Die Datingtrends 2024: Eine kritische Betrachtung

Die Hoch-Zeit der Trend-Vorschauen ist jetzt! Auch in Sachen Lust, Liebe, Kennenlernen erfahren datingaffine Menschen nun, was im kommenden Jahr zu erwarten ist. Was geht, was kommt, und was Ihr eher auslassen könnt.

Das alte Jahr geht, allerlei Trendvorschauen kommen – wie immer auch in Sachen Liebe und Sex. Ein wiederkehrendes saisonales Phänomen, bald werden wir erneut und äußerst detailreich informiert, welche Sextoys uns die kommenden zwölf Monate orgasmische Höhenflüge bescheren werden. Vor allem aber werden Datingwillige erfahren, worauf sie sich demnächst einstellen können. Da gibt’s viele Spezialitäten und Besonderheiten, daher wird es immer schwieriger, sich im Dschungel der – meist englischen – Begriffe zu orientieren. 

Von A wie „Astrolove“ über L wie „Lovebombing“ bis Z wie „Zombieing“: Genau betrachtet braucht es da schon einen eigenen VHS-Dating-Sprachkurs, zumindest aber einen Dating-Duden. Zumal beinahe wöchentlich neue Vokabeln und Trends dazukommen, womit wir auch schon wieder beim Thema „Jahresvorschau 2024“ gelandet wären.

Augenfällig sind da für mich vor allem zwei verbale Neu-Erscheinungen. Zunächst das sogenannte „Canon Bailing“, welches die Datingplattform „Plenty of the Fish“ als künftigen Hype identifiziert, auf welcher Basis auch immer. Aber gut, so schlecht ist es nicht, was da – angeblich – kommen soll. 

„Canon Bailing“ meint nämlich das exakte Gegenteil zur leider oft üblichen „Amöbisierung“ frisch Verliebter. Heißt: Verschmelzen ist out, stattdessen geht es darum, bei sich zu bleiben – trotz rosaroter Brille, Dopaminrausch und formidablem Sex. Es wäre dann angesagt, nicht dauernd das zu machen (oder nicht zu machen), was der/die andere möchte. Vielmehr zählt das „Ich“ statt immer nur ein „Wir“ – den anderen lieben, aber auch sich selbst. Mit dem anderen sexuellen Spaß haben und trotzdem nicht herumsüchteln. Kompromisse ja, totale Selbstaufgabe nein. Mag ich sehr, herzlich willkommen.

Denn ja, tatsächlich liegt es im Trend, sein Gegenüber in irgendeine Psycho-Ecke zu stellen – Motto: „Ich bin okay, der/die andere nicht.“ 

In der Psycho-Ecke

Nur auf den ersten Blick lustig finde ich das Phänomen „Thera-Posing“. Bei erneuter Betrachtung – Stirnrunzeln. Denn ja, tatsächlich liegt es im Trend, sein Gegenüber in irgendeine Psycho-Ecke zu stellen – Motto: „Ich bin okay, der/die andere nicht.“ Nein, vielmehr entdeckt man an möglichen Objekten der Begierde „voll toxische“ Charakterzüge, allenfalls aufgrund eines laienhaft diagnostizierten Bindungstraumas oder weil da vermutlich mal jemand in der Kindheit hören musste: „Wenn du schlimm bist, kommt nicht der Nikolo, sondern der Krampus.“ Erst unlängst hörte ich, wie eine Frau zur anderen sagte: „Der gehört eindeutig in Gruppentherapie, so toxisch wie der drauf ist.“ Psychologische Laiendiagnosen werden dann dazu benützt, andere zu klassifizieren oder geringzuschätzen, während man selbst in Sachen emotionaler und seelischer Intelligenz offenbar die Meisterschaft erlangt hat.

➤ Hier mehr lesen: Kink-Sex oder doch lieber Vanilla-Style: Jeder, wie er mag

Das ist natürlich ganz fies, weil ich der Überzeugung bin, dass jeder irgendeinen kleinen „Vogel“ hat – das macht uns Menschen aus. Vor allem aber sollte jeder erst immer bei sich selbst nachschauen, bevor der andere kategorisiert und in diverse Schubladen wie „narzisstisch gestört“, „Mutterkomplex“, „traumatisiert“ oder „neurotisch“ gesteckt wird. Zumal da mit Begriffen und Diagnosen oberflächlich herumjongliert wird, die von weitreichender Bedeutung (und mitunter Konsequenz) wären, würde man sie ernst nehmen. Einfacher formuliert: So werden andere Menschen von oben herab abgewertet und das womöglich bereits nach kurzer Kennenlernzeit. Ein „Posen“ mit Begriffen, die der Mainstream gerade sehr cool und angebracht ist gar nicht sexy – und macht aus Beziehungen ganz schnell Therapieplätze.

Meditation statt Pornos

  Problematischer Pornokonsum ist häufig und belastet viele Männer. Er beeinflusst die Art und Weise des sexuellen Erlebens, der Leidensdruck ist oft groß. Eine neue Studie, veröffentlicht im Journal „Sexual Health & Compulsivity“, zeigt nun,  dass eine 20-minütige Vipassana-Meditation (eine der ältesten Meditationsformen) hilft,  den Pornokonsum wirkungsvoll zu reduzieren. 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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