Warum Maroni Herbstlaune verbreiten - und wie man sie verarbeitet

Wir machen uns auf die Suche und werden an verschiedenen Orten fündig: ob beim Maronibrater, in der Konditorei oder im Wald.

Marktgeschichten, Folge 42:

Nicole Ott schreibt an dieser Stelle einmal im Monat von inspirierenden Gesprächen rund um saisonale Produkte und kreiert exklusiv für die ein Rezept damit. 

Das Herbstlaub raschelt mir um die Füße, als ich an diesem stürmischen Tag zu Erols Marktstand gehe. Auf dem Weg liegt eine frische Kastanie in ihrem stacheligen Nest auf dem Boden. Wie immer kann ich auch heute nicht widerstehen, hebe sie auf und schenke sie meinem Marktstandler als Talisman für den Tag. „Vielen Dank“, lacht er da, „Glück und gute Geschäfte kann ich jeden Tag brauchen!“ 

Er zeigt auf eine Kiste voller sattglänzender, frischer Maroni. „Esskastanien“, lacht er mich an, „ganz frisch aus Italien gekommen.“ Ein älterer Herr, der sich auf seinen Gehstock stützt, mischt sich in unsere Unterhaltung ein. „Maroni haben nicht die Rossnatur unserer heimischen Kastanien, sie brauchen viele Sonnenstunden, darum gedeihen sie vor allem in den südlichen Regionen. Früher waren sie im Winter das Hauptnahrungsmittel in vielen Bergregionen, da die Bäume viel anspruchsloser als Weizen sind. Brot der Armen wurden sie auch genannt.“ 
Meine Gedanken schweifen zurück zu unserer Zeit in Italien, die Mittlere –  damals keine drei Jahre alt – wurde dort in den italienischen Kindergarten gesteckt. Im Oktober stand dann der erste Ausflug an, bei dem ich dabei sein durfte: eine „Castagnata“, eine Maronisuche in den Hügeln in der Nähe  Paduas. „Kannst du dich noch erinnern?“, frage ich die Mittlere, die ihre Mittagspause im Café verbringt. „Nur dunkel“, sagt sie, „aber Maroni liebe ich immer noch. Ich wünsche mir zum Geburtstag ein Gansl, da gehören gebratene Maroni dazu“. „Wie wäre es mit Maronireis als Nachspeise?“, frage ich sie. „Der ist doch ein rechtes Kind der 70er, ist der nicht heute wieder Hipster und sehr in Mode?“

Maroni mit Rotwein

Zuhause in meiner Küche lege ich die Maroni in Wasser ein und brate sie nachher im Ofen. Die Vorspeise soll meinen Gästen gute Herbstlaune bringen. Daniels berühmte Kohlsprossen werden auf ein Bett cremiger Maroni gelegt, dazu gibt es gepickelten Kürbis, der mit seiner Farbe an die bunten Blätter erinnert, die wir zu dieser Zeit in der Natur bewundern. Während ich schnipsle, denke ich an die Maronifunde mit dem Liebsten. Einmal am Attersee, weiß der Himmel, warum es dort in eine einzige Ortschaft ein paar Maronibäume verschlagen hat. Und vergangenes Jahr im Friaul, was für eine schöne Erinnerung an einen herrlichen Spaziergang im rotorange verfärbten Wald. Als Beute mit einem ganzen Sack voller Maroni nach Hause zu gehen und diese dann am Abend zu  einem Gläschen Rotwein zu verputzen, ist wohl ein besonderes Glück. 
Die Gäste werden beim Herbstsalat zu ihren Maronivorlieben befragt. „Die ersten Schokomaroni“, schwärmt meine Freundin mit leuchtenden Augen. „Frisch gebraten vom Maronibrater, am besten mit einem Häferl Punsch“, sagt ihr Mann. „Seit heute aber auch dein Salat – schmeckt wie ein Löfferl voll Herbst!“

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