Eine Gruppe von Menschen stößt tagsüber mit einem Gläschen Wein an

Daydrinking: Warum ein wenig Alkohol am helllichten Tag beliebt ist

Ein Drink tagsüber ist keine neue Erfindung, hat aber sein oft negatives Image abgelegt, seit die italienische Aperitivo-Kultur im Trend liegt. Worauf man beim Daydrinking achten sollte.

Die heimische Band "Bilderbuch" widmete dem Daydrinking bereits einen Song, und seit die italienische Aperitivo-Kultur auch nördlich der Alpen angekommen ist, wird ein alkoholisches Getränk am Tag immer beliebter. Vorzugsweise am Nachmittag. Das zeigt sich auch in der wachsenden Zahl an Lokalen, die sich dem Daydrinking widmen.

Genuss, nicht Rausch

Das ist natürlich nichts Neues. Ein Glas Sekt zum Frühstück im Urlaub, ein "Likörchen", das Oma oder Tante mitunter schon vor dem Mittagessen servierten, ist vielen noch wohlbekannt. Und auch Roger Moore ist bereits 1971 am Set der kultigen Krimi-Serie "Die Zwei" mit Tony Curtis als stilsicherer englischer Lord mit Champagnerflasche im Silberkübel samt Glas fotografisch verewigt.

Dass nun wieder Gefallen daran gefunden wird, liegt vielleicht an einem Generations- und Perspektivenwechsel. Trinken am Tag, das hatte lange Zeit mitunter etwas Rebellisches, man tat etwas gegen die Norm. Nun hat sich das Image gewandelt, Daydrinking hat einen trendy Touch bekommen. Denn schließlich geht es dabei nicht darum, früh betrunken bis zum Rausch zu werden, sondern um gepflegtes Konsumieren und Genuss, der mehr ist als ein Glas Wein oder Bier zum Essen.

Was sich fürs Daydrinking eignet

Meist bezieht sich die Bezeichnung nämlich auf Spirituosen, die idealerweise gemixt werden - und hier nicht unbedingt auf schwere Drinks. Wobei wir wieder beim italienischen Aperitivo wären, denn Campari oder Aperol Spritz sind durch ihre Mischung aus Bitterlikören mit Wein oder Prosecco nicht umsonst beliebt. "Sie lassen sich ohne viel Aufwand auf vielfältige Weise mixen", heißt es beim Magazin Rum und Co.

Auch fruchtige Cocktails und Longdrinks halten die Barexperten für geeignet, weil sie "vergleichsweise weniger Promille" aufweisen. Vom Mixen mehrerer Spirituosen in einem Drink sollte man aber die Finger lassen, dafür lieber großzügig mit alkoholfreien Fillern arbeiten. Das könne ein Gin Tonic ebenso bieten wie ein leichter Cocktail mit Rum

Auch Wermut, kombiniert mit Wein oder Tonic, ist ein Kandidat fürs Daydrinking. Sein Vorteil: Als Aperitif oder Digestif passt er auch zum Essen.

Mythos: Alkohol wirkt tagsüber anders

Auch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein spielt eine Rolle für den Trend zum Daydrinking. Viele glauben, der Zeitpunkt des Alkoholkonsums mache einen Unterschied. Doch Experten warnen vor derartigen Mythen und führen einige Risiken an.

Schlafrhythmus 

Man könnte meinen, dass der Körper bei frühem Alkoholkonsum mehr Zeit hat, den Alkohol zu verarbeiten und abzubauen. Anna Shannahan, Public-Health-Medizinerin an der Northwestern University Feinberg School of Medicine (USA), bestätigt das zwar einerseits. Andererseits: "Wenn tagsüber so große Mengen Alkohol konsumiert werden, dass sie sich abends noch im Körpersystem befinden, können sie sehr wohl den Nachtschlaf stören". 

Wer zu viel trinkt, wird allerdings früher müde - und geht vielleicht früher schlafen. Das kann wiederum zu Schlafstörungen führen, weil man mitten in der Nacht aufwacht und am nächsten Tag nicht ausgeschlafen ist.

Dazu kommt, dass man möglicherweise mehr und womöglich schneller trinkt, da das "natürliche" Ende eines Abends fehlt. Daher wird empfohlen, sich ein Limit oder eine Stoppzeit zu setzen.

Dehydrierung

Wer tagsüber zu viel Alkohol konsumiert, kann leichter dehydrieren. Daher empfehlen Experten Zurückhaltung beim Daydrinking - und viel Wasser zwischendurch. Was zwar nicht hilft, den Alkohol schneller abzubauen, aber den Flüssigkeitsmangel ausgleicht.

Stimmungstief

Es ist bekannt, dass Alkohol die Stimmung beeinflusst - beim Konsum wirkt er oft aufhellend, mit dem Hangover kommt am nächsten Morgen oft ein Tief. Medizinerin Shannahan: "Alkohol hat letztendlich eine dämpfende Wirkung und baut Glückshormone und Serotonin ab."

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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