Darum tragen Hooligans Luxusmarken wie Burberry und Stone Island
Männlichkeitskult und Mode: Fans kommen gerne in feinem Zwirn in die Stadionkurve. Wie Hooligans diesen Stil einst prägten und die Firmen darauf reagierten.
Auch in den Fankurven der Stadien wird es Herbst. Neben nackten Oberkörpern taucht dann teurer Zwirn auf. Trenchcoats oder Jacken von Burberry, Stone Island oder Paul and Shark. Dazu blitzen Schals und Kappen im klassischen Burberry-Karo – oder Plagiate davon – auf, die mit Trainingskleidung kombiniert werden. Und auch, wenn nicht jeder, der so daherkommt, Gewalt sucht, die Wurzeln liegen im Hooliganismus.
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„Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger trugen Hooligans Jeanswesten mit Aufnähern oder Bomberjacken“, sagt Politikwissenschaftler und Fußballhistoriker Roman Horak. Mit dem Verschwinden klassischer Subkulturen habe sich das geändert. „Der Männlichkeitskult, der inszeniert wird, zieht sich aber durch. Von der Kutte zur Coolness.“
Mode des Adels und des Bürgertums als Tarnung
Diese Entwicklung ging von England aus, als sich Männer aus der Arbeiterklasse Luxusmode des Adels und der Bürgertums aneigneten. Die Überlegung dahinter war laut Fußball-Magazin 11 Freunde denkbar einfach: Einerseits waren die Stücke robust und rissen schwer. Andererseits wollten die Männer verhindern, dass sie als gewaltbereite Meute identifiziert werden konnten. „Was soll ein geschniegelter Bursch mit Burberry-Schal und Schiebermütze Böses im Sinn haben. Kann sich ein Rowdy Stone Island leisten?“, mag sich mancher Bobby gedacht haben.
Spätestens seit den Tragödien von Heysel (hier starben 39 Turin-Anhänger wegen wildgewordener Liverpool-Fans) und Hillsborough (96 Liverpool-Fans starben bei einer Massenpanik) ließ Premierministerin Margaret Thatcher in den Achtzigern scharf gegen Hooligans vorgehen.
Während die gewaltsuchenden Männer mit den teuren Marken auf der Straße weniger auffielen, waren sie für Widersacher schnell zu erkennen. Für Horak ist das heute bei den Ultras ähnlich. Der Stil solle eher nach innen, in die Szene, und nicht nach außen wirken. „Öffentliche Aufmerksamkeit suchen die Ultras mit Choreografien, die sie sich dann auf Fotos und Videos ansehen können.“
Was mitunter bei den Marken mitspielen könne: ein gewisses Kokettieren mit Codes. „Man holt Burberry quasi raus aus Döbling und Hietzing und gibt die Kleidung in die Kurve.“ So erfolge eine Umdeutung, und man nehme denen aus den Nobelbezirken etwas weg.
Gar nicht lustig fanden diese Entwicklung Pub-Betreiber in England, die mit der Polizei Verbotslisten erstellten. In Lokalen des Gastro-Konzerns Barracuda waren Burberry-Karos ab Sommer 2004 unerwünscht – ebenso die Produkte der britischen Traditionsmarke Aquascutum sowie Stone Island und Henry Lloyd. „Diese Maßnahme zielt auf bestimmte junge Männergruppen, die uns Sorgen machen“, teilte eine Sprecherin mit.
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Burberry war von der Liebe, die dem Unternehmen von dieser Seite zuteilwurde, gar nicht begeistert. Es distanzierte sich ganz klar von Fußball und Rugby. CEO Rose Marie Bravo sagte einmal, dass die „chavs“, also Proleten, der Marke geschadet hätten. 2006 reduzierte das Unternehmen auch seine Produktivität um 30 Prozent, um eine gewisse Exklusivität zurückzuerlangen.
König und Fußball
Heute sieht das etwas anders aus. Der neue Kreativdirektor Daniel Lee ließ bei seiner ersten Schau für das Label im Frühjahr die Rose des englischen Rugbyteams von Hand zeichnen und druckte sie auf Mäntel und Jacken.
„Mir ist es wichtig, dass Burberry als Marke die Brücke vom Fußball bis zur königlichen Familie schlägt“, sagte Lee .
Stone-Island-Besitzer Carlo Rivetti versteht bis heute nicht, warum die Marke so ein Ding bei englischen Hooligans wurde. Charlie Hunnam trug im Film Hooligans (Green Street Hooligans) als Schläger Pete Dunham, der sich um den US-Amerikaner Matt Buckner (gespielt von Elijah Wood) kümmert, ebenfalls einen Mantel der Marke.
Damit wurde Stone Island wohl in ganz Europa in Szenekreisen noch bekannter. Auf jeden Fall wurde sie zuletzt selbst wieder umgedeutet – und zwar vom Rapper Drake. Er machte Stone Island in den USA populär. Und dort denken wohl die wenigsten an Fußball und Gewalt.
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