Alex Kristan: "Man weiß nie, wie lang die Gunst des Publikums anhält"
Alex Kristan gewinnt heuer den Österreichischen Kabarettpreis. Wie er sich vor dem Burnout schützt, warum er seiner Frau dankt und freut, dass seine Tochter viel braver ist als er.
Das Publikum biegt sich vor Lachen und strömt in Massen in seine Vorstellungen. Alex Kristan, aktuell mit seinem Programm „50 Shades of Schmäh“ unterwegs, überzeugt mit Wuchteln, aber auch Tiefsinn. Für dieses Kunststück wird er am 21. November im Globe Wien mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet. Dabei setzt er längst auf mehr als von Pointe zu Pointe springende Stimmimitationen von Sportlern, mit denen er bekannt wurde. Gelobt wird seine „souveräne Bühnenpräsenz“ sowie seine „präzisen Beobachtungen des Alltags“.
Leider nicht! (lacht) Dafür genieße ich mit der Familie auf Mallorca den verspäteten Sommer und entfliehe so dem Herbstblues.
Nein – ich habe es lustigerweise auch im Urlaub erfahren, im Juli in Griechenland. Wenn ein Gremium meine Arbeit als preiswürdig empfindet, ist das natürlich höchst erfreulich. Wiewohl ich sagen muss, für mich war es immer das Ziel, mein Publikum zufrieden zu stellen. Dessen positives Feedback ist für mich die höchste Auszeichnung.
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Im Gegenteil. Es ist eher ein Auftrag. Es ist immer Luft nach oben. Gerade in der Kunst sollte man es sich nie in einer Komfortzone bequem machen. Sondern sich stetig weiterentwickeln.
Bodenständig und authentisch. Ich muss selber Spaß an meiner Arbeit haben. Auch privat bin ich nicht viel anders als auf der Bühne – sagen selbst meine engeren Freunde. Um mich zu verstellen, dazu bin ich auch ein zu schlechter Schauspieler. Im aktuellen Programm ist bei aller Unterhaltung auch Haltung verpackt. Und je mehr man von sich preisgibt, desto spannender wird es für die Zuschauer. Die Oberfläche ist für jeden sichtbar. Aber sich ein bisschen in die Seele blicken zu lassen bewegt das Publikum.
In meinem engen Umfeld nicht. Es wird nicht erwartet, dass ich witzig bin. In meinem Freundeskreis ist mein Job eigentlich gar kein Thema. In der Öffentlichkeit ist die Aufmerksamkeit aber sicher gestiegen. Meine Tochter meint immer, Papa, mit dir kann man nirgends hingehen. Es werden schon da und dort Selfies gewünscht.
Nein. Das ist Teil des Jobs. Wer sich zeigt, wird gesehen. Ich kann mich nicht für einen Beruf in der Öffentlichkeit entscheiden und dann ein Problem damit haben, erkannt zu werden. Da ich kein Politiker bin, werde ich auch nicht angefeindet. Ich verkaufe Spaß, und 99 Prozent der Menschen, die mich ansprechen, sind mir gut gesinnt. Popularität ist ja zyklisch, irgendwann geht sie zu Ende und die nächste Generation ist dran. Daran sollte man sich stets erinnern. Wenn man Glück nur empfindet, wenn man im Rampenlicht bejubelt wird, könnte es nach der Karriere schwierig werden, Zufriedenheit zu spüren. Das echte Leben spielt sich nämlich abseits der Bühne ab.
Gute Frage, ich würde mal sagen, das hängt von der Intensität des Arbeitspensums ab. Es ist schwierig: Wenn man jahrelang daraufhin arbeitet, begehrlich zu werden, fällt es einem natürlich schwer, Auftrittsmöglichkeiten abzulehnen, wenn die Nachfrage sehr groß ist.
Man weiß nie, wie lang die Gunst des Publikums anhält. Darüber hinaus war die Corona-Pandemie eine Zäsur für die Kulturbranche. Als Kabarettist ist man ganz normaler Einzelunternehmer. Wenn man dann gefragt ist, ist es schwierig, das richtige Maß zwischen Arbeit und Erholung zu finden. Ein Nein kommt einem da schwer über die Lippen. Ich kann aber nicht beurteilen, was bei Klaus oder Thomas zu diesen Erschöpfungszuständen geführt hat. Ich kann nur von mir ausgehen und da habe ich eine Grenze an einer bestimmten Anzahl von Auftritten pro Jahr gesetzt. Mehr darf mein Management gar nicht einbuchen.
Ich schaffe mir bewusst Auszeiten. Dann gehe ich sehr gern allein mit meinem Hund in den Wald. Oft bin ich zwei, drei Stunden unterwegs. Dann genieße ich es, einmal zu schweigen oder einfach nur die Natur zu erleben. Außerdem verreisen wir, so oft es geht. Unsere Tochter ist 16, wir fahren trotzdem noch alle gemeinsam weg, was sehr angenehm ist. Ich nehme mir auch frei, wenn sie Ferien hat. Diese Zeit ist kostbar.
Darüber bin ich sehr glücklich. Im Vergleich zu mir ist meine Tochter sehr brav. Ich hatte außer Blödsinn nur Blödsinn im Schädel und habe wirklich nix ausgelassen. Seit ich selbst Vater bin, verstehe ich die Sorgen meiner Mutter damals viel besser. Wir haben ein sehr inniges Verhältnis.
Ich bin fast von jeder Schule geflogen, auf der ich war. Der Grundtenor war: Aus dir wird nie was werden. Das war zum Glück ein Irrtum, obwohl ich keinen akademischen Titel trage. Das macht aber nix, weil ich dafür das größte Geschenk bekommen habe: meinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, was mir am meisten Spaß macht. Das ist der Jackpot. Ich nehme meinen Job auch nicht als Arbeit wahr. Die Leute hören gern zu und lachen, wenn ich Geschichten erzähle, das war schon in meiner Jugend so. Was ich mache ist kein Beruf, sondern eine Berufung.
Durchaus möglich, das war ein toller Job. Danach stand ich von heute auf morgen ohne Job da. Ich wurde nicht gerade mit Angeboten überhäuft, als ich auf die Frage des AMS, was ich bisher gemacht habe, geantwortet habe: Formel-1-Reporter. Ich musste, um die Miete bezahlen zu können mein Auto verkaufen, weil mir die Bank ziemlich auf die Zehen gestiegen ist. Das wollte ich nie wieder erleben. Ich wollte für mein Einkommen selbst verantwortlich sein und nicht auf die wirtschaftlichen Geschicke eines anderen vertrauen müssen.
Meine Frau hat meine Laufbahn sogar massiv ermöglicht. Sie war bei einer großen Veranstaltungsagentur angestellt; als unsere Tochter auf die Welt gekommen ist, war uns klar, wenn wir beide berufstätig wären, ginge das zulasten der Erziehung. Und wir wollten kein Kind in die Welt setzen, das von einer Nanny erzogen wird. Die Situation hat ermöglicht, dass meine Frau für die Erziehung und den Haushalt verantwortlich war und ich mich auf die Karriere konzentrieren konnte. Dafür bin ich ihr bis heute dankbar.
Das liegt am hohen Maß an Selbstironie eines Toni Polster, Andi Herzog oder Herbert Prohaska. Sie können über sich selbst lachen, das beweist ihre Größe. Und trotz aller Persiflage geht es immer auch um Respekt. Ich diffamiere niemanden, das steht einem auch als Humorist nicht frei. Wehtun möchte ich niemandem. Ich ziehe die Leute so durch den Kakao, dass er noch schmeckt.
Ich möchte jemand gewesen sein, von dem die Leute sagen, dass er ein grader Michl war. Das ist mir sehr wichtig. Ein verlässlicher, ehrlicher Mensch mit Handschlagqualität. Eine Konstante in einer sich immer schneller wandelnden Zeit. Jemand, der nach bestem Wissen und Gewissen versucht hat, Mensch zu sein. Und dass ich meinem Kind eine Herzensbildung mitgeben konnte. Dann habe ich sicher viel Gutes bewirkt.
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