NASA-Bilder enthüllen die spektakulären Seiten des Mars
Je länger die Erforschung des Mars andauert, umso erstaunlicher sind die Spuren aus seiner Vergangenheit. Die NASA öffnet für einen Bildband ihr Archiv.
Grüne Haut, mäßig attraktiv, aber dafür mit einem IQ ausgestattet, der jeden Menschen alt aussehen lässt. So hat sich das Erdenvolk meist die Marsmenschen ausgemalt. Dabei geht diese Vorstellung auf ein Missverständnis zurück.
Jahrhundertelang starrten Astronomen mit und ohne Teleskope in den Himmel. Die Griechen kannten ihn als Ares, die Römer als Mars. Wegen seiner blutroten Farbe am Nachthimmel verbanden sie ihn mit dem Gott des Krieges.
Im Jahr 1877 aber, als der Mars der Erde besonders nah war, hatte der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli plötzlich einen scharfen Blick auf den Planeten.
Er beobachtete die Oberfläche und entdeckte Streifen, die er canali nannte – was auf Italienisch einfach "Rillen" bedeutet. Allerdings glaubte man, er schriebe über Kanäle.
Und wer baut so etwas? Nur intelligentes Leben. Und diese falsche Übersetzung sollte die Vorstellung vom Mars über Generationen hinweg prägen.
Erste Sonden der Nasa flogen zum Mars
Die Kluft zwischen Fantasie und Fakten wurde unübersehbar, als die ersten Raumsonden die wahre Natur des Mars enthüllten. In den 1960er-Jahren sandte die NASA ihre Sonden zum roten Planeten.
Am 15. Juli 1965 schickte die "Mariner 4" erstmals Fotos – und die Ergebnisse waren ernüchternd. Statt blühender Städte oder geheimnisvoller Kanäle mit Wasser zeigten die Bilder eine tote, von Kratern übersäte Wüste.
Auch die Viking-Sonden, die 1976 auf der Marsoberfläche landeten, ließen wenig Raum für Hoffnung. Ihre Probenanalysen brachten keine Spur von einer vergangenen Zivilisation oder gar Spuren von aktuellem Leben.
Der Mythos vom Mars als Heimat intelligenter Wesen war damit endgültig widerlegt. Doch das Ende eines Traums war der Anfang eines neuen: Die Vision, den Mars zu erforschen und ihn dann womöglich selbst zu gestalten. Was einst als Heimat einer untergehenden Zivilisation galt, könnte zu einer der größten Herausforderungen der Menschheit werden – die Kolonisierung eines noch sehr fremden Planeten. Eines faszinierenden, aufregenden Planeten.
Endlose Dünen, gewaltige Schluchten und der mit 22 Kilometern höchste Vulkan des Sonnensystems.
NASA öffnet das Mars-Archiv
Der neue 340 Seiten starke Bildband "Mars", der beim Taschen-Verlag erschienen ist, zeigt Aufnahmen aus sechs Jahrzehnten aus dem NASA-Archiv. Und er erzählt von der Erforschung des Nachbarplaneten. Doch die ist enorm schwer.
Rund die Hälfte der Marsmissionen sind fehlgeschlagen, wie James L. Green sagt. Er ist der ehemalige Chefwissenschaftler der NASA und hat an dem Buch mitgearbeitet. Und es muss nicht nur die Technik passen, sondern auch ein planetarisches Zeitfenster. Während die Erde in etwas mehr als 365 Tagen ihre Bahn um die Sonne vollendet, lässt sich der Mars deutlich mehr Zeit: 687 Erdtage benötigt er für eine Umrundung.
Diese himmlische Langsamkeit macht den Flug zum roten Planeten zu einer logistischen Herausforderung. Um den Mars zu erreichen, muss ein Raumschiff nicht nur die Gravitation der Erde überwinden, sondern auch eine komplexe, stark elliptische Bahn um die Sonne einschlagen. Diese muss so präzise berechnet sein, dass sie genau die Marsbahn kreuzt – ein Manöver, das nur unter ganz bestimmten Bedingungen gelingt.
Das Zeitfenster ist eng: Etwa alle 26 Monate befinden sich Erde und Mars auf derselben Seite der Sonne, wodurch die Distanz zwischen beiden Himmelskörpern auf ein Minimum schrumpft. Dann bleiben drei Wochen, um eine Mission auf den Weg zu bringen. "Ein Fenster zu verpassen bedeutet eine Verzögerung um mehr als zwei Jahre", wie Green im Buch verrät. Und das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Menschen fliegen bald zum Mars
Und eines Tages sollen dann auch Menschen mitfliegen. Der Grund? "Der Mars ist kleiner als die Erde, seine Anziehungskraft ist geringer. Gleichzeitig sind seine Berge höher und die Täler tiefer und weiter. Diese außergewöhnliche Topografie soll nicht nur mit Robotern, sondern auch mit menschlichen Forschern genauer untersucht werden", sagt Green zur freizeit. Er rechnet fix damit, dass Menschen in absehbarer Zukunft die rund achtmonatige Hinreise zum Mars antreten werden.
Noch ist der Mensch nur Zuschauer, wenn es um die Erforschung des roten Planeten geht. Stattdessen sind es Maschinen, die den Mars erkunden – allen voran der Rover "Perseverance". Seit seiner spektakulären Landung im Jahr 2021 sammelt er Gesteinsproben von der Größe eines Stücks Kreide und bereitet sie für eine der ambitioniertesten Missionen der Raumfahrtgeschichte vor: ihre Reise zur Erde.
Die Wissenschaft hofft, dass diese Proben endlich Antworten auf einige der größten Fragen liefern: War der Mars vor Milliarden Jahren, als auf der Erde die ersten Lebensformen entstanden, ein blauer Planet? Und vor allem: Hätte auch auf ihm Leben entstehen können? Denn die Forscher vermuten, dass der Planet, der wie die Erde rund 4,5 Milliarden Jahre alt ist, zunächst auf der nördlichen Hemisphäre zu mehr als zwei Dritteln von Wasser bedeckt war.
Mit dem Klimakollaps verschwand das Wasser am Mars
Doch vor drei Milliarden Jahren kam wahrscheinlich der große Klimakollaps. Der Schlüssel zum Untergang: Der Mars verlor sein schützendes Magnetfeld. Ohne dieses unsichtbare Schutzschild hatten die starken Solarwinde freies Spiel. Sie fegten die Atmosphäre Stück für Stück ins All, und mit ihr verschwand auch das Wasser. Der einst feuchte und möglicherweise lebensfreundliche Planet wurde zur augenscheinlich staubtrockenen Wüste, die wir heute kennen.
Aber immerhin entdeckte die Sonde 2011 "Mars Odyssey" Anfang des neuen Jahrtausends Belege dafür, dass es unter der Oberfläche der nördlichen Polkappenregion Wasser gibt. Gibt es bei solchen Bedingungen dann Leben am Mars? "Wenn es Leben gibt, dann in der Kruste", sagt Green.
Bereit für den Heimflug zur Erde?
Doch selbst wenn der rote Planet einst Lebensspuren preisgibt, bleibt die Frage: Wie geht es weiter? Der Nachweis von Leben wäre ein wissenschaftlicher Meilenstein, aber wie sieht es mit dem Rückflug aus? Denn wo es ums Ankommen geht, stellt sich zwangsläufig auch die Frage nach dem Heimweg. Schließlich ist ein One-Way-Ticket zum roten Planeten nach derzeitigem Wissens- und Technikstand keine besonders verlockende Aussicht.
Green verweist auf Ridley Scotts Film "Der Marsianer", bei dem er auch beraten hat. Der Film zeige auf realistische Weise, dass der Abflug zwar anspruchsvoll, aber schaffbar sei. "Die Atmosphäre des Mars ist sehr dünn, sodass beim Start nicht viel Luftwiderstand überwunden werden muss. Der Schlüssel liegt darin, wie der Raketenantrieb unter diesen Bedingungen funktioniert, wie er hergestellt wird und wie viel Masse tatsächlich vom Planeten abheben kann. Genau das untersuchen wir derzeit intensiv."
Doch Marsmissionen stellen nicht nur in Bezug auf den Hinflug und Abflug eine Herausforderung dar. Während von der Internationalen Raumstation Abfälle zur Erde zurückgebracht werden können, ist dies vom Mars aus nicht möglich.
Green: "Daher müssen wir lernen, Ressourcen effizient zu nutzen und Müll zu vermeiden. Je erfolgreicher wir dabei sind, desto wertvoller sind diese Erkenntnisse auch für die Erde."
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