
In letzter Minute: Cannes verbannt Nacktkleider vom Red Carpet
Auch sehr opulente, ausladende Roben dürfen nicht mehr auf den roten Teppich der Filmfestspiele. Was das für Stylisten und Stars bedeutet.
Die 78. Filmfestspiele von Cannes beginnen mit einem modischen Paukenschlag: Am Abend vor der Eröffnungszeremonie wurde eine Änderung der Kleidervorschriften bekanntgegeben. "Aus Gründen des Anstands", heißt es offiziell, "ist Nacktheit auf dem roten Teppich verboten". Auch XXL-Kleidungsstücke, "insbesondere solche mit großer Schleppe, die den reibungslosen Verkehr der Gäste behindern und die Sitzordnung im Theater erschweren", sind untersagt.
Die Last-Minute-Information dürfte für die meisten Stylisten, die dieser Tage mit vielen Kleidern im Gepäck an die Croisette reisen, überraschend kommen und ihre lange Vorbereitungsarbeit ordentlich durcheinanderbringen. Ist doch gerade der "tapis rouge" von Cannes berühmt für seine glamourösen und extravaganten Auftritte.
Buhlen um Blitzlicht
Vor allem das sogenannte "Naked Dress" – ein "Nacktkleid", das mehr offenbart als verhüllt – wurde dort in den vergangenen Jahren immer populärer. Topmodels wie Bella Hadid oder Irina Shayk, die von Schmuckmarken eingeladen und über den Teppich geschickt werden, überboten sich zuletzt mit ihren transparenten Roben. Auf der anderen Seite avancierten extrem ausladende, opulente Roben zu einem Garanten für Aufmerksamkeit. Mit einem Nachteil für die Organisatoren: Die aufwendigen Schleppen behinderten immer öfter den Betrieb auf den Stiegen hinauf zum Festivalpalast.

Ashley Graham mit Mega-Schleppe.
©APA/AFP/LOIC VENANCEDie Nachschärfung des Dresscodes hat auch Simon Winkelmüller kurzfristig erreicht. Der Wiener Stylist ist gestern nach Cannes gereist, wo er die Schauspielerin Susanne Wuest für die Premiere ihres Films "Sound of Falling" stylen wird. Ein Verbot von "Nacktkleidern" findet er problematisch, "zumal man davon ausgehen kann, dass diese Regel einen patriarchalen Ursprung hat und die in unseren Breitengraden ach so hochgehaltene Freiheit wieder primär von Männern für Frauen beschnitten wird", sagt er zum KURIER.
Schon die Bezeichnung "Nacktkleid" würde suggerieren, dass es der Trägerin um bloße Aufmerksamkeitssteigerung geht. "Der gezielte Einsatz von Haut kann so viel mehr sein", betont er. "Als Stylist bin ich immer für eine hochwertige Umsetzung eines Looks – egal ob hochgeschlossen oder leicht bekleidet."

Irina Shayk kam bauchfrei zur Kinopremiere.
©REUTERS/SARAH MEYSSONNIEREs ist nicht das erste Mal, dass das französische Festival mit seinen rigiden Stilregeln für Aufregung sorgt. Dass Frauen bei Premieren High Heels tragen müssen, löste 2015 einen feministischen Protest aus: Prominente wie Julia Roberts zogen sich auf dem Teppich demonstrativ ihre hohen Schuhe aus. Ein Nackt-Auftritt ist daher auch heuer nicht ausgeschlossen.
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