Trend "Scheidungsparty": Sollte man Scheidungen feiern?
Aus den USA sind Scheidungen nicht nur offenes Gesprächsthema, sondern werden mittlerweile auch wild gefeiert. Die Gründe für die Euphorie und ein Blick auf verschiedene Kulturen.
Über das Ende der Ehe sollte man nicht traurig sein. Diese These stellte die amerikanische Autorin Lyz Lenz in ihrem kürzlich erschienen Buch „This American Ex-Wife“ auf. „Dieses Buch ist keine sanfte Scheidungsapologetik, sondern ein lautstarkes Argument dafür – und für die Freiheit, die sich daraus ergibt, den Mut zu haben, um sein Leben zu kämpfen (…)“, schreibt sie und erzählt eine Geschichte darüber, wie sie ihre Ehe beendete und ihr neues Leben begann.
Zumindest in den USA geht es einem aktuellen Trend zufolge eher ausgelassen nach einer Trennung zu. So feierte beispielsweise letztes Jahr die Schauspielerin Sophie Turner kurz nach ihrer offiziellen Trennung von Sänger Joe Jonas mit Freunden in einer Bar. Britney Spears würdigte, einige Tage nachdem die Scheidung von Sam Asghari eingereicht wurde, ihre beendete Ehe mit einer Party mit zahlreichen leicht bekleideten Männern.
Eine Analyse der Social-Media-Plattform Pinterest zeigte außerdem im Jahr 2022, dass die Suchanfragen nach "Scheidungsparty-Spielen" sich um die Hälfte vermehrten, bei "Scheidungs-Geschenken" stiegen die Anfragen um 35 Prozent und bei "Scheidungsparty-Deko" um 30 Prozent. In Las Vegas bieten Unternehmen sogar Partypakete zur Scheidung an – alles zum Thema "Start Your New Life with a Bang!".
(K)ein freudiges Thema?
Bis dass der Tod uns scheidet... Dass Ehen bis in alle Ewigkeit halten müssen, ist bereits seit Langem nicht mehr der Standard. Während der letzten zehn Jahre wurden Scheidungen immer mehr zum Gesprächsthema. Das brachten unter anderem in der Öffentlichkeit diskutierte Trennungen mit sich: Brad und Jennifer Aniston, Britney und Justin, dann wieder Brad, diesmal mit Angelina – um nur einige Dramen zu nennen. Die Frage bleibt: Ist es richtig, dass man Scheidungen mit Freude empfängt?
Lenz argumentiert, dass es nicht richtig scheint, an der Ehe „arbeiten“ zu müssen. Ihr Drang ging in Richtung Freiheit, von ihrem Mann und von alltäglichen Strapazen. Danach stand ihr Entschluss fest: „Identität ist eine ständige Aushandlung und Entdeckung, etwas, das wir aus dem Rohmaterial unseres Lebens zusammenbrauen.“ Ihre Geschichte endet mit einer Verbrennungsparty für ihr Hochzeitskleid und einem neuen Haus für die Autorin.
Andere sehen das Ende der Scheidung nicht nur als Symbol für das, was noch kommen mag, sondern auch als eine Möglichkeit, Gutes in Erinnerung zu behalten. So wurden zum Beispiel nach der Trennung aus dem Verlobungsring von Model Emily Ratajkowski zwei einzelne Schmuckstücke. Die Idee stammt von einer Geschichte der Autorin Stephanie Danler, deren Großmutter einen Ring aus Schmuck aus verschiedenen Ehen kreierte. "Die Ringe repräsentieren meine persönliche Entwicklung“, sagte das Model kürzlich in einem Interview gegenüber Vogue. "Mir gefiel die Idee eines Rings, der die vielen Leben, die eine Frau gelebt hat, unverfälscht darstellt."
Schweige- und Streitkultur in Österreich
Und wie sieht es in Österreich aus? Die Wiener Scheidungsanwältin Susanna Perl-Lippitsch meint, dass Scheidungspartys hierzulande in jedem Fall (noch) nicht angekommen sind. "In Österreich ist es noch immer ein Trend, eine Scheidung als Scheitern zu betrachten."
Dabei wäre den meisten wohl eher nicht zum Feiern zumute, sondern sie betrachten es eher mit einer gewissen Ernsthaftigkeit. "Seit der Pandemie sind Trennungen außerdem sehr viel strittiger geworden." Früher hätte man sich außerdem schneller geeinigt. Nervenaufreibend und langatmig sind die Scheidungen der Österreicher also noch immer. Dabei sind die meisten höchstens erleichtert, alles unterschrieben zu haben.
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Scheidungen in Österreich
In Österreich lag die Scheidungsrate im Jahr 2022 immerhin bei 36,7 Prozent. Im letzten Jahr wurden hierzulande laut Statista insgesamt 167 eingetragene Partnerschaften aufgelöst - was im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 21 Prozent ist.
Ein positives Beispiel? Die Scheidungskultur Mauretaniens
Obwohl die Scheidung in vielen Kulturen noch ein negatives Stigma trägt, gibt es beispielsweise in Mauretanien ganz andere Bräuche. Dort ist es üblich, dass Frauen mehrmals heiraten und sich danach scheiden lassen – wobei das Ende der Ehe mit einer gebührenden Party gefeiert wird, bei der die Frauen bereits seit Jahrhunderten zusammen essen, singen und tanzen. Die Soziologin Nejwa El Kettab sagte in einem Interview mit der New York Times: „Eine junge, geschiedene Frau ist kein Problem. Eine Scheidung kann den Wert von Frauen sogar steigern.“ Gefeiert werden in dieser Kultur also vor allem die Freiheiten, die Frauen genießen, nachdem ihre Ehe ein gutes, einvernehmliches Ende findet.
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