Auf Haus-Meister Palladios Spuren in Venetien

Durch Prachtvillen geführt werden und Prosecco verkosten: Eine Reise zu den Werken des Renaissance-Architekten Palladio macht glücklich.

Überblick

Klimafreundliche Anreise

Mit dem ÖBB Nightjet 233 ab Wien Richtung Mailand nach Vicenza

Währung

Euro

Beste Reisezeit

März bis September

Auch was Gutes am Reisen sind die Aha-Erlebnisse: Aha, das habe ich nicht gewusst, wieder ein bisserl g’scheiter. Auch: Aha, das schmeckt anders als gedacht. Oder: Aha, die antike Säulenordnung – in der Schule gelernt, damals fad und fast vergessen. Dorisch, ionisch, korinthisch – da war doch mal was.

Gefühlte Lichtjahre später steht man da und ist fasziniert: von Säulen, Dreiecksgiebeln und einer architektonischen Eleganz, wie sie für die Villen und Palazzi vom großen Andrea Palladio charakteristisch sind. Und über den Goethe in seiner „Italienischen Reise“ schrieb: „Je mehr man Palladio studiert, umso unbegreiflicher wird einem das Genie, die Meisterschaft, der Reichtum und die Grazie dieses Mannes.“

Architektur und Dolce Vita

Doch von Anfang an: Eine geführte Architekturreise nach Venetien, auf den Spuren des Andrea di Pietro della Gondola, genannt Palladio (1508– 1580), weckt erstmal leise Zweifel. Weil Laien zögern mögen: zu spezifisch und vielleicht schwer verdaulich. Jedes Detail möchte man über die Architekturlegende und ihr Gespür fürs Bauen ja doch nicht wissen.

Der Reiseplan von Architektin und „Arch-on-Tour“-Gründerin Marion Kuzmany aber inkludiert Dolce Vita. Alles harmonisch vereint: Prosecco-Genuss mit Palladio-Plauderei, Schinkenverkostung mit Säulenanalysen, entspanntes Wandern mit einer umfassenden Werkschau, Cappuccino auf der Piazza dei Signori in Vicenza. Und zwei Nächte Venedig, das man per privatem Boot (mit herrlicher Verpflegung) von Dolo aus über den Brenta-Kanal erreicht.

Piazza dei Signori Vicenza

©Getty Images/iStockphoto/ChiccoDodiFC/iStockphoto

Ungefähr sechzig Villen hat Palladio im Umkreis von Vicenza gebaut, im Auftrag von Aristokraten und einer gut betuchten Klientel des venezianischen Großbürgertums – „vielseitig und klassisch gebildete Menschen, die das Ideal des humanistisch geprägten Lebens auf dem Land zu verwirklichen suchten“, sagt die palladiokundige Architektin Gabriele Schöberl, die vom Leben und Tun des Meisters so erzählt, dass es nie fad wird.

Sein Werk ist groß, gigantisch eigentlich. Vierundzwanzig seiner Villen und die Altstadt von Vicenza sind seit 1994 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Er gilt nicht nur als bedeutendster Architekt der Renaissance, sondern auch als einer der am häufigsten imitierten. Siehe Weißes Haus; entworfen von James Hoban, der sich wie viele andere vom klassizistischen Baustil des in Padua geborenen Mannes inspirieren ließ.

Kuppel der Villa La Rotonda

©Kuhn Gabriele

Verborgene Orte entdecken

Architektur hautnah erleben und begreifen: Das ist die Idee dieser Reise. „Sie beruht auf den Exkursionen zu Studienzeiten, weil man Architektur erleben muss, um sie zu verstehen“, sagt Marion Kuzmany. Ihre „Expeditionen“ führen nicht nur zu architektonischen Highlights, sondern zu manch verborgenem Ort. Man lernt Gebäude kennen, in die sonst niemand darf. Man berührt, riecht und fühlt sie. Eine Reise in die Zeit, durch die Epochen und Landstriche erfahr- und spürbar werden, ebenso wie die Menschen von einst, ihr Geist, ihre Kultur.

Wer Venetien verstehen möchte, kann gar nicht anders, als sich mit Palladio und der Geschichte seiner Bauherren zu befassen. Also steht man als Besucher an einem gewittrigen Nachmittag in der Beletage der Stadtvilla Pisani-Placco, außerhalb von Montagnana, einer zauberhaften, kleinen Stadt. „Das ist kein Museum, das ist mein Haus“, sagt Signore Placco, ein älterer, rüstiger Herr. Es ist ein Privileg, durch seine Villa schlendern zu dürfen. Seine Vorfahren erwarben das Haus im Jahr 1856, entworfen wurde es 1552 von Andrea Palladio. Beeindruckende Räume, geballte Geschichte. Darin liegt ein besonderer Zauber.

Stadtvilla Pisani-Placco

©Gabriele Kuhn

Um Palladio noch mehr zu begreifen, muss man unbedingt aufs Land – etwa zur Villa Barbaro di Maser, nahe Asolo. Das „Musterbeispiel des palladianischen Landhauses“ vereint Palladios Architektur mit den Illusionsmalereien von Paolo Veronese. Schließlich die Villa Almerico Capra – „La Rotonda“, am Stadtrand von Vicenza, mit Rundum-Blick.

Es duftet hier überall nach wildem Oregano und es steht Staunen auf dem Programm. „Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann …“, schrieb Palladio in seinen „Vier Büchern zur Architektur“. Heute ist La Rotonda die Palladio-Villa schlechthin. Ein Palast, in dem Kugel, Würfel und antike römische Tempel-Architektur vereint wurden. Mit einem Kuppelsaal, prächtigen Freitreppen und gigantischen ionischen Säulen (plus Dreiecksgiebel, eh klar).

Villa Angarano

©Kuhn Gabriele

Und die Kulinarik? Ein Highlight ist der Besuch der Villa Angarano in Bassano del Grappa, in einem prächtigen Park mit alten Bäumen gelegen. Draußen bewundert man Blüten von Kapern und Granatäpfeln, drinnen verkostet man Wein, Olivenöl und regionale Schmankerln.

Die fünf Bianchi-Michiel-Schwestern stammen aus einer alten Familie von Dogen und machen in der Palladio-Landvilla Wein aus Trauben, die auf dem Grund seit dem 13. Jahrhundert reifen. Sie sind überzeugt, dass sie damit die wahre „Bestimmung“ des Hauses gefunden haben: Es wird samt den Barchesse (Wirtschaftsgebäude) als Wohnsitz, landwirtschaftlich und kulturell genutzt – im Sinne ihrer Vorfahren. Und vermutlich auch im Geiste Palladios.

©Grafik

Informationen und Tipps

Unterkunft
Außerhalb von Vicenza  liegt die elegante Villa Michelangelo in Arcugnano, im 18. Jahrhundert im Palladianischen Stil erbaut. Park mit alten Bäumen, Pool, sehr ruhig. Preis pro Doppelzimmer
inkl. Frühstück 190 €

Anschauen
„Tomba Brion“, eine Grabstätte die 1969 vom Architekten Carlo Scarpa  im Auftrag der Witwe Brion-Tomasin  in San Vito d’Altoviole erbaut wurde

Info
Ähnliche Arch-on-Tour-Reise im Oktober 2022: „Medicivillen und Wein- architektur“,  2.575 € p. P. (inkl. u. a. ÜN im DZ,  gemeinsame Mahlzeiten, Eintritte)

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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