
Netflix-Serie: Das Stockholm-Syndrom und der talentierte Herr Clark
Die Netflix-Miniserie „Clark“ überhöht einen realen Gangster zum Popstar.
Vor lauter „True Crime“ kann man sich derzeit gar nicht retten. Seien es temporeich geschnittene Dokus über Kriminalfälle – oder fiktionalisierte Serien über echte Serienkiller („Die Schlange“) oder wahre Hochstaplerinnen („Inventing Anna“).
Der aktuellste Versuch einer Auswertung wahrer Verbrechen ist die schwedische Miniserie „Clark“. Erzählt wird in sechs Folgen die unglaubliche Geschichte des Clark Olofsson, 1947 geboren und nach dem Hollywoodstar Clark Gable benannt.
Olofsson wurde nach kleineren Gaunereien und der Verwicklung in einen Polizistenmord zu einem richtigen „Promi-Gangster“, verbrachte sein halbes Leben hinter – Verzeihung – schwedischen Gardinen. Alles gipfelte vom 23. bis 28. August 1973 in der Geiselnahme am Norrmalmstorg im Stadtzentrum von Stockholm. Eine Forderung des Geiselnehmers Jan Erik Olsson war, dass Clark Olofsson – damals in Haft – an den Ort des Geschehens gebracht werden solle.
Nach der dramatischen, live im TV übertragenen Geiselnahme, bei der es auch zu Telefonaten mit Ministerpräsident Olof Palme kam, wurde das heutzutage recht oft zitierte psychologische Phänomen des „Stockholm-Syndroms“ geprägt. Es besagt, dass Opfer eines Kidnappings ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen können.
Syndrom
In der Serie, die in schwarz-weißen Rückblenden auch die schwierige Kindheit Olofssons erzählt, wird das Syndrom auf das gesamte Land übertragen, viele Schweden sollen demnach eine positive Meinung zu Olofsson entwickelt haben.
Regisseur Jonas Åkerlund nützt diese Begebenheit, um den skrupellosen Gangster (gespielt von Bill Skarsgård) mit Hang zu Party, Sex und anderen Späßen in einem Zuviel an Überzeichnung zu einer noch größeren Kultfigur aufzubauen – mit cartoonartigen Zwischensequenzen und hippem Soundtrack.
Was Olofsson selbst – er lebt heute in Belgien – dazu sagt, ist nicht überliefert.
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