Oblaten

175 Jahre Pischinger: Wie die Oblaten-Torte zum Heurigen kam

Die "Pischinger-Torte" gehört zum österreichischen kulinarischen Erbe. Nicht nur als Nachspeise beim Heurigen - bereits Sisi fand Gefallen am süßen Waffelgebäck.

Es ist ja bekannt, dass Kaisergattin Sisi besonders in kulinarischen Belangen etwas, nun ja, speziell war. Mitten in Karlsbad - immerhin das Oblaten-Paradies der Monarchie - kurend, ließ sie sich Oblaten-Torten aus Wien liefern. Diese kamen aus der Manufaktur von Oscar Pischinger und begeisterten seit ihrer Erfindung in den 1890er-Jahren durch den Konditor Oskar Pischinger die Wiener. 

Mit dem Prädikat "Hohe Anerkennung Ihrer Majestät der Kaiserin von Oesterreich" wurden die mit feiner Schokoladecreme gefüllten, runden Waffelböden von höchster Seite geadelt. Die baldige Ernennung zum K.u.K.-Hoflieferanten war da keine Überraschung.

Das ist zwar nur eine Anekdote aus der langjährigen Firmengeschichte, die der heutige Geschäftsführer Andreas Heindl (Spross der ebenfalls traditionsreichen Süßwarenfirma Heindl) erzählt. Sicherlich aber einer der Meilensteine in den 175 Jahren des Bestehens, das heuer gefeiert wird. Damit ist sie die älteste noch funktionierende Süßwarenproduktion des Landes. Ein Ende ist glücklicherweise nicht in Sicht. 

Heute sind die Pischinger-Torten und die handlichen Haselnuss- und Mandel-Ecken untrennbar mit der Heurigen-Kultur im Wiener Raum verbunden. "Pischinger gehört zum Heurigen wie der Wein. Es gibt kaum einen Heurigen rund um Wien, die Pischinger nicht führen", sagt Heindl. Die Kooperation mit den Heurigenwirten sei ein wichtiger Wirtschaftszweig der Firma. Was wenige ebenso nicht wissen: Exportiert werden Oblatentorte und Co. heute in 30 Länder.

Ein Familienbetrieb mit großer Tradition

Seit 2006 gehört Pischinger zur Confiserie Heindl - ebenfalls ein Familienbetrieb, der Schokoladeprodukte in Wien produziert. Aber nie Waffeln.  Als sich die Gelegenheit zum Kauf auftat, habe man nicht lange überlegt. "Pischinger ist eine Firma mit so einer tollen Vergangenheit, einer bewegten Geschichte." Dieser sei man sich bewusst.

Bewegt wurden allerdings auch die traditionellen Maschinen. Die sogenannte "Waffelstraße" übersiedelte zur Gänze nach Wien-Liesing in die Produktionsstätte von Heindl.  Die Maschinen wurden zwar erneuert. "Die Nüsse rösten wir aber immer noch über offener Flamme, so wie es vor 100 Jahren gemacht wurde." Diese traditionelle Herstellung mache die Besonderheit der Waffelprodukte aus, ist Heindl überzeugt. "Der besondere Röstgeschmack der Nüsse, die Knackigkeit - das kann man industriell gar nicht herstellen."

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In der "Waffelstraße" erhalten die Nuss- und Mandelecken in runder Tortenform ihren Schokoladeguss.

©Heindl

Findiger Konditormeister legte mit der "Pischinger-Torte" Basis für den Erfolg

Die "Pischinger Torte" - dünne, mit Creme gefüllte Oblaten-Waffelblätter - ist wahrscheinlich bis heute das bekannteste Produkt und basiert noch immer auf den ursprünglichen Rezepten. Oder besser: wieder. "Die Vorbesitzer hatten die Rezepturen über die Jahre etwas vereinfacht, zum Beispiel wurde damals nur mit Kakaocreme gefüllt. Wir haben uns nach der Übernahme als erstes die alten Rezeptbücher wieder hergeholt und gesehen, dass die Nusstorte eigentlich mit Nusscreme, die Mandeltorte mit Mandelcreme gefüllt wird." Drei Lagen sind das heute, aber für das 170-Jahr-Jubiläum habe man die Ursprungsversion mit 5 Waffellagen neu aufgelegt.

Seit fast 20 Jahren gibt es sie auch in praktischer Ecken-Form - diese sind besonders beim Heurigen beliebt.  Sie werden in einem speziellen Verfahren hergestellt, erklärt Heindl. "Die Waffel wird mit Schokolade übergossen, dann kommen Nuss- oder Mandelsplitter darauf und werden nochmals mit Schokolade übergossen, damit die Splitter gut halten."

Doppelter Schokoguss, damit die Nusssplitter gut fixiert sind.

©Heindl

Von der Torte bis zum Christbaumschmuck

Die Idee des findigen Konditors Oskar Pischinger hatte in den 1880er-Jahren dem Familienunternehmen zu einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung verholfen. 1.200 Stück der "Original Pischinger Torten" wurden etwa 1889 pro Tag produziert, weiß man aus der Firmenchronik. Oskars Vater hatte 1849 eine kleine Manufaktur in Wien-Neubau eröffnet, wo er Schokowürfel, Biskuits oder Zuckergalanteriewaren produzierte. 

Historische Urkunde aus dem Firmenarchiv.

©Heindl

Neben der Torte produziert Pischinger noch weitere Produkte, die für viele bis heute Kindheitserinnerung und Tradition sind. Die "Pischinger-Taler" mit unterschiedlichen Aufdrucken, saisonal dann Osterhasen, Schoko-Ostereier, Christkindl, Tannenzapfen, Weihnachtsmann oder Grenobler Nüsse als Christbaumbehang etwa. "Manche Figuren werden wirklich nur vor Weihnachten produziert". Sie sind aber nach wie vor mit dem obligaten Bindfaden versehen. 

"Aber das macht ja heute fast niemand mehr." Als modernisierte Weihnachtspralinen ohne Bindfaden in Bonbonniere-Form werden sie heuer erstmals im Vorweihnachtsgeschäft auftauchen. Dass Andreas Heindl schon jetzt, im Hochsommer, die Weihnachtsspezialitäten erwähnt, ist übrigens kein Zufall. Die Produktion startet alljährlich im August.

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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