Schlafscheidung: Zwei Betten für eine bessere Beziehung

Unter einem Dach leben, sich lieben und doch nachts das Bett nicht teilen. Warum getrennte Schlafzimmer besser sind als ihr Ruf, und zwei Betten die Liebe retten können.

Noch ein letzter Kuss, dann trennen sich die Wege. Zwei Schlafräume trotz einer Beziehung. "Schlafscheidung“ nennt sich das Phänomen, wenn sich Paare dazu entscheiden, das Bett nicht mehr miteinander zu teilen.

In Österreich wünschen sich laut einer Vergleichsstudie rund 24 Prozent getrennte Schlafzimmer. Lediglich sieben Prozent setzen diesen Wunsch auch in die Tat um. Vor allem aber ältere Paare bevorzugen die Schlafscheidung, wie Untersuchungen zeigten. Jedes sechste Paar über 50 Jahre verbringt demnach die Nacht getrennt voneinander – Tendenz steigend mit zunehmendem Alter.

Der Preis des Schlafverlusts

Der Zusammenhang zwischen Schlaf und Beziehungsdynamiken ist bekannt. Untersuchungen zeigten, dass Schlafmangel zu mehr Konflikten innerhalb der Partnerschaft führt. Schuld daran sind unter anderem Stimmungsschwankungen und eine erhöhte Reizbarkeit, die mit fehlendem Schlaf einhergehen. 

Auch wird das Empathie-Empfinden beeinflusst. Schliefen die Teilnehmenden nicht ausreichend, zeigten sie gegenüber ihrem Partner Schwierigkeiten beim Verstehen der Gefühle. 

Unruhige Nächte und genervte Frauen

Gründe für eine gestörte Nachtruhe sind vielseitig. So schnarchen etwa zwei Millionen Österreich – darunter mehr Männer als Frauen. Das kann zur Belastungsprobe für die Beziehung werden. Vor allem wenn es sich um Schlafapnoe handelt, bei der das Schnarchen eine Lautstärke von bis zu 90 Dezibel erreicht. Das ständige Schnarchen des Partners kann die Schlafqualität und somit die Lebenszufriedenheit erheblich beeinflussen. Übermüdung und Gereiztheit gipfeln so nicht selten im Streit. 

Aber auch unterschiedliche Schlafpläne können zu Auseinandersetzungen führen, ebenso wie Unruhe in Form von ständigem hin und her Wälzen.

Getrennte Schlafzimmer als Beziehungsretter

"Gut schlafen zu können wirkt sich positiv auf alles aus – und manchmal sind es eben getrennte Schlafzimmer, die zu einem guten Schlaf führen“, erklärt Sabine Bösel, Paartherapeutin aus Wien. Demnach kann nicht beisammen zu schlafen förderlich für die Partnerschaft sein – auch hinsichtlich der Lust aufeinander. "Auch auf das Sexleben können sich getrennte Schlafzimmer positiv auswirken. Man bekommt mitunter wieder Lust, sich einer aktiven Entscheidung folgend körperlich zu begegnen“, so Bösel. "Einander zu besuchen kann viel aufregender sein als sozusagen standardmäßig nebeneinander zu grunzen und schwitzen.“ 

Den Sex am Tag nachzuholen, kann die Liebe ebenfalls neu entfachen. "Wir sorgen für die Ausschüttung des Hormons Oxytocin durch Berührungen, wenn wir tagsüber auf körperliche Nähe achten, wenn wir einander immer wieder berühren, umarmen, streicheln und küssen“, erklärt die Paartherapeutin. "Auch für die Erotik und Sexualität kann es belebend sein, auf viel Berührung zu achten.“

Verbundenheitsgefühle als Ausgangspunkt einer funktionierenden Beziehung 

"Ist eine Verbindung gegeben – und wir Menschen wollen im Zusammenleben verbunden sein – ist es zweitrangig, wo wir schlafen“, so Bösel. "Ist allerdings zu wenig Verbindung da, um einander zu besuchen und Intimität sowie Sexualität zu erleben, stimmt ohnehin etwas in der Beziehung nicht.“

Ist das der Fall, könnten getrennte Schlafzimmer der Beginn eines langen Weges in Richtung Ende sein, erklärt die Expertin. 

Roland Bösel und Dr. Sabine Bösel, Paartherapeuten in Wien und Autoren des Buches "Liebe, wie geht's? 52 Impulse für eine gelingende Beziehung". 

©Stefan Fürtbauer

Getrennte Schlafzimmer, ja – doch wie ansprechen?

Laut Roland Bösel, ebenfalls Paartherapeut, kommt es auch darauf an, wie lange ein Paar zusammen ist. "Plötzlich nach Jahrzehnten gemeinsamer Nächte geäußert, hat das Ansinnen eine größere Bedeutung als in einer Beziehung, die erst am Entstehen ist.“ Er rät zum klärenden Gespräch, was sich verändert hat und was dem Bestreben zugrunde liegt. Ratsam sei auch ein Nachfragen im Sinne von "Wie findest du das?“ Oder ein Herantasten: "Lass uns doch mal ausprobieren, wie sich das anfühlt, allein zu schlafen.“

Laut den Paartherapeuten sollte beim Gespräch auf Schuldzuweisungen verzichtet und dem Partner aktiv zugehört werden. Ziel sei es schließlich, Lösungen zu finden, sodass beide Liebenden zufrieden sind. 

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