James Dean zeigte sich im Film „Rebel without a Cause“ in einer roten Harrington-Jacke

Harrington-Jacke: Das Blouson für Bürger und Bürgerschrecke

James Dean verlieh wie Subkulturen der Harrington-Jacke ein Rebellenimage. Dabei hat sie Wurzeln im Grün der elitären Golf-Plätze. Die Geschichte des Klassikers

Der Teilnehmer eines Pensionistenausflugs trägt es (gerne in Beige), oder einer aus dem linksextremen Schwarzen Block (naturgemäß in Schwarz). Auch sonst ziehen viele im Herbst das Blouson an. Jenen Klassiker, besser bekannt als Harrington-Jacke, meist mit knöpfbarem Kragen, schrägen Taschen, Regenabfluss auf dem Rücken und Tartan-Innenfutter. Kein Wunder: Die Jacke ist chic, trägt aber auch etwas Revoluzzer-Geist auf.

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Dabei war der Anfang gänzlich bieder. Die Firma Baracuta stellte in Manchester Baumwoll-Regenmäntel für die britischen Truppen oder für Burberry her, ab den 1930ern auch als unabhängige Marke. Das brachte den Inhabern, den Brüdern John und Isaac Miller, Geld und Sozialprestige ein. Daher spielten sie Golf. Doch bei Regen war es nicht leicht, im schweren Mantel gekleidet die Schläger zu schwingen. Die Brüder entwickelten eine Zip-Jacke, die bis zur Taille reichte, mit der die Spieler beweglich blieben. In Japan bekam das neue Teil den Namen „Swing Jacke“, vom Unternehmen jedoch G9, wobei G für Golf steht.

Erster?

Und wie sich das für Klassiker gehört – wir kennen das von Sachertorte oder Mozartkugel – erhebt eine andere englische Firma, Grenfell of Burnley, den Anspruch auf die erste Golf-Jacke.

Das Unternehmen  Baracuta wurde mit seinen schweren Baumwoll-Regenmänteln bekannt. Golfspieler  brauchten  aber Luftiges

©mauritius images / Alamy Stock Photos / M&N/Alamy Stock Photos / M&N/mauritius images

Allerdings hat nur John Miller den Lord Lovat, Chef des Clans Fraser, gebeten, dessen Tartan-Muster für das Innere verwenden zu dürfen. Da das Schottenkaro beim Königshaus beliebt ist, sollte es der Jacke einen noblen Hauch verpassen. Wie die Geschichte lehrt, Schotten sind auch Krieger und Rebellen. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, tat sich Lord Lovat als heroischer Kämpfer hervor. "Er ist der schönste Mann, der Kehlen durchschneidet“, soll Winston Churchill gesagt haben. Damit war klar: neben vornehm war die Jacke nun martialisch.

Isaac Miller exportierte das Blouson in den 1950ern in die USA. Mitglieder der Golf-Zirkel wie Bob Hope, Bing Crosby und Ronald Reagan streiften sich die Jacken über. Wirklich berühmt wurde die Harrington durch Nachahmer. Das Unternehmen McGregor brachte ein Modell namens Drizzler auf den Markt. James Dean zeigte sich im Film "Rebel Without a Cause“ aus dem Jahr 1955 im roten Stück. Dazu rauchte er lässig und hatte die Jeans hochgekrempelt. Coolness für damalige Verhältnisse.

Etwas später kam noch so einer, der mit Hüftschwung die Elterngeneration zum Verzweifeln brachte. Elvis spielte in seinem Film "Mein Leben ist der Rhythmus“ einen 19-Jährigen, der sich einer Straßenbande anschließt. Anders als Dean trug er dort die originale G9.

Elvis mit  beiger G9 in „Mein Leben ist der  Rhythmus“.
 

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Die Namensgebung Harrington-Jacke wiederum war völlig unrebellisch. Sie stammt von einer Soap. Ryan O’Neill war in "Peyton Place“ als Rodney Harrington mit so einer Jacke zu sehen. Ein findiger Textil-Händler bewarb die Jacke sodann als Rodney-Harrington-Jacke, kurz Harrington.

Jugend der Working Class

Dafür entdeckten Jugendliche aus der britischen Working Class, die aufs Establishment und Schnulzen pfiffen, in den 60ern und 70ern die Jacke für sich. Wohl, weil sie aus der Arbeiterhochburg Manchester stammte, entschieden sich die rabiaten (und anfänglich eher unpolitischen) Skinheads dafür. Auch für die Mods, die mit Kleidung die Herkunft unwichtig erscheinen lassen wollten, eignete sich die eigentlich als elegant vorgesehene Jacke – gerne von Fred Perry oder Ben Sherman produziert. Modfather Paul Weller lobte: "Die Harrington ist eine der ikonischsten Jacken, die jemals designt wurden. Sie spielte eine große Rolle in meiner Jugend – und tut das heute noch. Sie wird niemals out sein.“

Mod Paul Weller hat eine Vielzahl an Harrington-Jacken daheim  .

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Punks mochten das Ding ebenfalls. Mit dem Schottenkaro im Innenfutter konnten sie Stadtguerillas sein, wie sich Vivienne Westwood das vorgestellt hat. Kämpferisch gab sich auch der wildeste aller James Bonds, Daniel Craig. In Quantum Trost rettete er in der bolivianischen Wüste mit einem schwarzen Tom-Ford-Exemplar die Welt.

James Bond in einem staubigen Blouson von Tom Ford  
 

©EON Productions/EON Productions/Karen Ballard

Doch die Jacke ist nicht nur der Männerwelt vorbehalten – sie passt allen Geschlechtern. Vor allem, wenn sie gegen nasses und windiges Herbstwetter ankämpfen.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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