Milan Nestarec (CZ), L'Octavin (F), Gut Oggau (Burgenland), Some Young Punks (Australien), Jurtschitsch (NÖ), 2 Flaschen von Some Young Punks, Intellego (Südafrika)

Mit diesen lässigen Weinetiketten motivieren Winzer zum Kaufen

Etiketten sind so etwas wie die Visitenkarte für den Wein. Daher setzen einige Erzeuger auf stylisches Design, die anderen auf Kunst. Denn Wein ist Lifestyle.

In Weinkreisen ist der so genannte Etikettentrinker gemeinhin eine verachtenswerte Kreatur, ohne Sinn für die önologischen Kostbarkeiten. Einer, der zu Flaschen der prestigeträchtigen Güter greift, aber über ungeeignete Geschmacksknospen verfügt.

Seit geraumer Zeit ist es gar nicht mehr so schlimm, ein solcher zu sein. Denn: „Etiketten sind enorm wichtig. Mittlerweile ist Wein mehr als nur ein Getränk, es ist ein Lifestyle-Produkt“, sagt Moritz Herzog, der den Handel Weinskandal und die R&Bar in Wien betreibt. Und Lifestyle-Produkte kommen gerne stylisch daher. Die Etiketten sind minimalistisch, farblich-peppig oder durchgeknallt. Und das Design motiviert die Zielgruppe zum Kauf. Das Auge trinkt mit. Aber nicht nur: „Es ist gleichermaßen ein Zeichen von Qualität“, sagt Herzog. Schöner Inhalt soll ein hübsches Gewand haben.

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Das Phänomen der ausgefallenen Etiketten habe in weniger etablierten Regionen den Ausgang genommen. „Viele neue Weinerzeuger haben oft als Ausdruck des aktuellen Schaffens, Geschmacks und Gefühls ihre Etiketten gewechselt.“ Am stärksten sei das beim Naturwein der Fall gewesen. „Mit der Gestaltung konnten sie zeigen, dass sie einen neuen Weg gehen wollen und einen Nullstart hingelegt haben.“

Inkwell aus Australien, Tschida und Pittnauer aus dem Burgenland, Olafur Eliasson für Château Mouton, Glow Glow aus Rheinland-Pfalz 

©Fotos: istockphoto.com, Hersteller

Und weil auf Natur-Wein-Etiketten auch die Lage nicht angegeben werden darf, hätten die Winzer kreativ werden und etwas anderes zeigen müssen. Der Experte verweist auf Claus Preisinger, der vor mehr als 20 Jahren begonnen hat und mit dem Puszta Libre in einer Cola-ähnlichen Flasche zum Kult-Winzer aufgestiegen ist.

Weniger in traditionellen Regionen

In traditionellen Regionen wie der Wachau, dem Mosel-Gebiet oder der Rioja, sei diese Entwicklung nicht so sehr präsent. Aber ganz ehrlich: Es wäre auch schwer vorstellbar, wenn das Weingut Knoll, das den Heiligen Urban auf den Flaschen abbildet, den begehrten Smaragd mit einer abstrahierten grauen Figur schmücken würde. Der jetzige Aufkleber ist ohnehin Kult.

„Die Verpackung sollte natürlich zum Inhalt passen“, heißt es von der Österreich Wein Marketing GmbH. „Zum Beispiel dunkle, schwere Farben werden sich weniger häufig auf einem leichten Weißwein finden. Auch hier ist immer die Frage: Wen möchte das Weingut ansprechen, welche Botschaft soll transportiert werden?“, teilt die Vermarktungsagentur mit. Und auch wichtig zu beachten: „Mit der Corporate Identity des Weinguts sollte die Visitenkarte schon auch zusammenpassen und der Kundschaft Orientierung bieten. Ein gutes Etikett ist eines, das genau die gewünschte Zielgruppe anspricht.“

Besonders gelungen sind für Herzog jenes des Gut Oggau. „Die sind eine der stärksten – weltweit gesehen. Sie haben es geschafft, die Geschichte über das Etikett zu erzählen.“ Die Weine aus dem Burgenland tragen Namen, auf den Etiketten finden sich die passenden Gesichter dazu wieder, die den Charakter des Inhalts betonen sollen. Mit dieser Idee holte die Werbeagentur Jung von Matt im Jahr 2009 Designgold in Cannes.

Milan Nestarec (CZ),   L'Octavin  (F),  Gut Oggau (Burgenland), Some Young Punks (Australien),  Jurtschitsch (NÖ), 2 Flaschen von Some Young Punks, Intellego (Südafrika)

©fotos: istockphoto.com, hersteller

Manche Weingüter greifen nicht auf das Know-how der Werbeprofis zurück, sondern engagieren bekannte Künstler, die das Label gestalten. Allen voran das Château Mouton Rothschild aus dem Bordeaux. Seit 1945 gibt es jedes Jahr ein anderes Etikett von Menschen mit Renommee: Pablo Picasso, Salvador Dalí, Joan Miró, Marc Chagall oder Olafur Eliasson waren schon dran. Bezahlt werden sie mit einigen Kisten des Jahrgangs. Das Salär kann sich sehen lassen, so eine Flasche kostet schon gut und gerne an die 1.000 Euro.

Grüner Veltliner und Attersee

In Österreich sorgt Christian Ludwig Attersee für die auffälligen Etiketten des „GrüVe“ aus dem Hause Jurtschitsch. „Wer sich keinen Attersee leisten kann, soll wenigstens einen auf dem Tisch haben“, wird er in einem Text des Gutes zitiert.

Kurioses

  • Der französische Weinliebhaber Eric Inglessis hat mehr als 55.000 Etiketten aus der ganzen Welt gesammelt, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen
  • Rudy Kurniawan wurde 2014 zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Er hatte Weinflaschen falsch etikettiert und einen Schaden von mehreren Millionen Dollar angerichtet  
  • Irland will wie auf Zigarettenschachteln Warnhinweise gegen Alkohol auf Etiketten anbringen. Italien plant eine Protestkampagne dagegen
Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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