Blicke über den Zaun: Die Kulturgeschichte der Obstgärten

Bereits in der Altsteinzeit naschten unsere Vorfahren Pistazien – welche verbotene Frucht im Garten Eden stand, wird wohl nie gelüftet.

Früchte könnten für die Evolution eine wichtigere Rolle gespielt haben als lange angenommen. Primaten, deren Nahrung zumindest teilweise aus Früchten besteht, haben ein deutlich größeres Gehirn als Tiere, die nur Blätter verzehren. Das lässt sich auch darauf zurückführen, dass sie mehr suchen mussten, also stärker auf ihre kognitiven Fähigkeiten angewiesen waren.

Bei den ersten Obstgärten könnte es sich um Oasen mit Dattelpalmen gehandelt haben, in denen Nomaden rasteten und sich labten. Der moderne Obstanbau entwickelte sich über Jahrtausende: Mit dem Wachstum der Bevölkerung breiteten sich die Obstbäume aus den Gärten der Wohlhabenden und Klöster auf Felder und Straßenränder aus und veränderten so die Landschaft, wie Kulturwissenschafter Bernd Brunner in seinem Sachbuch "Von der Kunst, die Früchte zu zähmen“ erzählt.

Gesher Benot Ya’aqov

Die "Brücke der Tochter Jakobs“ im nördlichen Jordantal offenbarte bei Ausgrabungen 300.000 (!) Jahre alte Fruchtreste der Atlantischen Pistazie, Palästina-Eichel, Mandel und Wasserkastanie. "Wir bewegen uns damit im Paläolithikum, also 100.000 Jahre, bevor Homo sapiens vermutlich aus den afrikanischen Savannen kam“, erklärt der Autor die unglaublichen Funde.

Bernd Brunner: "Von der Kunst, die Früchte zu zähmen“ (Knesebeck Verlag, 288 Seiten, 22 Euro)

©Knesebeck

Kultivierung

Israelische Archäobotaniker fanden im Unteren Jordantal sechs Feigen, von denen sie vermuten, dass sie kultiviert gewesen sind, also gezielt Ableger gesetzt wurden. Das Alter bezifferten sie auf rund 11.200 Jahre. Wenn das stimmt, passierte dies vor dem ersten Anbau von Weizen und Gerste und stellt bisherige Annahmen infrage.

Hausgärten von Pompeji

Zu den meisten Häusern, die 79 nach Chr. von einer meterhohen Asche- und Bimsschicht begraben wurden, gehörte ein Garten: Manche hatten sogar drei oder vier große Peristylgärten – von Gängen umgebene und mit Säulen bestandene Anlagen. Vor allem ältere Häuser hatten Gärten, die mit Gemüse, Obst-, Öl- und Nussbäumen und wenigen Weinstöcken bepflanzt waren. Auf von Weinreben umschlungenen, gemauerten Triklinien (Speisesofa) oder Speisebänken wurden Mahlzeiten eingenommen oder Arbeiten wie Weben von Wolle verrichtet.

Verbotene Frucht

Warum sich die Legende vom Apfel bei Adam und Eva entwickelte? „Malus“ kann auf Latein böse und Apfelbaum bedeuten, "malum“ das Böse oder Apfel. "Lignumque scientiae boni et mali“ bedeutet "Der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.“ Das Missverständnis wurde seit dem 5. Jh. nach Chr. fortgeschrieben. Feige, Granatapfel, Dattel? Das geht aus der Bibel nicht hervor.

Anita Kattinger

Über Anita Kattinger

Leidenschaftliche Esserin. Mittelmäßige Köchin. Biertrinkerin und Flexitarierin. Braucht Schokolade, gute Bücher und die Stadt zum Überleben. Versucht die Welt zu verbessern, zuerst als Innenpolitik-Redakteurin, jetzt im Genuss-Ressort.

Kommentare