Warum es wichtig ist, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten auszukennen

Eine Frau kam auf die Idee, ihr Baby „Chlamydia“ zu nennen. Ein guter Moment, über das unbequeme Thema "Geschlechtskrankheiten" nachzudenken.

Seltsames passiert, immer wieder: Wie englische Medien kürzlich berichteten, hat eine Frau auf der Social-Media-Plattform Reddit laut darüber nachgedacht, wie nett es wäre, ihre (noch ungeborene) Tochter wie eine sexuell übertragbare Krankheit zu nennen. Vorausgesetzt, diese Krankheit bekäme stattdessen einen neuen Namen. Es geht um Chlamydien – und den „geschmeidigen“ Mädchennamen „Chlamydia“. Der – aus Sicht dieser Frau – wunderbar sei. Die Gute gab einige Beispiele, wie das klingen könnte: „Chlamydia, komm her!“ Oder: „Hast du deine Hausübungen schon gemacht, Chlamydia?“

Jetzt kann man darüber nachdenken, ob dieser Post aufgrund akuter Langeweile einfach nur lustig-provokant gemeint war (zumal er in der Rubrik „unpopuläre Meinungen“ gepostet wurde) oder es die Frau tatsächlich ernst meinte. Ich fürchte Zweiteres – doch Genaues weiß ich nicht. Ein Moment, in dem bei manchen vielleicht ein Kopfkino anspringen mag, im Sinne weiterer Namensfindungen aus dem Genre „namhafte Geschlechtskrankheiten“. Lues statt Louis, zum Beispiel, der mit seiner Kindergartenfreundin „Syphila“ Sandkuchen bäckt.

So weit, so schlecht. Aber ein guter Anlass, grundsätzlich über ein Thema nachzudenken, das nach wie vor tabuisiert und stigmatisiert wird. Denn natürlich redet niemand beim Grillfestl darüber, wie er die genitale Unpässlichkeit, um das Thema „Geschlechtskrankheit“ salopper zu formulieren, in den Griff bekommen hat (oder nicht). Trotzdem sind STD (Abkürzung für den englischsprachigen Begriff „Sexual Transmitted Diseases“) knallharte Realität. Nicht nur in den USA stiegen die Fälle zuletzt rasant an, sondern weltweit. Wie die US-Gesundheitsbehörde CDC unlängst berichtete, sind STD wie Gonorrhoe („Tripper“) oder Syphilis heftig im Vormarsch, mit Steigerungen an die sieben Prozent im Jahr 2021. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit täglich rund eine Million Übertragungen mit sexuell übertragbaren Infektionen stattfindet. Und es gibt eine hohe Dunkelziffer.

"Schütz-dich"-Mantra

Zurück zu „Chlamydia“: Mehr als die Hälfte aller gemeldeten Fälle in den USA fiel auf diese Bakteriengattung. Die ist insofern perfide, als 70 Prozent der Infektionen kaum oder gar keine Symptome verursachen. Da kommt schnell der Gedanke auf „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Wird schon nicht so schlimm sein.“ Im Worst Case führt eine unbehandelte Infektion aber zu chronischen Schmerzen und Unfruchtbarkeit. Und so sind wir wieder erneut beim „Schütz-dich-Mantra“. Menschen, die Spaß haben wollen, verwenden Kondome. Immer. Punkt. Ohne Diskussion. Und speziell jene, die wirklich sehr, sehr viel Spaß haben möchten, lassen sich regelmäßig testen. Weil sexuell übertragbare Infektionen zwar normalerweise durch Vaginal-, Oral- oder Analverkehr übertragen werden können, aber ein „Rein-Raus“ nicht zwingend dafür nötig ist. Auch keine Ejakulation. Mitunter hat man Pech – und es reicht schon eine engagierte Runde Fingerspiele, Küssen, Lecken, Schleimhautkontakt.

Im Jahr 2022 sprach die WHO gar von der „stillen Epidemie“ – und für die braucht es so mutige wie unbürokratische Lösungen. Wie etwa in Frankreich, wo es seit Anfang des Jahres Gratis-Kondome für junge Menschen gibt. Doch ohne Bewusstsein und Wissen geht gar nix: Prävention fängt früher an, bei der sexuellen Bildung und bei der Enttabuisierung eines Themas, das auch beim Grillfestl erwähnt werden darf, ohne dass alle Riechsalz brauchen. Chlamydia fände das sicher sehr lässig, wenn sie eines Tages erwachsen ist.

Smart verhütet

 „PopSafe“ heißt das Start-up einer Kärntner Familie, das vor kurzem  in der Puls-4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ zu sehen war. Die Idee:  Neben Ausweisen und Geldscheinen können Jugendliche nun auch Kondome geschützt am Handy befestigt mittragen. PopSafe ist  ein bunter Hartschalen-Cup, in dem sich ein Kondom befindet, er kann auf das Handy oder dessen Hülle geklebt werden. Info: popsafe.at

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare