Neues Phänomen: Rezepte auf dem Grabstein – und Tiktokerin kocht sie nach
Die Amerikanerin Rosie Grant sucht auf Friedhöfen nach Rezepten. Ihre Videos faszinieren Hunderttausende.
Es klingt skurril, ist aber ein neues Phänomen auf Friedhöfen in den USA: Manche Nachfahren erinnern am Grabstein ihrer verstorbenen Angehörigen an deren beste oder beliebteste Rezepte. Neben den Lebensdaten und einem Gedenkspruch sind dann etwa die Zutatenliste und Anleitung für Spritzkekse, Pfirsichkuchen oder Schokokaramell eingraviert. So nehmen die Verstorbenen ihr Lieblingsrezept nicht mit ins Grab, sondern lassen andere daran teilhaben.
Die Tiktokerin Rosie Grant aus Washington D.C., die auf ihrem Kanal @ghostlyarchive Videos ihrer Besuche verschiedener Friedhöfe online stellt, wurde auf die Rezepte auf Grabsteinen aufmerksam. Sie begann die Grabsteine zu filmen und die Rezepte nachzukochen. Überwiegend handelt es sich um Süßspeisen. Hunderttausende von Aufrufen zeigen: Die Friedhofsrezepte begeistern das Netz. "Friedhöfe sind ein Freilichtmuseum", sagte die 32-jährige Grant gegen über der New York Times.
"Zum Sterben gut"
So kocht Grant etwa die Spritzcookies vom Grab Naomi Miller-Dawsons nach. Hier fehlt die Backanleitung, lediglich die Zutaten stehen auf dem Grabstein. Für das Video versuchte Grant also zu erraten, wie die Zubereitung der Kekse gelingt – und war erfolgreich. "Zum Sterben gut", kommentiert die 32-Jährige stets die Ergebnisse.
Miller-Dawsons Sohn, Richard Dawson, 71, hatte das Rezept in den Grabstein seiner Mutter gravieren lassen. Für ihn sind sie untrennbar mit Familienurlauben verbunden. Außerdem waren sie sehr beliebt in Miller-Dawsons Büro. Einer Kollegin wollte sie das Rezept damals nicht weitergeben. "Ich habe auch schon gedacht, dass sie sich vielleicht hintergangen fühlt von mir. Aber ich denke, sie ist glücklich wegen der Aufmerksamkeit, die der Grabstein bekommt", erzählte Dawson der Zeitung.
Eine Vorreiterin der Rezepte am Grabstein darf in der Tiktok-Sammlung nicht fehlen: "Mom’s Christmas Cookies" von Maxine Menster am Cascade Community Friedhof in Cascade, Iowa. Bereits 1994 ließ ihre Tochter das aus Deutschland stammende Keksrezept am Grabstein eingravieren.
Gute Erinnerungen
Menster hatte die Zuckerkekse bereits bei ihren Urgroßeltern gegessen, ihre Eltern hängten sie auf den Christbaum. Ihre Tochter Jane Menster erinnert sich, dass in ihrer Kindheit das weihnachtliche Keksebacken immer ein Familienereignis war, bei dem jeder im Stationenbetrieb eingespannt war. "Ein Friedhof muss kein Platz der Traurigkeit sein. Es kann ein Platz großer Erinnerungen sein. Es kann Leute anregen über gute Erinnerungen anstatt letzte Erinnerungen zu sprechen", so Jane Menster.
"Es ist so cool Rezepte zu sehen, die Leute hinterlassen haben", schrieb Grant unter ein Rezept für Schokoladenhaferkekse, die man nicht backen muss. Gefunden hat sie in Nome, Alaska. Eine Userin kommentiert: "Meine Mutter hat die immer für mich gemacht".
Bisher hat Grant eine Handvoll Rezepte nachgekocht, aber weitere übersetze sie gerade, schreibt die Tiktokerin.
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