"Layla": Gehört ein Schmarrn verboten, weil er sexistisch ist?

Zwei deutsche Schlagersänger landeten mit "Layla" einen Ballermann-Hit. Auf einem Volksfest wurde der jetzt verboten. Macht das Sinn?

Selten so einen Mist gehört. Wahrscheinlich als letzter Mensch der deutschsprachigen Welt hab ich mir "Layla" von DJ Robin und so einem anderen Heini angehört. Auf Druck der Kollegenschaft in der Redaktion. Weil ich ja über Musik schreibe und so, und also quasi einfach MUSS.

Eh, nur hat die Kiste mit Musik nichts zu tun. Punkt. Sie gehört zu dem EDM Sub-Genre, das nur erfunden wurde, um den eh schon schwer bedienten Besuchern von Großraumdiscos und Partyzelten eine Motivation zu geben, nochmal ihre Fäuste zu ballen und rumzuspringen, sofern die schweren Beine das noch zulassen. Eh okay, jeder braucht sein Hobby.

Soll so ein Schmarrn von Text verboten werden? Ach was, damit schenkt man ihm viel zu viel Beachtung. Musikalische - und es fällt mir wirklich schwer, dieses Wort in dem Zusammenhang zu verwenden - Verbote werden in neun von zehn Fällen zum Marketing-Tool. So auch bei "Layla".

Gruselig ist ja, mit welcher Vehemenz in dem Video gerade die weiblichen Konzertgäste mitsingen... Ein Protest, "wir trauen uns das ... wir lassen uns nichts verbieten..." Der Verbots-Schuss ging jedenfalls nach hinten los, die Menschheit wird's überstehen.

Und warum ist "Layla" schlimmer als etwa "Honky Tonk Women" von den Stones? Oder, weil wir gerade dabei sind, etliche andere Jagger/Richards-Tracks, "Some Girls" zum Beispiel, "Brown Sugar" und, in anderer Hinsicht, "Under My Thumb"? Sexismus zieht sich wie ein roter Faden durch die klassische Rockmusik, ohne dass sich jemand groß darüber aufregen würde.

Und gefühlt 89 Prozent aller Hip-Hop-Tracks sind schwer sexistisch. Auch viele der preisgekrönten Songs. Schon klar, wenn Kendrick Lamar rappt "sit down bitch, be humble", dann meint er damit den Angeber-Rapper im Song selbst, der uns so aufdringlich erzählt, wie toll er nicht ist. Nur denkt kaum einer dran, wenn er den Refrain mitsummt.

So er denn hierzulande überhaupt verstanden wird. Denn zum einen ist es natürlich noch immer die sprachliche Barriere, die uns gegen Sexismen aus dem englischen Raum so immun macht. Wenn der Brite Stormzy im hochgelobten "Vossy Bop" über "facials" sinniert, die er der Freundin eines Bekannten verpasst, versteht man das nicht so gut, wie wenn Young Hurn über "Wichse im Gesicht" nuschelt. Man könnte an dieser Stelle jetzt auch über einen Qualitätsunterschied referieren, eine Meisterklasse in Beat und Flow hier, ein eher willkürliches Gestammel da, aber das ist in diesem Fall nebensächlich. Denn alle diese Songs, egal ob Rock oder Hip-Hop, wurden nicht gemacht, um angetrunkene Ballermann- und Bierzelt-Gäste zum Mitsingen zu animieren. Ein Songwriter will was erzählen, in manchen Fällen lässt er uns ein wenig in seine Seele blicken, manchmal verrennt er sich dabei und entschuldigt sich später, wie Mick für "Brown Sugar".

Wohin uns die Herrn DJ Robin und Schürze blicken lassen wollen, will ich allerdings gar nicht wissen.

Apropos favorite unanständiger Mitgröhl-Songs: Wie sangen die Toten Hosen 1983 so schön? "Ficken, bumsen, blasen, alles auf dem Rasen!" Aber die Jungs, die damals gerade noch in der Maturaklasse waren, nannten sich eben auch selbstironisch "Tote Hosen". Dann darf man das.

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Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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