Die Geschichte von Batman: Finster wie die Nacht
Robert Pattinson ist in „The Batman“ der neue düstere Superheld. Dieser ist wie seine Vorgänger vom Comic-Autor Frank Miller inspiriert, der die Darstellung des „Dunklen Ritters“ nachhaltig prägte.
Das ist keine leichte Kost. Charaktere finster wie die Nacht, in der sie sich bewegen. Ein Mörder, der wie der Zodiac-Killer Zeichen hinterlässt. Düstere, anschwellende Musik mit Rumms. Und ein Superheld, der gegen sich selbst kämpft – nicht nur gegen allerlei Schurken. Müßig zu erwähnen, dass sein Gemüt auch nicht das hellste ist. Im Film „The Batman“, der am Donnerstag gestartet ist, gibt Robert Pattinson eine nicht allzu lange Selbstjustiz ausübende Fledermaus, die noch nicht ganz in der Rächer-Rolle aufgegangen ist.
Und während das Trommelgewitter drei Stunden lang auf das Publikum niedergeht, klingeln wohl die Kassen. Die Begeisterung für den dunklen Ritter ist ungebrochen – selbst wenn Stars wie George Clooney oder Ben Affleck dafür gesorgt haben, dass Kritiker der Reihe nach die Hände über den Köpfen zusammengeschlagen haben.
Dass Batman, der erstmals 1939 als Comicfigur mit düsterem Umfeld auftauchte, auch im Jahr 2022 noch immer zieht, daran hat eine Geschichte maßgeblichen Anteil: „Die Rückkehr des Dunklen Ritters“ aus 1986. Autor Frank Miller, der auch für den blinden Anwalt und Superhelden Daredevil oder für das brutale Geschehen im Moloch Sin City verantwortlich ist, setzte hier Maßstäbe. Der DC-Verlag wollte seinem Haudegen Batman, der etwas Staub angesetzt und wohl auch wegen der kunterbunten Serie der 60er-Jahre ein eher schlechtes Image hatte, neues Leben einhauchen. In den 70ern hatte der Verlag überlegt, die Reihe einzustellen. Das geschah doch nicht, die Comics wurden düsterer, aber so recht half das den sinkenden Verkaufszahlen nicht. Für die Rettung des dunklen Retters eiste man Miller von der Konkurrenz Marvel los.
Ergraut und betrunken
Das Comic-Wunderkind lieferte. Er zeigte einen gebrochenen 55-jährigen Bruce Wayne, der immer noch mit seinem Butler Alfred im Schloss lebt, am Mord seiner Eltern leidet und sich eine Dekade lang nicht im Fledermauskostüm gezeigt hat. Die Haare sind ergraut, der Alkohol schmeckt ihm zu gut. Doch wegen der immer schlimmer werdenden Kriminalität im Moloch Gotham City legt er seine Batman-Rüstung wieder an. Bei der Polizei stößt das auf wenig Gegenliebe – man hält ihn dort für einen Verbrecher. Was die Sache nicht leichter macht: Das Wiederauftreten des Dunklen Ritters beflügelt auch Erzfeind Joker zu neuen Schandtaten. Die beiden bekämpfen sich bis aufs Blut. Schwer verletzt schmettert der Joker dem Rächer entgegen: „Sie werden dich töten ... und nie erfahren ... dass du es nicht konntest ...“ Und wahnsinnig wie er ist, bricht er sich selbst mit Umdrehungen seine Wirbelsäule, nur um Batman als Mörder dastehen zu lassen.
Es war nicht der erste Comic, der das Batman-Universum düster wirken ließ, aber er war doch härter und zeigte den Superhelden eher als kaputten, brutalen Antihelden. Vieles war auf einmal psychologisch aufgeladen. Was dazu kam: Miller ließ sich sein Arbeiten bei DC kräftig entlohnen. Er forderte hochwertiges Papier, Hochglanz-Umschlag und lieferte – es sollte wie ein Buch sein. Und „wurde damit die erste Graphic Novel, die diese Bezeichnung verdiente“, wie einmal die Süddeutsche meinte. In der stilistischen Tonart Millers ging es dann weiter. Ein anderer Meilenstein war „Lächeln, bitte!“ aus dem Jahr 1988 von Alan Moore („Watchmen“ oder „V wie Vendetta“). Darin beschreibt er den Werdegang des Jokers – und wie ein Durchschnittsmensch wegen tragischer Ereignisse verrückt wird. Und ganz wichtig: „Der Batman und der Joker sind psychologisch gesehen Spiegelbilder“, erklärte Moore. Beide haben Traumata, die sie verrückt gemacht haben. Beim Batman war es der gewaltsame Tod der Eltern, beim Joker der Unfalltod seiner schwangeren Frau und der Sturz in eine Säure. Die Männer leben ihre Verrücktheit nur anders aus.
Drei Jahre nach Millers „Die Rückkehr des Dunklen Ritters“ zeigte sich dessen Einfluss auf die Wahrnehmung des Helden. Für „Batman“ saß der Großmeister der Finsternis, Tim Burton, auf dem Regiesessel. Auch sein Bruce Wayne war sehr ernst. Der Film löste eine Batmania aus, Jack Nicholson als Joker schaffte es mit einer Rekordgage von 60 Millionen Dollar ins Guinness-Buch der Rekorde. Nach einem zweiten Film gab Burton den Batman wieder ab, Joel Schumacher übernahm. Und sorgte bei Fans für irritierte Gesichter.
Ein großer Flop
Er setzte in „Batmans Rückkehr“ und „Batman und Robin“ auf Staraufgebot. Val Kilmer und George Clooney waren Batman, Tommy Lee Jones, Jim Carrey, Uma Thurman und Arnold Schwarzenegger die Bösewichte. Geholfen hat das nicht. Gotham City war zwar schon auch noch etwas finster, aber gleichzeitig quietschbunt und schrill. „Ich möchte mich bei jedem Fan entschuldigen, der enttäuscht wurde, denn ich denke, das bin ich ihnen schuldig“, sagte der 2020 verstorbene Regisseur einmal zu Vice. „Es wird auf meinem Grabstein stehen, das weiß ich.“
Manche mögen sich da glatt wieder an die 60er-Jahre-Filme und -Serien mit Adam West als Batman zurückerinnert haben. Auch darin sind die handelnden Personen eher Schießbudenfiguren in knalligen Kostümen. Aber die Reihe hat immerhin Kult-Charakter. Batmans Anti-Hai-Spray oder die comicartigen Lautmalereien – es macht „POW!“, wenn er zuschlägt – sind in die Popkultur eingegangen. Wie dann Christopher Nolans Batman-Trilogie, die 2005 mit Christian Bale als Titelfigur startete. Der „Dark Knight“ kämpfte darin gegen Terrororganisationen und einen von Heath Ledger neu interpretierten schmuddeligen Joker.
Er biegt sich seinen Gerechtigkeitssinn und das Gesetz zurecht und schreckt selbst vor Folter oder Aushebelung des Datenschutzes nicht zurück, wenn es darum geht, die Welt oder ihm nahe stehende Personen zu retten. Kaum Menschen, die sich nicht begeistert zeigten. Einer konnte aber damit so gar nichts anfangen: Comic-Autor Frank Miller. Dem Playboy verriet er, dass er noch jeden Batman-Film im Kino – auch den von Nolan – vor Ende verlassen hätte. Er verurteile Nolans Machwerk nicht. „Ich verstehe es nur nicht, außer das er so tut, als hätte er den Titel ,Dark Knight’ erfunden. Da kommt er leider 20 Jahre zu spät.“
Da wird er dann auch wenig Freude an „Batman v Superman: Dawn of Justice“ haben, der mit mäßig guten Filmkritiken bedacht wurde. Aber Miller hat zumindest Ben Affleck als Batman gelobt. Dieser Film lehnte sich an Millers „The Dark Knight Returns“ an. Darin werden Batman und Superman gegeneinander aufgehetzt und schenken sich bei ihren Duellen gar nichts. Es bleibt abzuwarten, ob Miller mit dem neuen „The Batman“ zufrieden sein wird. Auch in diesem Spektakel der Düsternis haben die Verantwortlichen gerne auf seine Ideen – in dem Fall den Band „Das erste Jahr“ – zurückgegriffen.
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