Pablo Picasso: Der Meister und die Musen
Er malte und er liebte sie: Frauen waren Picassos Leidenschaft, die untrennbar mit seiner Kunst verbunden war. Zum 50. Todestag im April blicken wir zurück auf seine einzigartigen Gemälde - und das Schicksal der Schönheiten dahinter...
Frauen seien entweder Göttinnen oder Fußabstreifer sagte Pablo Picasso einmal. Ausgerechnet zu einer Frau. Genauer zu einer der Frauen an seiner Seite: Françoise Gilot, die von 1943 bis 1953 mit ihm lebte.
Betrachtet man seine vielen Beziehungen ein wenig genauer, sieht es eher so aus, als würden die von ihm begehrten Frauen generell als Göttinnen beginnen, um dann nach und nach kleiner gemacht zu werden – bis sie durch einen Türspalt entsorgt werden konnten. Vielleicht ja der eigentliche Grund, warum Gilot dann als erste und einzige Frau mit dem großen Maler Schluss machte: Sie wollte weiter stolz und aufrecht gehen, wie auf dem berühmten Foto aus dem Jahr 1948 von Robert Capa, das einen alten Mann zeigt, der am Strand einen Sonnenschirm hinter einer atemberaubend schönen Frau herträgt. Genau, die damals 27-jährige Gilot und ihr 67-jähriger Lover Picasso.
Picassos Rache: Er hielt alle Galeristen, die er kannte – und das waren praktisch alle, die in irgendeiner Weise wichtig waren – dazu an, keine Bilder der selbst sehr bekannten Malerin Françoise Gilot mehr zu kaufen. Nachdem sie ein Buch veröffentlichte, in dem sie auch über seine Beziehungen zu ihr und anderen Frauen schrieb, brach er auch jeden Kontakt zu den gemeinsamen Kindern Claude und Paloma ab.
Gilot gilt heute noch als „die Frau, die Nein sagte“, was tatsächlich kaum eine ihrer Vorgängerinnen oder der auf sie folgenden Musen geschafft hat. Dora Maar etwa, vielleicht DAS Gesicht, das man am allermeisten mit Picasso verbindet, weil er sie immer wieder als grüblerische, leidende, „weinende Frau“ in der so ikonografischen Frontal-Profil-Ansicht in Szene gesetzt hat.
Dramen & Damen
Dora Maar, eine schwarzhaarige Schönheit, die in Argentinien gelernt hatte, mit dem Springmesser umzugehen, was sie in den Pariser Clubs gerne demonstrierte – und Picasso natürlich rasend faszinierte. Die jungen Männer der Pariser Bohème lagen ihr zu Füßen. Nur der Malerfürst nicht, der ihr einen Platz neben seiner damaligen Geliebten Marie-Thérèse Walter zuwies und sich, wie es heißt, durchaus an der brodelnden Eifersucht zwischen den beiden erfreute. Walter war ihm jahrelang treu ergeben gewesen, ließ sich von ihm wegsperren, da er noch mit der russischen Primaballerina Olga Chochlowa verheiratet war und rechtliche Schwierigkeiten fürchtete.
Als Walter, die er als 17-Jährige auf der Straße angesprochen hatte, ein Kind von ihm bekam, trennte sich Picasso endlich von seiner Frau – aber dann kam besagte Dora Maar. Und blieb. Auch, nachdem Picasso der ewigen Streitereien überdrüssig war und Marie-Thérèse Walter den Laufpass gab.
Maar musste schließlich der um 20 Jahre jüngeren Gilot weichen, was sie in derart tiefe Depressionen stürzte, dass sie sich selbst in eine psychiatrische Klinik einweisen ließ und die damals übliche Elektroschock-Therapie ertragen musste.
Aber es waren keineswegs nur Frauen, die an der alles vereinnahmenden Magie Picassos zerbrachen. Der große John William Godward, nur 20 Jahre älter als Picasso und selbst ein großer Musenfreund, beging 1922 Selbstmord, den er in einem Abschiedsbrief folgendermaßen erklärte: "Die Welt ist nicht groß genug für mich und Picasso."
Große Dramen schienen Picasso regelrecht anzuziehen, vor allem auch zu inspirieren – Routine ließ indess sein Interesse schnell erlöschen. Eine seiner frühen Pariser Freundinnen war Germaine Gargallo, ein, wenn man so will, It-Girl des frühen 20. Jahrhunderts. Picassos Freund Carlos Casagemas wollte sie heiraten, nachdem sie seinen Antrag im Hippodrome Café abgelehnt hatte, schoss er im gut besuchten Lokal zuerst auf sie, dann richtete er die Waffe gegen sich selbst. Casagemas starb, Gargallo wurde nur leicht verletzt. Picasso eilte aus Spanien zurück nach Paris, malte Totenbilder seines Freundes - und begann eine leidenschaftliche Affäre mit der schönen Germaine Gargallo.
Bis er Fernande Olivier traf, die Biografen gerne als seine erste „feste Beziehung“ anführen. Sie kam aus „bildungsfernen“ Verhältnissen, hatte aber einen scharfen Intellekt, korrespondierte mit Gertrude Stein und war eines der begehrtesten Akt-Models in Paris. Dem wildesten und wohl auch besten unter den jungen Künstlern der Stadt verfiel sie auf Anhieb mit Haut und Haar: Pablo Picasso. In ihren 1933 erschienenen Memoiren, schreibt sie von seinem „innerem Feuer“ als einer „Art Magnetismus“, dem sie nicht widerstehen konnte.
Dieser Magnetismus nahm auch im Alter nicht ab, Picasso wurde aber doch ein wenig „Altersmilde“. Kunsthistoriker sprechen ab Mitte der 1950er auch von der „Periode Geneviève“ oder „Sanften Periode“. Ja, Geneviève ist natürlich auch eine Muse, mit vollem Namen Geneviève Laporte. Er lernte sie kennen, als sie ihn als 17-Jährige für eine Schülerzeitung interviewte, zumindest dauerte es sechs weitere Jahre, bis der dann bereits 70-Jährige eine Affäre mit ihr anfing.
72-jährig lernte Picasso schließlich die 27-jährige Jacqueline Roque kennen, seine spätere Ehefrau, die alle Launen des Meisters bis zu seinem Tod 1973 ertrug. Und seine letzte große Muse wurde.
Obwohl ihn eine andere junge Frau zu Beginn ihrer Beziehung zu einer seiner berühmtesten Porträt-Serien inspirierte: Sylvette David, das „Mädchen mit dem Pferdeschwanz“. Sie schwärmt heute noch vom „perfekten Gentleman Picasso“. Sie behandelte er bis zuletzt wie eine Göttin – vielleicht ja, weil sie sich nie auf eine Affäre mit ihm einließ.
Kommentare