Kleine Häppchen und Getränke mit Händen

Der unendliche Aperitivo und was man dazu isst

Die mediterrane Tradition eines Drinks mit kleinen Snacks zwischen Alltag und Abendessen kann unendlich ausgedehnt werden. Tipps von zwei Aperitif-Experten.

Ein paar Oliven, Nüsse oder Chips zum Campari Spritz in Italien. Tapas mit Jamon zu Cava oder einem Glas Wein in einer spanischen Tapas-Bar - egal wo, es ist immer das gleiche Muster: ein leichtes, alkoholisches Getränk, dazu ein paar kleine Snacks. 

Vor allem in den mediterranen Ländern wird der Aperitivo als Übergang von einem geschäftigen Alltag zum entspannten Teil des Tages zelebriert. "Man trifft sich mit Arbeitskollegen oder Freunden und plauert. Das wird meistens als Vorspiel zum Abendessen verstanden. Es soll auf das Mahl einstimmen und den Magen öffnen", sagen Ulli Lassenberger und Johannes C. Hoflehner

Der Aperitif lässt sich abendfüllend ausdehnen

Das Konzept aus unkomplizierten Getränken und kleinen Häppchen lässt sich allerdings auch hervorragend darüber hinaus ausdehnen und kann sogar bewusst ein Abendessen ersetzen. Etwa, "wenn man einen ungezwungenen Abend will": Einige Aperitif-Getränke, dazu verschiedene Snacks.  Seit über 30 Jahren genießen die Ärztin und der Journalist diese mediterrane Lebensart auf ihren Reisen. Aus ihren Rezept- und Aperitif-Sammlungen ist nun mit "Aperitivo infinito", also unendlicher Apertif, ein umfassendes Rezept- und Lesebuch entstanden (Braumüller Verlag, 35 Euro). Das Buch wurde kürzlich mit dem "Swiss Gourmet Book Award 2024" ausgezeichnet.

Von Spanien bis Griechenland

Auch in dieser erweiterten Variante sind die mediterranen Länder wahre Meister. Lassenberger und Hoflehner erwähnen etwa das "Apericena" - ein italienisches Kunstwort aus den Wörtern "Aperitivo" und "Cena" (Abendessen). "Das findet meist in Italien statt, man bedient sich an einem Buffet." 

Auch in Frankreich kennt man etwas Ähnliches, der "Aperitif dînatoire" (etwa "Apertifabendessen") findet allerdings "eher im privaten Rahmen" statt.  Das spanische "Tapear" oder "ir de tapas" ("auf Tapas gehen") beschreibt dafür eher eine Lokaltour durch mehrere Tapas-Bars. Und die Griechen sprechen mit "Mezedakia" eine Einladung zum Vorspeisen-Essen, dem gar kein Hauptgang folgt.

Was die beiden generell so an der Aperitif-Kultur begeistert, ist die Vielfältigkeit.  "Jede Region hat ihre eigenen Aperitif-Getränke und spezielle Häppchen. In der Provence etwa den bekannten Pastis und kleine schwarze Oliven, in der Cognac-Region den Pineau des Charentes und Muscheln."

©K.M.Westermann

Rezept: Nero Spritz mit Erbsenzitronen-Dip

Zutaten für den Erbsen-Dip (mittelgroße Schüssel):

200 g gekochte Erbsen oder aus der Dose
2 EL Olivenöl
10 frische Minzblätter
Schale von ½ Zitrone
je 1 Prise Currypulver, Ingwerpulver und Senfpulver
Salz und Pfeffer

1 / Die Erbsen mit dem Olivenöl, den Minzblättern und der Zitronenschale im Mixer cremig rühren und mit den Gewürzen abschmecken.

2 / Der Dip kann als Aufstrich für Crostini verwendet werden oder man serviert ihn mit Grissini zum Dippen.

Zutaten für den Nero-Spritz (pro Glas):
1 Schale mit grobem Rohrohrzucker
4 Brom- oder Heidelbeeren
3–4 Eiswürfel
2 cl Zitronensaft
6 cl Aperol oder ein eher süßer Bitterlikör
3 cl gekühlter Prosecco oder anderer trockener Schaumwein
3 cl gekühltes Soda- oder prickelndes Mineralwasser
2 Brom- oder Heidelbeeren zur Dekoration
1 Zitronenscheibe

1 / Den Rand eines Becherglases befeuchten und in groben Rohrohrzucker tauchen, damit ein Zuckerrand entsteht. 

2 / Im Becherglas die Beeren mit einem Stößel zerdrücken, Eiswürfel dazugeben, Zitronensaft und Bitterlikör hinzufügen, umrühren 

3 / Mit gleichen Teilen Schaumwein und Sprudelwasser aufgießen. 

4 / Zwei Beeren auf einen Spieß stecken und gemeinsam mit der Zitronenscheibe quer über das Glas zur Garnierung platzieren.

Der Aperitif scheint vor allem ein Phänomen der Mittelmeerländer zu sein. "Wahrscheinlich hat Aperitivo viel mit der Lebensart zu tun, mit Lebenskunst, und da sind uns die Mittelmeerländer einiges voraus." Dass diese Kultur im deutschsprachigen Raum außer in Teilen der Schweiz gar nicht gelebt wird, ist grundsätzlich schade. Dabei könnte ein österreichischer "Pfiff" Bier, gepaart mit einem Aufstrichbrötchen oder einem "gefüllten Sandwich" durchaus mithalten.

So geht es:

Was braucht man nun aber für einen "unendlichen Aperitivo"? Die Daumenregel von Lassenberger und Hoflehner: "Drei, vier verschiedene Getränkesorten wie Sekt, Spritz, Sherry oder ein weiteres Mixgetränk wie Picon Bière und sechs bis acht verschiedene Häppchen sind meistens ausreichend und sättigend." Sie empfehlen einen Mix, der sich gut vorbereiten lässt. "Am besten mischt man ein paar ganz einfache Sachen wie geröstete Nüsse oder Dips für Grissini mit ein paar aufwendigere wie Auberginen-Bällchen und Mini-Quiches." Unkompliziert sollte es sein, "am besten mit den Fingern zu essen".

Bei den Getränken sollte man ebenso eine Richtschnur haben: "Nicht allzu süß oder zu alkohollastig. Ein Negroni, der allgemein als Aperitif gilt, ist da schon die oberste Grenze."

©Braumüller Verlag/K.M.Westermann

Rezept: Summit und Sablés au Gruyère

Für den Summit (pro Glas)

1 Limettenzeste
4 feine Scheiben frischen Ingwer mit oder ohne Schale
4 cl Cognac
4–5 Eiswürfel
6 cl erstklassige Limonade auf Zitronenbasis
optional: 1 Gurkenschale

1 / Limettenzeste, Ingwerscheiben und Cognac in ein beliebiges Glas geben und leicht mit einem Stößel andrücken. 

2 / Das Glas zur Hälfte mit Eiswürfeln füllen und kurz umrühren. Die Limonade hinzufügen und nochmals kurz umrühren. 

Optional kann noch mit einer Gurkenschale dekoriert werden.

Für die Sablés au Gruyère (60 bis 80 Stück)
250 g kalte Butter
250 g glattes Mehl
250 g Gruyère, fein gerieben
1 TL Salz

Zur Dekoration:
1 Eigelb, Mohn-, Sesamkörner, Fleur de Sel, Paprikapulver, Kümmel, Schwarzkümmel etc.

Alle Zutaten rasch zu einem Teig verarbeiten und eine Stunde im  Kühlschrank rasten lassen.

Danach ca. 4 mm dick ausrollen, kleine runde oder rechteckige Formen ausstechen und auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen. 

Mit verquirltem Eigelb bestreichen und mit Körnern, Salz oder Gewürzen nach Lust und Laune bestreuen. 

Im vorgeheizten Backofen bei 160° C Umluft bis zur leichten Bräune ca. 20 Minuten auf Sicht backen.

Alkoholfreier Aperitivo mit aromatisiertem Wasser oder Kefir

Der Trend zu alkoholfreien Getränken ist sogar bei so alten Traditionen wie dem Aperitivo spürbar. Lassenberger und Hoflehner liefern deshalb auch Ideen abseits der bekannteren entalkoholisierten Getränke wie Wein, Bier oder Gin. Zum Beispiel aromatisiertes Wasser. "Hier ist es aber wichtig, ein wenig Schärfe einzubinden, die den Alkohol ersetzt. Wir setzen gern auf frischen Ingwer oder Pfeffer."

Auch Aperitife auf Essigbasis (Shrubs) können Genussfreudige begeistern. Auch ohne Alkohol schadet ein bisschen Prickeln nicht. "Darauf sollte man bei Säften besonders achten, Perlage, etwa von Soda, Gingerbeer oder Tonic, wirkt anregend." Leicht bis stark moussierend zeigt sich auch Wasserkefier, der durch Fermentation entsteht und geschmacklich an Bitterlemon-Limonade erinnert. "Auf dieser Basis lassen sich viele Mix-Getränke wie Spritz, Americano und andere alkoholfrei nachbauen."

Alkoholfreier Aperitivo mit aromatisiertem Wasser oder Kefir

Alkoholfreier Aperitivo mit aromatisiertem Wasser oder Kefir

©K.M.Westermann

Cocktail-Rezept: Aqua die Pomodoro (alkoholfrei)

Zutaten für 4 Gläser:

2 Nelken
4–6 Szechuanpfefferkörner
140 g aromatische Tomaten
1 Basilikumzweig
8 dünne, ungeschälte Scheiben Ingwer
4 cl Limettensaft
½ l Wasser
4 Eiswürfel
4 Kirschtomaten zur Deko
4 Limettenscheiben

1 / Nelken und Pfefferkörner in einem Mörser anstoßen.

2 / In einem geräumigen, verschließbaren Gefäß, das mehr als einen Dreiviertelliter fassen kann, Tomaten, Basilikum und Ingwer mit einem Stößel zerdrücken. 

3 / Den Limettensaft und die Gewürze hinzugeben, kräftig umrühren, mit Wasser auffüllen und verschlossen im Kühlschrank mindestens zwei Stunden ziehen lassen. 

4 / Das fertige Tomatenwasser in eine Karaffe abseihen und in hohen Wassergläsern mit Eiswürfeln sowie einer eingeschnittenen Kirschtomate und einer Limettenscheibe am Glasrand servieren.

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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