Wie die Obauers die Spitzengastronomie in Österreich veränderten

Seit 45 Jahren stehen die Brüder Karl und Rudi Obauer gemeinsam am Herd und sind damit die am längsten dienenden Spitzenköche des Landes.

Zwei Brüder, gemeinsam am Herd - dafür sind Karl und Rudolf Obauer seit vielen Jahrzehnten in der heimischen Spitzengastronomie bekannt. Doch das war lange Zeit nicht ausgemacht. 

"Als Schulbub hat sich der Rudi lange Zeit geweigert, etwas von mir Gekochtes zu essen", erinnert sich Karl Obauer, der damals bereits am Ende seiner Kochlehre stand. Auch die Minestrone, die ihm Karl in dieser Zeit einmal kochte. "Der Rudi ist zur Oma gegangen und hat sich ein Schnitzel machen lassen."

Ein paar Jahre später zog es den Jüngeren noch immer nicht von selbst in die Gastronomie, er musste von seinem älteren Bruder dazu recht beharrlich ermuntert werden. Zum Glück brachte er den um sieben Jahre Jüngeren doch noch zur Kochlehre. Karl und Rudolf Obauer schrieben mit ihrem gleichnamigen Restaurant in Werfen (Salzburg) heimische Restaurantgeschichte. Die Liste ihrer Auszeichnungen ist lang.

©Obauer

Sie waren Köche des Jahres (1989), des Jahrzehnts (2012), erzielten mehrmals Spitzenwertungen im Guide Gault Millau und erhielten beim Guide Michelin 1996 auf Anhieb zwei Sterne. Im letzten Jahr des Erscheinens des Restaurantführers in Österreich wurden sie jedoch auf einen Stern zurückgestuft.

Heuer stehen sie, 70 und 63 Jahren alt, seit 45 Jahren gemeinsam am Herd, mittlerweile mit Unterstützung ihrer Familienangehörigen. Was die Brüder Obauer zu den am längsten dienenden Spitzenköchen des Landes macht. 

©Obauer

Die Entscheidung für den Familienbetrieb sehen sie beide "als Schlüssel für unseren Erfolg. Ein Restaurant kann man nicht über so lange Zeit hinweg alleine führen. Wir sind ein Familienbetrieb mit sehr loyalen und bestmotivierten Mitarbeitern mit Sicht in die Zukunft." Manche sind viele Jahre im Betrieb, Sous-Chef Peter Buchegger etwa steht seit 40 Jahren mit den Brüdern am Herd.

Karl und Rudi Obauer mit Rudis Frau Angelika und Sohn Berthold.

©Obauer/Armin Walcher

Eine moralische Verpflichtung übernommen

1979 kaufte Karl als junger Koch, der bis dahin an verschiedenen Top-Adressen in aller Welt arbeitete, das Gasthaus von Onkel Rudolf Färbinger. "Es war für mich eine moralische Verpflichtung, dass nicht ich derjenige bin, der die Familientradition der Familie Färbinger (mütterlicherseits, Anm.) aufgibt." 

Rudolf kam nach seiner Kochlehre und Weiterbildungen in Frankreich, Belgien und Dänemark nach Hause zurück. "Wir haben in den Jahren der Entwicklung eine Stätte der Genuss- und Lebenskultur aufgebaut und uns von Jahr zu Jahr verbessert und weiterentwickelt."

Die Vorbilder kamen meist aus Frankreich

Vorbilder und Eindrücke hatten die Brüder viele gesammelt. "Auf den Stationen nach der Lehre haben wir gesehen, was in der Gastronomie möglich ist". Gemeinsam arbeiteten sie etwa auch noch in den ersten Jahren ihrer Selbstständigkeit im Winter im Zürserhof am Arlberg, Karl von 1979 bis zur Saison 1983/84 als Küchenchef. Das Gasthaus in Werfen wurde damals nur halbjährig geöffnet. 

Die Zeiten haben sich allerdings geändert: "Heute ist Rudi der Küchenchef im Hause Obauer, betont Karl. Rudi wiederum sammelte als junger Koch Erfahrungen bei den Brüdern Troisgros in Roanne und bei Emile Jung (Au Crocodile) in Straßburg. Vor allem die Zeit bei und mit den berühmten Brüdern Jean und Pierre Troisgros lieferten die Initialzündung des Gedankens der Obauer-Brüder.

Historische Aufnahme: Die jungen Obauers nach der Übernahme des Gasthauses von Onkel und Tante Färbinger (sitzend). Ihre Mutter Barbara steht dahinter rechts.

©Obauer

Mit ihrem Restaurant in Roanne westlich von Lyon hielten die Troisgros‘ seit den 1960er-Jahren drei Michelin-Sterne. "Ich weiß noch, wie ich nach einem Besuch dort den Karli angerufen habe: Das kannst du dir nicht vorstellen, da fahren die Leute sogar aus Genf bis hierher", erinnert sich Rudi. Dass auch jemand extra wegen der Obauers nach Werfen käme, konnte sich zu Hause wiederum ihre Mutter nicht vorstellen. "Unsere Mutter hat gemeint, wir sind narrisch geworden, Gänseleber um damals 35 Schilling isst ja keiner."

Die Gratwanderung zweier Welten, "die Kartenspieler vom Stammtisch und die Gäste, die wegen des Essens kamen", habe man permanent neu ausgelotet. "Dafür gibt es kein Rezept. Diese Grätsche ist uns aber gelungen." Man habe jedoch "eine tolle Zeit erwischt, wo wir als junge Köche Möglichkeiten und umsetzbare Visionen vorfanden, um etwas aufzubauen", betont Karl. Rudolf ergänzt: "Wir wussten, wir müssen weltoffen sein. Aber auch wissen, ob man etwas umsetzbar ist oder nicht."

Die Brüder Obauer mit Kochlegende Paul Bocuse.

©Obauer

Schweinsbackerl statt Hummer

Was die Obauers heute servieren, hat mit der Spitzengastronomie der 1980er-Jahre wenig Ähnlichkeiten. "Gänseleber, Hummer, Steinbutt, Seeigel waren damals gefragt - eine Forelle hat in der gehobenen Kulinarik nichts gepunktet. Die Forelle haben wir salonfähig gemacht." 

Ebenso: "Wir waren die ersten, die Schweinsbackerl in Österreich gekocht haben. Wir verarbeiteten diese, weil sie zu schade war für die Sulz. Daraus hat sich landauf, landab dieses edle Fleisch etabliert, ob vom Schwein, Kalb oder vom Rind."

Gibt es auch Lieblingsgerichte aus all den Jahren? Rudi erinnert sich an eine gebratene Gänseleber mit Mohn und Rucola in Straßburg. "Und dazu ein Gewürztraminer vom Trimbach." Karl sei "jedes Gericht, das mein Bruder gemacht hat" gut in Erinnerung geblieben.

 Aber besonders "die Nussmakronen unserer Mutter Barbara, die es nur zu bestimmten Anlässen gab". Gut, dass die Brüder da weniger streng sind als ihre Mutter. Die Nussmakronen sind auch im letzten Rezeptbuch der Obauers „Total Obauer“ enthalten. Und kommen als Petit Fours eines Obauer-Menüs auf den Tisch. Was allerdings auch immer ein besonderer Anlass für sich ist.

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

Kommentare