Unpopular Opinion: Wir sind das einzige Land, das Mehlspeisen kann

Linzertorte, Apfelstrudel, Mohnzelte und Nußstollen: Österreich ist das einzige Land, in dem Mehlspeisen nicht nur nach Zucker schmecken.

Alles begann mit der Idee, Cupcakes zu machen - Pinterest sei dank. Diese dekorativen Dinger mit buntem Topping in Farbverläufen von Rosa bis Blau - herrlich! Was tut man 2022, wenn man spontan ein neues Rezept probieren will? Man konsultiert YouTube. Schnell stolpere ich über "Cupcake Gemma" aus London, die in zwei einfachen Videos schnell erklärt, worauf es bei Cupcakes und der passenden Buttercreme ankommt. 

Geschaut, getan. Die Cupcakes sehen zwar nicht ganz so perfekt aus wie bei Gemma, aber "Übung macht den Meister", denke ich und beiße hinein. Um ihn sofort wieder auszuspucken. Die Buttercreme ist picksüß und schmeckt fast schon künstlich. Aber klar, was hatte ich erwartet, wenn ein Rezept aus 150 Gramm Butter und 340 Gramm Staubzucker besteht - und sonst nichts!

Austrians do it better

Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, da ich einige Zeit in England gelebt habe. Neben gutem Brot gingen mir vor allem Mehlspeisen ab. Wenn ich bei einer Gartenparty eingeladen war, wurde mir eine "delicious tarte" versprochen, die für meinen feinen österreichischen Gaumen eine Beleidigung war. Aber so ist es eben mit der englischen Küche: Briten werfen Pasta in kaltes Wasser und kennen den Ausdruck "al dente" nicht. Sie glauben, Marmite sei ein besonders toller Brotaufstrich. Und sie haben den Glaubenssatz, dass eine Süßspeise nur dann gut ist, wenn sie so süß wie physikalisch möglich ist. 

Im Vergleich zu englischen Süßspeisen sind Zaunerstollen oder Kardinalschnitte eher herb bis salzig. Warum die Briten so auf Sachertorte abfahren, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. 

Aber auch wenn ich an die Briefsendungen aus Jugendtagen zurückdenke, wird mir schlecht. Mit 16 war meine beste Freundin ein Jahr auf Austausch in Washington State und schickte regelmäßig "Carepakete" mit amerikanischen Süßigkeiten, die so ekelhaft waren, dass sogar eine "Siaße" wie ich das Zeug im Müll verschwinden ließ. 

Und auch hier in Wien spaziere ich voller Selbstbewusstsein an internationalen Bäckereien vorbei. Ich lasse mich gerne mit Moussaka oder Kebab von einem türkischen Gastwirt einfangen - aber Baklava? Fehlanzeige! 

Eine Mehlspeise muss nach dem schmecken, was drinnen ist. Punkt. Ein Nussstollen ist süß, muss aber nach Nuss schmecken. Ein Mohnzelterl nach Mohn und ein Apfelstrudel nach... richtig, Apfel!

Wir Österreicher sind wohl die einzigen, die das kapieren. 

Obwohl. Die Franzosen machen schon recht gute Makronen und Croissants. Und ja, die Italiener sind recht gut in Tiramisú und Panna Cotta. Ich gebe zu, in Sizilien gibt es saugeile Cannoli. Und die Polen haben uns die Pavlova gebracht (die zwar auch sehr süß ist, aber belegt mit sauren Beeren und Minze schon einiges kann). Und dann wären da noch tschechische Kolatschen.

Hmm. Ok. 

Können wir uns darauf einigen, dass wir Österreicher die beste Sachertorte machen?

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Sandra Keplinger

Über Sandra Keplinger

Seit Sommer 2021 im KURIER Medienhaus, zuerst als Digital Producer für die Freizeit, jetzt im Audience Development tätig. Sie arbeitete als Foto- und Modechefin beim WIENER, schrieb über das Mode-Business in der DIVA und war CvD bei Falstaff.

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