Männerrock Mode Geschichte Louis Vuitton

Der Männerrock ist zurück: Und was zieht man drunter an?

Die Geschichte des Modestücks, das die Herren der Schöpfung schon lange tragen. Und die Frage aller Fragen: mit oder ohne Unterhose?

Burschen, sind wir uns mal ehrlich: ein Männerrock ist das tollste, stylischste und coolste nie gekaufte Kleidungsstück. Wer schon immer einen wollte, aber noch keinen hat, jetzt gibt es wieder reichlich Gelegenheit dazu. Das modische Teil feiert gerade wieder ein Comeback. Ob Skorts (eine Mischung aus Short und Skirt) bei Dries van Noten oder in allen möglichen Varianten bei Louis Vuitton. Da gibt es lange, an Schottenröcke angelehnte Exemplare ebenso wie am Boden schleifende mit floralem Muster oder gewöhnungsbedürfte aus weißem Tüll. Und Celine lässt schwarzen, luftigen Tüll über der Jeans tragen.

Auch wenn von der Modewelt und der schreibenden Zunft gerne behauptet wird, der Männerrock sei mittlerweile angekommen, so recht glauben wollen wir das nicht. Selbst in den hippsten Vierteln New Yorks oder Berlins ist er nicht wirklich omnipräsent. Und immer noch gibt es Unkende, die das Stück als nicht passend, hässlich, unmännlich oder gar als weibisch bezeichnen.

Aber erstens sind wir im Jahr 2022, wo nicht nur in der Mode Geschlechtergrenzen überschritten werden können. Zweitens: Schon mal einen Schotten- oder schwarzen Lederrock in Kombination mit Springerstiefeln gesehen? Dazu eventuell ein Tanktop oder gleich ohne Shirt (bei entsprechend muskulösem Oberkörper)? Martialischer und männlicher geht es kaum. Und drittens haben die Herren der Schöpfung in der Geschichte der Mensch- und Männlichkeit schon lange Röcke getragen. Die Hose ist da eigentlich nur eine Randnotiz.

Von der Steinzeit bis zu den Römern

Schon auf jungsteinzeitlichen Felsmalereien ab 11.500 v. Christus seien Männer beim Jagen mit einer Art Rock abgebildet, berichtete einmal die Modesoziologin Aida Bosch der Welt. "Noch bei den Römern trugen sowohl Frauen wie Männer die Toga oder die kürzere Tunika." Und wenn man so will, hat Julius Cäsar mit einem Minirock riesige Gebiete erobert, Gladiatoren haben sich im knappen Outfit blutige Kämpfe geliefert.

Im Alten Rom trugen die Männer Röcke.

©Getty Images/loeskieboom/istockphoto

Auch bei den Rittern im Mittelalter waren Röcke etwas ganz Normales. Und hier begann schön langsam, dass sich die Männer- von der Frauenkleidung unterschied. Aber eher langsam. "Im 12. Jahrhundert wurden die Kleider in Europa, von Frankreich ausgehend, erstmals auf den Körper zugeschnitten, was der mittelhochdeutsche Begriff «snit» (Zuschneiden von Kleidern) zeigt. Diese nun zugeschnittene höfische Kleidung war etwas Neues, nachdem bis dahin seit der Karolingerzeit eine sackartige Kleidung üblich war", schrieb Michela Seggiani von der Uni Basel in einem Beitrag zum Thema "Warum tragen Männer keine Röcke?"

Bei Adel und Bürgertum setzte sich das bald durch - aufgrund der unterschiedlichen Körperformen bei Mann und Frau unterschieden sich die Kleider stärker als zuvor (mit dem Aufkommen des Dekolletés für die Frau im 14. Jahrhundert gleich noch einmal stärker). "Jedoch ist die Unterscheidung der sozialen Schicht – der Stände – anhand der Kleidung, die jemanden zum Beispiel als Bauer oder Adligen ausweist, wesentlich deutlicher als jene der Geschlechter", erklärt Seggiani.

Schöne Beine mit Hosen

Auch das Aufkommen der Hosen um diese Zeit, die die Schönheit der Beine betonen sollten, verdrängte bei den Männern den Rock noch nicht. Der erlebte im 17. Jahrhundert in Kombination mit hohen Perücken, seidenen Strümpfen und hohen Schuhe sogar noch einmal einen neuen modischen Höhenflug, bevor er verschwand.

Der Adel trug bis ins 18. Jahrhundert Röcke.

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Ab dem 18. Jahrhundert begann der Aufstieg des Bürgertums - und mit ihm neue Kleidungsvorstellungen. "So wurde mit dem Adel auch dessen Kleidung abwertend feminisiert, das Bürgertum sowie seine Lebensführung und Moral wurden als männlich definiert und idealisiert, repräsentiert durch den (männlichen) arbeitenden Bürger", schreibt die Expertin. Die verspielten, teuren Stücke der feudalen Gesellschaft wurden durch schlichte Schnitte und dunkle Farben abgelöst. Und nicht umsonst wurden die Sansculotten der Jakobiner zu einem der Symbole der Französischen Revolution.

Seitdem waren in Europa Röcke für lange Zeit bei Herren abgemeldet - Ausnahmen waren traditionelle Stücke wie der Kilt in Schottland oder der Fustanella am Balkan. In vielen Teilen der Welt - von Afrika über Asien - sind lange Gewänder und Röcke Teil traditioneller Kleidung geblieben.

Traditionelle Fustanella aus Griechenland.

©The Print Collector/Print Collector/Getty Images

Um den Schottenrock ranken sich viele Mythen - etwa ob der Stoff eine Stammeszugehörigkeit anzeigt oder nicht. Tut er nicht, das Muster zeigt den Grad des Reichtums an. Eine andere wichtige Frage ist, ob man darunter eine Unterhose trägt. Traditionell trägt der Schotte auf jeden Fall nichts. Allerdings sieht man das mittlerweile nicht mehr so tragisch.

Im Jahr 2010 hat aber die für die Wahrung der Kleiderordnung zuständige Organisation einen historischen Richtungswechsel angekündigt. Zumindest bei geliehenen Kilts sei eine Unterhose aus Anstand und aus Gründen der Hygiene durchaus zu empfehlen. 

In den 1960ern war die westliche Welt auf einmal wieder mit Männern konfrontiert, die - wie unmännlich und grauslich - lange Haare trugen und sich manchmal auch in indische Wickelhosen oder gar -röcke schmissen. Der Punk verdrängte mit seinem Ärger die friedliebenden Hippies, hebelte aber auch mit androgyner Mode - etwa von Vivienne Westwood - allmählich die Geschlechtergrenzen aus.

Jean Paul Gaultiers Muskelkerle

Und darauf folgte Jean Paul Gaultier. Mit seiner Kollektion "And God Created Men" machte er modisch 1985 keinen Unterschied mehr zwischen Mann und Frau. Wobei: eigentlich dann doch nicht so ganz. Seine Kreation ließ er von richtig gut gebauten Männer auf dem Catwalk präsentieren. Modegeschichte schrieb er damit aber auf jeden Fall. Und einen Aphorismus kreierte er gleich dazu: "Männlichkeit kommt aus dir selbst, nicht über Kleidung." Immer wieder versuchte Gaultier, den Männern das Stück schmackhaft zu machen.

Jean Paul Gaultier mit Kilt.

©Rose Hartman/Archive Photos/Getty Images

In den 90ern sah es kurzzeitig so aus, als würde sich der Männerrock allmählich durchsetzen. Auf Raves waren sie immer wieder mal zu sehen, wie bei der Gothic-Szene, deren düstere Herren zu dunkler Schminke auch heute noch gerne auf Hosen verzichten.

2009 hielt der exzentrische Designer Gaultier wieder einmal ein Loblied auf den Männerrock und prophezeite ihm eine Renaissance. Besonders, wenn darunter nichts eingezwängt werde. Rock tragen ohne was drunter ist für Männer ein bisschen wie nackt baden, meinte er damals zum Stern. Nackte Haut unterm Rock verschaffe "ein Gefühl der Freiheit". 

Auch andere Designer wie Marc Jacobs waren eine Weile lang große Fans. Doch dem Spiegel sagte er einmal: "Man hat seine Phasen und zehn Jahre später fragt man sich: Wie konnte ich diesen Männerrock jemals anziehen?" Dennoch hatte er einen Tipp parat, was man am besten darunter anzieht.  "Längere Shorts. Schlicht. Schwarz. Blickdicht sollten sie sein."

 

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er werkt dort seit Dezember 2020 und darf sich mit Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle befassen. Also mit allem, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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