Kabarettistin Angela Ascher und die Leiden der Frau über 40

Angela Ascher feiert Wien-Premiere. In ihrem Programm widmet sie sich pubertierenden Töchtern, unrealistischen Schönheitsidealen und Ärger mit den Männern.

Was braucht es, um sich selbst zu lieben? So wenig und doch so viel. Auch als Frau und in der Mitte des Lebens angelangt, also ab 40. Angela Ascher wirft einen witzigen Blick auf diese Phase in ihrem ersten Kabarettprogramm "Verdammt, ich lieb mich". Die charmante Bayerin widmet sich dem Thema Selbstliebe und untersucht es in Hinsicht auf Emanzipation, Liebe, Sex, Männer oder Mutterschaft von zwei Teenagern. Am 23.10. gibt Ascher damit in der Kulisse ihre Wien-Premiere. Am 5.4. 2025 tritt sie in Linz auf.

Im Interview spricht Angela Ascher über:

  • Ihre Scheidung und die folgende Krise
  • Warum Instagram eine Plage ist
  • Ob Frauen weniger lustig sind als Männer

Wie kam es zur Idee, ein Programm über Selbstliebe und Narzissmus zu schreiben? 

Ich wollte von Anfang an ein sehr persönliches Kabarett schreiben. Es handelt von einer Frau Mitte 40 und allen Höhen und Tiefen, die sie durchläuft. Ich wollte, dass die Frauen im Publikum sagen: Stimmt, genau so ist das Leben. Man kann richtig gut drüber lachen und ist nachher glücklicher als vorher. Aber auch Männer finden’s lustig. Ich schließe Männer nicht aus, bin keine Männerhasserin – ich liebe die Männer.

Frauen in der Mitte des Lebens – hat es an Ihrem Selbstbewusstsein genagt, 40 zu werden?

40 zu werden hat mich nicht deprimiert. Ich habe mir mehr den Kopf darüber zerbrochen, welche Ziele im Leben ich noch nicht erreicht habe oder was ich mich noch nicht getraut habe. Anfang 40 wusste ich dann, ich muss Comedy machen. Mir geht es gut mit dem Älterwerden, am liebsten könnte jetzt, mit 46, die Zeit für mich stehen bleiben, weil ich zufrieden mit mir bin. Ich muss keine 20 mehr sein.

Gab es den Hauch einer Krise?

Ich bin geschieden, das passierte in dieser sogenannten Lebensmitte, das hat mich damals schon in eine Krise versetzt. Ich musste mich neu orientieren, bin zudem nach München gezogen, um beruflich noch mal Vollgas zu geben. Ich habe mir klar gemacht: Wenn nicht jetzt, wann dann? Da muss man ehrlich mit sich selbst sein. Man ist nicht mehr ganz jung, kann nicht ewig warten. All das war auch eine Chance, es anzupacken.

Ihre zwei Töchter waren da schon aus dem Gröbsten raus.

Gleichzeitig hat es geschmerzt zu merken, wie man früher für sie als Königin gegolten hat und plötzlich vom Thron gestoßen wird. Das ging über Nacht. Jetzt finden die ihre Mama nur noch peinlich und wollen nicht mehr so viel mit ihr zu tun haben. Aber das habe ich überwunden. Die Comedy ist jetzt mein drittes Baby.

Sie thematisieren Schönheitsideale im Internet – ein Graus?

Ich finde diese permanente Selbstoptimierung furchtbar. Instagram ist eine Plage. Natürlich will man selbst nicht ausschauen wie der letzte Mensch. Aber es geht nur noch darum, wie man wo noch ein paar Gramm Gewicht verliert oder welches Mittelchen schöne Haare macht. Das ist krankhaft und macht unglücklich. Keiner will sich mehr so akzeptieren wie er ist, jeder will etwas Besonderes sein.

Sich aus den sozialen Medien auszuklinken wäre eine Option.

Geht von Berufs wegen bei mir nicht. Dafür schaue ich darauf, authentisch zu bleiben, verzichte auf Filter und oft auf Make-up. Ich muss mich aber auch nicht ins schrecklichste Licht stellen, wenn ich ein Foto mache.

Demnächst live in Wien: Ascher mit ihrem Programm "Verdammt, ich lieb' mich"

©frank luebke

Ihre Töchter sind 15 und 17 Jahre alt. Wie sehen Sie diese Generation im Vergleich zu früher?

Bei uns daheim war früher der Papa der Chef, das ist in Bayern nun mal so. Ich habe dieses System hautnah mitgekriegt, selbst auch weitergetragen. Erst in den vergangenen Jahren habe ich mich zu einer starken und eigenständigen Frau entwickelt. Meine Töchter sind selbstbewusste Mädchen, sie müssen als Frau keine Kämpfe mehr austragen, die fühlen sich nicht benachteiligt von irgendetwas. Verwöhnt von den Eltern, sind sie halt und daran gewöhnt, dass man alles für sie macht. Das Thema Gendern zum Beispiel ist ihnen hingegen völlig wurscht.

Ich wollte lieber Tragödin werden. Sogar weinen kann ich auf Kommando. Aber die Leute wollten mich immer nur in den lustigen Rollen sehen.

Angela Ascher

Es heißt immer, es gibt zu wenige Kabarettistinnen. Ich frage das mit Absicht zugespitzt: Sind Frauen weniger lustig als Männer?

Nein, sicherlich nicht. Vielleicht machen mehr Männer als Frauen Kabarett, weil sie sich weniger hinterfragen. Sie scheißen sich nix und das darf man auch nicht, wenn man sich auf eine Bühne stellt. Und Kabarett ist Königsklasse, man steht nur mit Mikro allein vor dem Publikum. Da gehört wirklich Mut dazu. Männer werden schon als Bub dazu erzogen, mutig zu sein. Frauen dagegen von Anfang an als das zarte Geschlecht angesehen. Allerdings tut sich gerade was, viele Frauen drängen nach.

Wie narzisstisch sind Sie? 

Narzisstisch bin ich nicht, aber eine Rampensau. Privat muss ich allerdings nicht im Mittelpunkt stehen.

Doppelt hält besser: Angela Ascher mal zwei. „Narzisstisch bin ich nicht“, sagt sie, „aber eine Rampensau.“ Privat müsse sie hingegen nicht im Mittelpunkt stehen

©frank luebke

Hat man als Bayerin einen komödiantischen Vorteil, weil man immer den Sympathiefaktor auf seiner Seite weiß?

Ich hoffe! Ich habe aber auch keine Wahl, ich kann lustig sein nur auf Bayerisch, in meiner Muttersprache. Es ist eine gute Sprache, um Comedy zu machen. Sie erlaubt einen, charmant zu sein und trotzdem hart, und man kann seine Gags gut setzen.

Angela Ascher

Angela Ascher

Angela Ascher wurde 1977 in Landshut, Bayern, geboren. Sie spielte unter anderem am Thalia Theater in Hamburg und am Schauspielhaus in Wien. Im TV spielte sie u. a. im "Tatort", in "Rosenheim Cops" und "Watzmann ermittelt". Seit 2024 erstes Comedyprogramm "Verdammt, ich lieb' mich". Sie hat zwei Töchter. 

Ihr Vater war Volksschullehrer und sehr streng. Wie erfreut war er, als Sie Schauspielerin werden wollten?

So streng war er nicht, aber laut – ein richtiger Bayer. Die Idee Schauspiel fand er nicht so toll. Erst als ich beim Nockherberg-Fest aufgetreten bin, eine Humor-Institution in Bayern, war das sozusagen legitimiert. Dabei wollte ich lieber Tragödin werden, habe großen Zugang zu meinen Emotionen. Sogar weinen kann ich auf Kommando. Aber die Leute wollten mich immer nur in den lustigen Rollen sehen. Mittlerweile bin ich glücklich darüber. Es gibt nichts Schöneres, als die Leute zum Lachen zu bringen. Humor ist ein legales Antidepressivum.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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