Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Reden, Tanzen, Schmusen

Wieder lernen, wie man Party macht.

Der kleine, scherzhafte Fußballverein, an dessen Gründung ich Mitverantwortung trage, feierte sein 30-jähriges Bestehen. Unser Verein heißt übrigens „FC Henker“, vermutlich weil wir damit unsere sportliche Schwäche durch größtmögliche Arroganz überspielen wollten.

Unserem Ruf als wettkampfstarke Biertrinker entsprechend, organisierte der Verein ein großes Jubiläumsfest. Die örtliche Sportplatzkantine wurde zur Partyzone umgebaut, es gab ausgezeichnetes Essen (Schnitzi! Erdapfelsalat! Bratwürste!), einen unerschöpflichen Vorrat an Bier, ein Disco-Zelt und sogar ein kleines Museum mit historischen Fotos, Dressen und von der Last der Jahre leicht lädierten Pokalen.

Die Gäste – es kamen wirklich alle, die je an unserer großen Vereinsgeschichte Anteil hatten – standen zu Beginn ein wenig verloren in der Gegend herum. Es schien, als würden sich alle fragen: Warum sind die anderen so alt geworden, während ich als Einziger jung geblieben bin? Es schien außerdem so, als hätten wir in der Pandemiezeit verlernt, wie Feiern geht: Reden, Tanzen, Schmusen – dürfen wir das überhaupt?

Mit Hilfe unserer italienischen Freunde hatten wir aber bald wieder gelernt, wie man Party macht: Da es ein lauer Abend war, wurde die Party kurzerhand ins Freie verlegt, die Italiener kaperten das DJ-Pult, und es wurde genau das rauschende Fest, das wir alle so vermisst hatten.

Ich tat das, was ich auch auf dem Fußballplatz immer gemacht hatte: Ich hielt mich unauffällig am Rand auf, beobachtete die anderen, befüllte mich mit Bier und genoss das Gefühl, am Leben zu sein. Meine Freundin und meine Schwester tanzten wie wild, ich wippte lässig mit den Zehen und bemühte mich, dekorativ zu sein.

Zum Sportlichen: Ein kleines Turnier gab es auch, der FC Henker gewann natürlich, und unser Präsident wurde Torschützenkönig. Es war nämlich nur ein einziges Tor gefallen, netterweise für uns.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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