein Begriff wurde. Denn ähnlich wie ihre Göttinnenkollegin Elle Macpherson begann sie ihre Karriere ursprünglich als Model, die nur hin und wieder auch Nebenrollen in Filmen übernahm, international zum ersten Mal 1992 in Bram Stoker’s „Dracula“ als gefährlich verführerische Braut des Vampir-Fürsten.
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Doch im Gegensatz zur Australierin Macpherson, die sich ein wahres Schönheitsimperium aufbaute, konzentrierte sich Bellucci in der zweiten Hälfte der 1990er fast ausschließlich aufs Filmen. Mit dem Thriller „Die Lügen der Liebe“ wurde sie zuerst in Frankreich ein Star, wo sie mit „Doberman“ gleich darauf für einen Skandal sorgte, nach der italienisch-amerikanischen Co-Produktion „Malèna“ filmte sie schließlich in Hollywood an der Seite des großen Gene Hackman „Unter Verdacht“ und etablierte sich endgültig unter den großen Diven dieser Welt.
Eine ewige Traumfrau, egal ob in Action-Spektakeln wie „Matrix“, kontrovers diskutierten französischen Autorenfilmen wie „Irreversible“ oder federleichten italienischen Komödien.
Der Monica-Bellucci-Traum
Nicht umsonst widmete ihr Kult-Regisseur David Lynch 2017 in seiner letzten „Twin Peaks“-Staffel einen denkwürdigen Satz: „Ich hatte einen weiteren Monica-Bellucci-Traum“, erklärt er als FBI-Direktor Gordon Cole einem seiner verblüfften Agenten. Aber gut, damit ist der Mann wahrscheinlich nicht alleine ...
Die Zeit scheint dem „ewig Weiblichen“, das schon den Geheimrat Goethe „hinan“ zog (also hinauf), in manchen Fällen tatsächlich nichts anhaben zu können. Für den großen Dichter gehörte es zu den Mysterien des Daseins. Fest stand für ihn, dass es, als quasi kosmische Einheit, der Zerrissenheit und der zerstörerischen Kraft des Mannes diametral entgegenstand. Und auch, wenn wir über diese, heute beinahe archaisch anmutenden Sichtweisen längst hinweg sind: So ein wenig Geheimnis und Mystik scheint doch erstaunlich jung zu halten.
War man früher früher alt?
Apropos: „60 ist das neue 40“, um einen mittlerweile beinahe etwas überstrapazierten Spruch zu verwenden: Klingt platt? Irgendwie bemüht, als wolle man sich hier etwas zurechtbiegen? Mag sein, aber ein Blick zurück in die Geschichte belehrt uns doch eines Besseren. Da ist tatsächlich was dran! Wobei wir es hier mit einem frappierenden Gender-Gap zu tun bekommen.
So galten Männer zwischen 40 und 60 schon in der Antike als die Top-Vertreter ihrer Gattung, und diese Einschätzung hielt sich bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Trau keinem über 30“ war schließlich der Slogan, der den obsessiven Jugendkult der folgenden Jahre einläutete.
Und bitte keine Einwände von wegen Durchschnittsalter und so. Das ist in diesen frühen Jahren vor allem wegen der hohen Kinder- und Müttersterblichkeit so niedrig und aufgrund der allgemein mangelnden ärztlichen Versorgung: Jede Blinddarmentzündung war damals quasi ein Todesurteil.
Die Fähigkeit, alt zu werden, hatten Menschen damals allerdings auch – und in vielen Fällen sogar fitter als in moderneren Zeiten, weil man eben nicht mit dem Auto zum Fast-Food-Drive-in fuhr.
Frauen hatten freilich an einem wesentlich härteren Los zu knabbern. Sie wurden oft bereits mit 15 Jahren verheiratet, jede Geburt war ein Roulette-Spiel ums eigene Leben.
Märchen-Großmütter
Kein Wunder, dass die lieben, weisen, aber oft schon durchaus etwas gebrechlichen bis pflegebedürftigen Großmütter, die wir aus unzähligen Sagen und Märchen kennen, eigentlich erst um die 50, maximal 60 Jahre alt waren. Aber an die würde wohl kaum jemand denken, wenn er sich die Geburtstagskinder des Jahrgangs 1964 heute ansieht. Wobei ... Neil Jordans Adaption des Rotkäppchen-Stoffes, sein Kult-Film „Die Zeit der Wölfe“ feiert heuer seinen 40. Geburtstag.
Darin spielt Angela Lansbury praktisch die Großmutter aller Großmütter, einfach perfekt, wie nur sie es konnte. Das Erstaunliche: Die unvergessene britische Schauspielerin war damals erst 59 Jahre alt!
Tja, „the times they are a-changin’“, wie Opa Bob Dylan so schön singt. Zum Glück.
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