Gerhard Liebmann: „Ich würde gerne einmal international auf Englisch drehen“

Interview mit Schauspieler Gerhard Liebmann: Good Bye, Lenin

Gerhard Liebmann wurde als Vizeleutnant „Eismayer“ für eine ROMY nominiert und musste dafür erst Salutieren lernen.

Wenn man Schauspieler fragt, ob sie lieber Theater spielen, oder Filme drehen, antworten sie meist wie aus der Pistole geschossen: „Beides.“

Nicht so Gerhard Liebmann. Theater? Spielt er schon länger nicht mehr.

Seine Liebe gilt ganz klar dem Film: „Vielleicht bin ich ja blöd“, fügt er entschuldigend hinzu, „aber ich langweile mich meist im Theater. Das Gefühl der Unmittelbarkeit, das so viele schätzen, stellt sich bei mir im Kino mehr ein, als wenn im Theater live gespielt wird.“

Sehr live fühlt sich seine Darstellung als Charles Eismayer an, die Titelrolle in David Wagners Spielfilmdebüt „Eismayer“: Herumbrüllen, Salutieren, Rekruten schikanieren – Gerhard Liebmann spielt den gefürchteten Ausbildner im österreichischen Bundesheer mit einer Bestimmtheit, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.

Dabei war der in Graz geborene Schauspieler im echten Leben Zivildiener: „Was das Bundesheer betrifft, war ich ein weißes Blatt“, erzählt Liebmann fröhlich: „Vor dem Dreh hatten wir eine Einschulung. Ich bin von Charles Eismayer persönlich instruiert worden, wie man richtig salutiert.“

„Eismayer“ basiert auf der Lebensgeschichte von Vizeleutnant Charles Eismayer. In der Öffentlichkeit rabiater Macho und Familienvater, führte Eismayer ein Doppelleben als schwuler Mann – bis er sich in einen Soldaten namens Mario Falak verliebte. Die beiden werden ein Paar und lassen sich im Jahr 2014 in der Kaserne verpartnern.

Zur Rollenvorbereitung rief Gerhard Liebmann den Vizeleutnant an, um sich vorzustellen. Auf die erste Frage, wo er denn eingerückt war, musste er gleich mit „Tut mir leid, ich war Zivildiener“ antworten. „Dafür töte ich dich!“, knirschte Eismayer nach langer Stille durchs Telefon – was Liebmann doch einigermaßen erschreckte. Letztlich habe sich aber „alles gut aufgelöst. ,Dafür töte ich dich‘ gehört bei ihm zum normalen Sprachgebrauch.“

Gerhard Liebmann (re.) in der Titelrolle "Eismayer"

©Filmladen

„Echte Menschen“ darzustellen, zählt zu den größten Herausforderungen, zumal dann, wenn man von ihnen beobachtet wird: „Eismayer ist während des Drehs öfters vorbei geradelt und hat zugesehen, wie ich ihn spiele. Das war ein seltsames Gefühl."

Landleben

Seine erste Hauptrolle spielte Gerhard Liebmann, selbst „gerne in den Bergen unterwegs“, in Marvin Krens Alpenhorror „Blutgletscher“: „Die Arbeit mit den Horror-Creatures hat großen Spaß gemacht. Dafür habe ich den österreichischen Filmpreis bekommen.“ Im Weiteren ergab sich eine besonders produktive Zusammenarbeit mit Andreas Prochaska – vor dessen Kamera er auch schon in „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ stand – mit Filmen wie „Das finstere Tal“ oder dem Land-Krimi „Wenn du wüsstest, wie schön es hier ist“.

Liebmann selbst kommt vom Land, lebt am Land und spielt oft Personen aus dem ländlichen Bereich: „Das sind spannende Rollen, und ich mag das sehr. Das bin eher ich als das Großstädtische.“

Gerhard Liebmann ist für seine Rolle als Vizeleutnant "Eismayer" für eine ROMY in der Kategorie Beliebtester Schauspieler nominiert

©Kurier/Franz Gruber

Auch in sogenannten Nebenrollen – als Pfarrer in „Lourdes“, als Bewährungshelfer in „Atmen“, als trauernder Vater in „Das Wunder von Kärnten“ – sticht er durch einprägsame Präzision hervor: „Ich beschäftige mich gerne lange mit den Menschen, die ich spiele. Ich mag Genauigkeit.“

Derzeit dreht er gerade an der Mini-Serie „Kafka“ von David Schalko („Die Drehbücher sind großartig!“). Serien würden ihn generell interessieren: „Ich würde es spannend finden, lange an einer Figur dranzubleiben.“

Das Angebot des russischen Regisseurs Andrei Kontschalowski, in Moskau zu drehen und Lenin zu spielen, hat er rundweg abgelehnt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass derzeit in Moskau Regime-kritische Filme gedreht werden. Das kann ich nicht unterstützen.“

Fakten

Gerhard Liebmann
Geboren 1970 in Graz,  arbeitete er am Landestheater in Linz und im Schauspielhaus Graz  

Liebe zum Film
Sein Film-Debüt gab Liebmann in der Josef-Haslinger-Verfilmung „Opernball“ (1998). Weitere Rollen: „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“, „Blutgletscher“, „Wenn du wüsstest, wie schön es hier ist“, „Murer – Anatomie eines  Prozesses“, „Eismayer“

Das Voting
Gerhard Liebmann ist  in der Kategorie Beliebtester Schauspieler ROMY-nominiert, abstimmen kann man bis 19. März auf romy.at

Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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