"Supersex": Neue Netflix-Serie über die Pornolegende Rocco Siffredi

Er hat viele Spitznamen – allen voran: der italienische Hengst. Nun wurde das Leben und Wirken des berühmtesten männlichen Pornostars der Welt in eine Serie gepackt.

23 Zentimeter – oder 24. Nichts Genaues weiß man. Die Angaben zur Penislänge der „Pornolegende“ Rocco Siffredi changieren. Am Ende gilt: 10 mm mehr oder weniger – egal. Der Erfolg ist dem Italiener – Spitzname „der italienische Hengst“ – so oder so gewiss.

Der Porno-Darsteller mit dem ausgeprägten „Arbeitsgerät“, wie es oft heißt, ist ein eindringliches Beispiel dafür, wie man mit Sex berühmt werden kann. Für seine Fans ist er ein Mythos. Im „Buch der Helden – 30 Hommagen an die Idole meiner Jugend“ schrieb Autor Dominik Brülisauer: „In seinem Genre ist der Name Rocco Siffredi ein Qualitätsversprechen. Jeder weiß: Wo Rocco draufsteht, steckt Rocco drin (hahaha!).“ Statistik und harte Fakten dürfen da nicht fehlen: Siffredi hatte (filmisch) mehr als 4.000 Sexpartnerinnen in etwa 2.000 Pornos, er gilt als Spezialist für „Rough Sex“ – sprich: Hardcore-Streifen, die sadomasochistische Fantasien bedienen. Dafür wurde er mit zahlreichen AVN-Awards, der Oscar der Erotikbranche, ausgezeichnet – zum Beispiel für die beste Gruppensex-Szene, die beste Oralsex-Szene und die beste Analsex-Szene. Längst führt er auch selbst Regie, etwa für „Roccos True Anal Stories“, ein Werk in 24 Teilen. Da kann man sich schon einmal fragen, wie jemand so drauf ist, dessen Geschäft es jahrzehntelang war, vor einer Kamera zu ejakulieren.

Fakt ist: Pornos existieren, sie sind Teil der medialen Realität, werden millionenfach konsumiert. Und sie sozialisieren junge Menschen sexuell, im Sinne von Aufklärung. Das Rammelgenre zu verdammen, bringt also nix.

Sex als Superkraft

Das versucht „Supersex“ zu beantworten, die neue Serie auf Netflix. In sieben Folgen geht es um das Leben, Lieben und Leiden von Signore Siffredi. Botschaft: Auch ein italienischer Pornohengst ist nur ein Mensch. Gleich zu Beginn also Groß-Rocco, wie er 2004 mit den Worten „Ich steige aus“ seinen Rücktritt als Pornodarsteller erklärt, um – Minuten später – in der Garderobe eine Hostess zu vögeln. Von hinten, standesgemäß, samt passendem Monolog: „Fleisch, du bist nur Fleisch, nur Fleisch.“ Im Gegenzug wäre da aber auch Klein-Rocco, wie er seine „Superkraft“ entdeckt: „Supersex“ nämlich. Als „seine Rettung“ und Form von Macht, für die „der Preis hoch sein würde“. Dazu Geschichten über seine Mama, die sich erhofft hatte, ihr Rocco würde Priester werden, weil er „groß und hübsch“ war. Auch die Kirche darf nicht fehlen, um das Drama abzurunden. In einem Interview mit dem italienischen Magazin „Grazia“ erzählte Siffredi einst, sexsüchtig zu sein und dass er sich danach sehne, ein „normaler Mann“ zu werden, der davon träumt, aufzuwachen, und nicht an Sex zu denken. Nix da, in seinem Fall gilt bis heute: Triebe machen Leute. Zahlreichen Rücktrittsversuchen folgten viele Comebacks, aktiver Ejakulierstar ist er heute nicht mehr, aber Pornoproduzent mit Sitz in Ungarn. Und er gründete eine „Porno-Uni“, die „Siffredi-Akademie“, um Darsteller, Regisseure und Fotografen auszubilden.

Anregung: Vielleicht sollte einer wie Siffredi ja Aufklärungsarbeit leisten, um mit den Mythen, die mit Mainstreampornos verbunden sind, aufzuräumen. „Dank Roccos Einführungskursen (hahaha!) war ich schon bald ein Experte in Fortpflanzungswissenschaften“, schreibt „Jugendidole“-Buchautor Brülisauer auch. Vermutlich ging es ihm wie Millionen anderen Jugendlichen auch. Fakt ist: Pornos existieren, sie sind Teil der medialen Realität, werden millionenfach konsumiert. Und sie sozialisieren junge Menschen sexuell, im Sinne von Aufklärung. Das Rammelgenre zu verdammen, bringt also nix. Zu informieren, wie es funktioniert, hingegen schon – über die Inszenierung, die Fiktion, die Übertreibung, das Business. Folge 7 der Serie hat übrigens den Titel „Der Schwanz kommt am Schluss“.

Erste Hilfe

„Rat auf Draht“, ein Beratungsteam, das seit Jahrzehnten Kinder, Jugendliche und Eltern berät, beobachtet einen Anstieg von Gewalt – auch sexualisierter Gewalt  – bei Jugendlichen. Die Berater betonen, wie wichtig es ist, sich  Unterstützung zu holen und sich anzuvertrauen, trotz Angst und Scham. Die Notrufnummer 147 unterstützt  niederschwellig und kostenlos, die AnruferInnen bleiben anonym. 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare