Mommy-Issues: Warum Männer Partnerinnen wählen, die wie ihre Mutter sind

Jüngere Frauen an der Seite von älteren Männern oder jüngere Männer an der Seite älterer Frauen- wo die Liebe hinfällt. Doch manchmal verbirgt sich hinter der Partnerschaft mehr als das.

von Theresa Eder 

Frauen, die in einer Beziehung mit einem älteren Mann sind, müssen sich häufiger dem Vorwurf stellen, sogenannte "Daddy-Issues“ zu haben, sprich, einen Vaterkomplex, der sich unbewusst auf das Bild des Archetypen des Vaters bezieht. Bekannt wurde das psychologische Phänomen durch den Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud. Er bezog sich dabei vor allem auf das männliche Kind und prägte in dem Zusammenhang den Begriff "Ödipuskomplex“. Erst der Psychiater Carl Jung vertrat schließlich die Ansicht, dass sowohl Männer als auch Frauen derartige Komplexe entwickeln können.

Heute spricht von sogenannten Daddy-, oder Mommy-Issues. Bei welchem Geschlecht dieser Komplex häufiger auftritt, ist jedoch nicht zu pauschalisieren. 

Auf der Suche nach Nähe

Oftmals handelt es sich bei Personen die Mommy-Issues haben, um Männer, die entweder vernachlässigt wurden oder denen eine Mutterfigur im Leben fehlte. Es handelt sich also um eine unerfüllte Beziehung zum weiblichen Elternteil.

Der Bezug zur Mutter ist demnach mit einer negativen Emotion behaftet. Da Betroffene jedoch – vor allem als Kind – emotional abhängig von der Liebe ihrer Erzeugerinnen sind, sehnen sie sich nach jemanden, der diese Rolle übernimmt. Demnach suchen sie eine Partnerin, die die fehlende mütterliche Nähe kompensiert, die sie sich schon von klein auf wünschten. Einen Mutterersatz sozusagen. 

Der Ursprung 

Werden Männer in Ihrer Kindheit übermäßig verwöhnt, so entwickelt sich ein ähnlicher Archetyp. "Dieses Muster, das vielleicht äußerlich ähnlich aussieht, weist jedoch eine ganz andere Dynamik auf", erklärt Psychologin Khalili-Langer. "Sie wollen weiterhin, so wie sie es gewohnt sind, im Zentrum der Aufmerksamkeit anderer stehen und erwarten Verwöhnung, was es für die Partnerin schwierig macht und nur schwer dauerhaft erfüllt werden kann." Diese extreme Dynamik ist also schlichtweg nicht möglich. 

Egal welche Form von Erziehung die Männer in ihrer Kindheit erfahren, eines ist klar: "Beziehungsmuster, die uns von klein auf in die Wiege gelegt werden, machen sich eben auch in späteren Partnerschaften bemerkbar“, meint auch Khalili-Langer. Zudem erklärt sie, dass es nur sehr schwer wäre, diese Muster zu korrigieren. Dies erfordert nämlich jahrelange Selbstarbeit und proaktives Erkennen und Eingeständnis, dass etwas nicht "gesund oder normal“ abläuft.  

Wie die Mutter, so die …. Partnerin? 

Männer mit einem Mutterkomplex haben demnach sehr konkrete Vorstellungen bei der Partnersuche. Ein ungewöhnlich wichtiges Kriterium ist oftmals, dass ihre Zukünftige der Mutter des Mannes ähneln sollten. Nicht nur äußerlich, sondern vor allem charakterlich. Dieser Wunsch entwickelt sich dadurch, dass die Mutter die gesellschaftlich prägendste Rolle im Leben eines Kindes hat. Die Rolle, die sie einnimmt, und die Beziehung, die sich in unserer Kindheit entwickelt, wollen wir demnach auch zukünftigen Partnerinnen zuschreiben. 

Daddy-Issues:

Auch Frauen versuchen oftmals ein nicht zufriedenstellendes Verhältnis mit ihrem Vater, mithilfe von anderen Beziehungen zu ersetzen. Das Pendant nennt sich demnach "Daddy Issues“. Diese sind jedoch fast schon als normal anerkannt. Gerade in den Sozialen Medien und vor allem auf TikTok findet man unter dem Hashtag #Daddyissues bereits 832.400 Beiträge.  

Ist die Schwiegermutter schuld? 

Eine klare Schuldzuweisung gibt es nicht. Zusätzlich wäre sie auch schlichtweg nutzlos. "Wichtig ist auch zu erwähnen, dass viele dieser Beziehungsgeflechte über mehrere Generationen weitergereicht werden. Niemand kann etwas für diese Beziehungsmuster, die sich in den frühen Kindheitsjahren entwickelten. Als Erwachsene haben wir es jedoch in der Hand, etwas daran zu ändern“, erklärt Khalili-Langer. Statt also einen Sündenbock in der Konstellation zu suchen, der für bestimmte Beziehungsmuster verantwortlich ist, wäre es nachhaltiger gemeinsam die Muster zu erkennen und handlungsfähig zu werden. 

"Wendy Syndrom“

Bei Frauen, die in ihren Beziehungen eine überfürsorgliche Rolle einnehmen und ihre Partner gerne übermäßig bemuttern, spricht man vom "Wendy Syndrom“. Die eigenen Bedürfnisse und Wünsche werden also hinter die, des Partners gestellt. Diese Verhaltensmuster können nicht nur in der Partnerschaft, sondern auch in anderen Beziehungen, wie etwa Freundschaften oder auch innerhalb der eigenen Familie auftreten. Der Name dieses Syndroms stammt übrigens von der Figur Wendy Darling aus dem Märchen "Peter Pan“ ab. Diese opferte nämlich ihre eigenen Träume, um sich um Peter Pan zu kümmern.

Was passiert, wenn die Rolle nicht erfüllt wird

Spielt man als Partnerin nicht mit bei dieser Lebensweise mit, so können (und werden) Probleme auftreten – nicht nur mit dem Mann, sondern auch dessen Mutter. Diese wird nämlich von Seiten des Sohnes überglorifiziert. Alles, was sie macht, ist im Grunde richtig und unantastbar. Hat man etwas an ihr auszusetzen, so ist der Streit fast schon vorprogrammiert. Die Partnerin sollte also damit umgehen können, immer an zweiter – wenn nicht dritter Stelle – zu stehen: hinter der Mutter und dem Sohnemann selbst. 

Kein Trend der sozialen Medien 

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass es sich bei Mommy-Issues nicht bloß um eine derzeit akzeptierte Beziehungsformat in den Sozialen Medien, sondern um lebenslang beständige Beziehungsmuster handelt. Will man diese brechen, so erfordert es nicht nur selbstständige Handlungsfähigkeit, sondern auch eine begleitende Psychotherapie

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