Warum ist die Faszination für Sonnenuntergänge so groß?

Beides bringt uns zum Staunen: Sonnenuntergänge und Regenbögen. Doch das Licht der Sonne, die am Horizont verschwindet, ergreift uns mehr.

Klick, klick, klick. „Schau, jetzt spiegelt sich die Sonne sogar in eurer Skyline“, sagt ein Wien-Besucher, der beim Anblick des  funkelnden Sonnenuntergangs vor Begeisterung fast auszuckt und hektisch fotografiert. Immer mit der Ruhe: Es ist im Sommer  bei freier Sicht Richtung Westen  genug  Zeit, um das bunte Spektakel einzufangen, wenn der Himmel  errötet. 

Die Faszination für Sonnenuntergänge ist groß.  Das bestätigt  eine Studie, die 2023 im Journal of Environmental Psychology veröffentlich wurde. Demnach sei der  „Wow-Faktor“ beim Betrachten von Sonnenauf- und -untergängen nicht nur beeindruckend, sondern auch heilsam. Für das Experiment schauten sich 2.500 Freiwillige 3D-Animationen verschiedener Naturphänomene an. Nach jeder Präsentation füllten sie Fragebögen aus. Das Ergebnis: Sonnenauf- und -untergänge steigern das Gefühl von Ehrfurcht und Schönheit am meisten. Gewitter und Regenbögen sind beeindruckend, aber  erreichen nicht die gleiche emotionale Tiefe.

Schon in der Antike betrachteten die Menschen den Sonnenuntergang mit Ehrfurcht. In der ägyptischen Mythologie symbolisiert er im Zusammenspiel mit dem Sonnenaufgang den Zyklus von Leben und Tod. Der Sonnengott Ra segelte tagsüber in seiner Sonnenbarke am Himmel von Ost nach West. In der Dämmerung begann seine gefährliche Reise durch die Unterwelt, nur um am nächsten Tag wieder neu aufzuerstehen. 
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Dass Menschen den Himmel beobachten, hat auch zu unserer Zeit eine lange Tradition, hat das Wetter doch Einfluss auf die Ernte. Eine alte Bauernregel besagt „Abendrot, Gutwetterbot“. Klar, dass man sich gut fühlt, wenn man instinktiv glaubt, der nächste Tag wird schön. Für  das besondere Licht sorgt  der Winkel der untergehenden Sonne, deren Strahlen  flacher auf die Atmosphäre treffen als tagsüber, so dass langwelliges rotes Licht  entsteht.  Für das wandelbare Farbspiel sorgen  Partikel aller Art – ja, auch Saharastaub – und etwa  abziehende Wolken im Osten. 
Wo es den Sonnenuntergang-Blick gibt, der eingangs erwähnt wurde? Am Ufer der Alten Donau. Aber bitte nicht weitersagen. 

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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