Der deutsche Musiker und Produzent Stefan Kozalla alias DJ Koze wird am Sonntag für gute Laune sorgen.

"Paradies Garten“: Nachhaltig feiern, klimaneutral tanzen

Mit dem "Paradies Garten“ bekommt Österreich ein neues Festival, bei dem zu elektronischer Musik klimafreundlich getanzt werden soll. Damit liegt man absolut im Trend.

Plastik-Einwegbecher, riesige Müllberge, verdreckte Campingplätze, stromfressende Scheinwerfer und CO2-Emissionen einer Kleinstadt. Was vor drei, vier Jahren bei Großveranstaltungen Normalität war, wird immer mehr zum No-Go, zur Ausnahme. Der Trend geht in eine andere, ressourcenschonendere Richtung: Die neuen Schlagwörter heißen „Upcycling“, „Regionalität“, „Nachhaltigkeit“, „Zero Waste“ und „Green Event“, bei dem die Umwelt und deren Schutz als Headliner agieren.

Maximale Regionalität und Nachhaltigkeit sowie eine minimale Auswirkung auf die Umwelt verspricht auch das Electronic Music Festival „Paradies Garten“, das von 5. bis 7. August zum ersten Mal vor der wunderschönen Kulisse des Schloss Prugg im niederösterreichischen Bruck an der Leitha ausgetragen wird.

Schloss Prugg im niederösterreichischen Bruck an der Leitha

©Thomas Caks

Kompostierbar

Einmalig ist das zehn Punkte umfassende Manifest, unter dem das Festival ausgetragen wird. „Wir haben eine Vielzahl an detailliert ausgearbeiteten Maßnahmen und Regeln, die im Rahmen der Umsetzung des Festivals eingehalten werden müssen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Minimierung des CO2-Ausstoßes. Wir lassen auch das gesamte CO2-Aufkommen von einer Firma messen und leisten dann dementsprechend Kompensationszahlungen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz. Dann versuchen wir noch, den Abfall auf ein Minimum zu reduzieren. Alles, was wir auf dem Festival ausgeben, ist kompostierbar“, sagt Felix Mayr-Melnhof, der gemeinsam mit Elise Accarain das „Paradies Garten“ ins Leben gerufen hat.

Für den Abfall, der trotzdem entsteht, wurde ein eigener Müllmanagement-Plan konzipiert. „Dafür arbeiten mit verschiedenen Partnern in der Region zusammen. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass der Abfall ordnungsgemäß getrennt und recycelt wird“, sagt Accarain.

Am Festival herrscht Zero-Waste-Politik. Am Campingplatz, der sich im Schlosspark befindet, gibt es ebenfalls ein striktes Abfallkonzept: Jeder Camping-Platzbesucher muss eine Kaution hinterlegen. Diese bekommt man nur dann zurück, wenn der ganze Müll vom Zeltplatz auch weggeräumt wurde. „Wir sind einfach sehr streng, wenn es um Müll geht, weil uns das sehr wichtig ist. Natürlich ist das auch bei anderen Festivals Thema, aber wir heben das noch einmal auf eine ganz andere Ebene. Wollen die Menschen dann auch im Rahmen des Festivals aufmerksam machen, dass es auch anders gehen kann“, sagt Mayr-Melnhof.

Elise Accarain und Felix Mayr-Melnhof.

©Cornelius Klimt

Fleischlos

Das Konzept sieht auch vor, dass am ganzen Festivalgelände nur vegetarisches Essen angeboten wird. „Wir haben uns selbst sehr strenge Richtlinien auferlegt, die sicherlich einige Menschen vor dem Kopf stoßen werden. Aber ich glaube, dass das der einzig richtige Weg ist, wie man heutzutage ein Festival veranstalten sollte“, sagt Accarain. Auch in Sachen Anreise appelliert man auf das Umweltbewusstsein der Besucher: Das Auto sollte besser zu Hause bleiben. Wenn man trotzdem mit dem Pkw anreisen möchte, kann man das natürlich machen. Man sollte aber wissen, dass es ein Parkpreis-System gibt: Wer alleine anreist, zahlt am meisten. Am günstigsten (und besten) ist es, wenn das Auto voll ist. Das Ziel sei aber ohnehin ein anders: Die Besucher und Besucherinnen sollten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Festival kommen. Eine Fahrt vom Wiener Hauptbahnhof nach Bruck an der Leitha dauert rund 25 Minuten. Das Festivalgelände erreicht man dann zu Fuß in zehn Minuten. Die Züge gehen mehrmals am Tag. „Das einzige Problem, das wir anfangs noch hatten, war, dass am Samstag der letzte Zug zurück nach Wien bereits um 00.41 Uhr von Bruck abfährt, das Programm aber bis 1 Uhr geht. Aber auch dieses Problem konnten wir dank ÖBB lösen: Es wird um 1.30 Uhr ein zusätzlicher Zug eingeschoben“, sagt Accarain.

Während die Künstlerinnen und Künstler aus Österreich großteils mit dem Zug anreisen, lassen sich Flüge bei Acts, die aus dem Ausland anreisen, natürlich nicht vollständig verhindern. „Wenn die Anreise mit dem Zug möglich ist, weil es sich mit den anderen Auftritten vereinbaren lässt, versuchen wir, das gemeinsam mit den Künstlern zu realisieren. Die Künstler selbst reagieren auf unsere Flugverzichtsbitte eigentlich stets positiv. Mittlerweile fordern auch viele, dass der Obstkorb keine Bananen aus Kolumbien beinhaltet, auf Plastik im Backstagebereich verzichtet wird. Da ändert sich derzeit gerade einiges“, sagt Accarain. Das freut die Umwelt.

CC:Disco! wird am Sonntag auflegen.

©Paradies Garten/Press

Paradies Garten
Die Besucher des von 5. bis 7. August dauernden Festivals  erwartet ein Mix aus international renommierten und lokal verankerten DJs, die sich auf drei Bühnen durch das große Einzugsgebiet der elektronischen Musik spielen werden – von House über Disco bis hin zu Ambient und Techno reicht die Soundpalette, die von international erfolgreichen Künstlern sowie noch eher unbekannten heimischen Acts gereicht werden wird 

Programm
Rund 50  Acts werden an drei Tagen  auf drei Bühnen (Open Air) auftreten – darunter sind klingende Namen wie DJ Koze, Jayda G., DJ HAAi, Axel Boman, Ben UFO, Gerd Janson und  Âme.
Austragungsort ist das Schloss Prugg in Bruck an der Leitha in NÖ. Infos zur Anfahrt, den Künstlern und Tickets: www.paradiesgartenfestival.at

Coldplay perform in Santo Domingo

Coldplay haben für ihre Tour ein eigenes Nachhaltigkeits-Konzept entwickelt.

©EPA / Orlando Barria

Öko-Toiletten und umweltfreundliche Tour

Wer heute in der Öffentlichkeit gut dastehen will, verpflichtet sich – trotz eventueller geschäftlicher Interessenkonflikte – stets der Nachhaltigkeit. Das gilt für Unternehmen, Marken, aber auch für Musiker und Veranstalter von Konzerten und Festivals. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Nachhaltigkeit kein Thema ist, das nur als behübschendes, grünes Feigenblatt dient. Mittlerweile kann man es sich in vielen Ländern Europas kaum noch imagemäßig leisten, nichts in diese Richtung zu tun.  Viele  Konzepte und Ideen sind visionär, vorbildlich oder zumindest ehrgeizig.  Werbematerial wird auf Blumensamenpapier gedruckt, man setzt beim Shuttle-Dienst auf Elektrofahrzeuge, produziert seinen eigenen Strom mit  Sonnenkollektoren. Es gibt Öko-Toiletten, kompostierbares Geschirr, das kulinarische Angebot kommt von regionalen Produzenten, ist Bio und immer öfter auch fleischlos. 

Zuschauerenergie

Die britische  Band Coldplay hat sich  relativ früh mit dem Thema  beschäftigt. Bereits 2017 hatten die Musiker angekündigt, wegen der großen Umweltbelastung vorerst nicht mehr touren zu wollen. Zunächst sollten Wege gefunden werden, um die Konzerte und das Reisen „umweltfreundlicher“ und mit weniger -Ausstoß zu gestalten.  Diese Wege scheinen nun gefunden worden zu sein – zumindest   touren sie   aktuell mit einem  System, das Energie produziert, wenn die Zuschauer springen. Der Strom für die Bühnenshow wurde teilweise mit Fahrrädern generiert. Und für jedes verkaufte Ticket verspricht die Band, einen Baum zu pflanzen. Man sei aber erst bei 50 Prozent des Ziels, das wir erreichen wollen“, so Sänger Chris Martin.
Als  Pionier in Sachen Nachhaltigkeit gilt  das Oya-Festival in Norwegen.  Entlang eines Fjordes in der Nähe von Oslo gelegen, gilt es als eines der grünsten seiner Art. Von 9. bis 13. August treten dort hochkarätige Musiker wie Gorillaz, Nick Cave & The Bad Seeds auf.

In Österreich kann man in diesem Zusammenhang das Schrammel.Klang.Festival in Litschau (NÖ) nennen, das mit dem Umweltzeichen für Green Events ausgezeichnet wurde.  Auch beim Frequency in St. Pölten (17.–20.8.) gibt es mittlerweile die eine oder andere Idee, die Umwelt zu schonen. Man kann sich etwa freiwillig zum Mülleinsammeln melden. Als Belohnung gibt es einen Festivalpass.
 


 

Marco Weise

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