
Alltagskonflikt Geschirrspüler: Warum räumt immer einer um?
Warum glauben manche, dass nur sie den Geschirrspüler "richtig" einräumen? Ein Fall für den Psychologen.
Erst steht ein Teller schief, dann kippt ein Glas. Aber nicht nur das, willkommen beim beliebtesten Machtspiel im Haushalt: dem Geschirrspüler-Tetris.
Jeder glaubt, er hat das perfekte System beim Einräumen. Und wehe, jemand stellt die Espressotasse links hin, obwohl "rechts mehr Sinn macht, weil … du verstehst es halt einfach nicht". Und schon wird umgeräumt! So geschehen in Wohngemeinschaften, Familien oder beim Freundinnenurlaub im gemeinsam gemieteten Haus.
Das G’riss ums "richtige" Einschlichten der Spülmaschine ist aber auch ein Klassiker unter den Alltagskonflikten von Liebespaaren. Psychologe Matthias Schmidinger kennt das aus seiner Praxis: "Solche scheinbar kleinen Streitthemen sind fast immer Stellvertreterkonflikte für Größeres."
Denn es geht nie nur ums Geschirr, sondern um Kontrolle, Ordnung, Gerechtigkeit. Also um das, was man in einer Beziehung eh schon regelmäßig verhandelt – nur diesmal mit Spülgang.
"Meistens prallen da zwei Welten aufeinander, unterschiedliche Haltungen zum Leben, unterschiedliche Erfahrungen oder auch gelernte Gewohnheiten aus der Ursprungsfamilie", so Schmidinger.
Die einen brauchen Struktur mit einem ausgeklügelten System, denn Kontrolle gibt Sicherheit. Die anderen räumen hingegen lieber ein, wie es eben gerade passt. Man muss schließlich flexibel bleiben im Leben. Das mag vielleicht etwas chaotisch wirken, die Teller werden trotzdem sauber.
"Wenn dann aber im Nachhinein umgeräumt wird, geht es um Wertschätzung", so Schmidinger. Wer ständig korrigiert wird, fühlt sich nicht unterstützt, sondern klein gemacht. Es ist die unausgesprochene Botschaft, die im Raum hängt: "So, wie du das machst, ist es nicht okay. Und damit kommt an, du bist nicht okay."
Was auch dahintersteckt: Werden "echte" Konflikte unter den Tisch gekehrt, dann wird der Geschirrspüler zur Bühne für alles, was sonst ungesagt bleibt.
Ein Tipp des Psychologen: "Reden hilft, Humor auch – aber ohne verletzenden Spott. Auch eine Lösung wäre, sich wochenweise abzuwechseln." Dann bleibt die Spülmaschine, was sie sein soll: ein Haushaltsgerät. Und kein Beziehungstest.
Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.
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