Elton John musste wegen einer Haschpfeife Federn lassen

Nach über 50 Jahren trat Elton John mit der Farewell Yellow Brick Road-Tour von der Bühne ab. In einem Buch verrät er, warum er aufhörte und wo er kollabierte.

Da kann der Papa noch so reich und berühmt sein. Dass die Kinder später einmal den Beruf Sohn angeben und sich nur auf die väterliche – sicherlich üppige – Apanage verlassen, wollte er nicht.

Die Schulbildung seiner beiden Söhne war Elton John am Ende doch wichtiger, als bei seinen heiß geliebten Konzerten in kunterbunten Outfits auf der Bühne zu sein und am Klavier seine nicht wenigen Hits zu klimpern. 

Was die Söhne mit dem Bühnenabschied zu tun hatten

Als der Star und sein Ehemann sowie Manager, David Furnish, den Stundenplan ihrer Kinder mit dem Tourkalender abglichen, wurde schnell klar: Beides unter einen Hut zu bringen, war unmöglich.

"Ich konnte nicht an zwei Orten gleichzeitig sein", gesteht John. Auf die Frage, wo er lieber wäre, antwortete der Star ohne zu zögern: "Natürlich bei meiner Familie."

Ein Einschnitt: "Ich bin mein ganzes Leben lang auf die eine oder andere Weise Künstler gewesen – schon lange bevor ich zu Elton John wurde. Vor Publikum auf einer Bühne zu stehen, dafür lebe ich", schreibt er.

Dennoch brauchte es eine Abschiedstour. Und zwar eine gigantische mit dem Titel "Farewell Yellow Brick Road". So heißt auch ein neuer Bildband mit dem Untertitel: "Die Tour meines Lebens", der am 15. Oktober im Riva Verlag erscheint.

Elton John von hinten fotografiert. Er steht in glitzerndem Mantel auf der Bühne. Vor ihm das volle Dodgers-Stadion in Los Angeles

Das glitzernde Outfit stammt von Gucci und ist  von einem Baseball-Trikot der LA Dodgers aus dem Jahr 1975 inspiriert. Elton John trug das Stück im Dodger Stadium   

©Ben Gibson

Darin gibt der Rocket Man intime Einblicke in seine rekordbrechende letzte Tournee mit 331 Konzerten in Nordamerika, Europa und Ozeanien. Es ist das finale Kapitel einer der größten Karrieren der Musikgeschichte. Elton John startete seine Abschiedstour im Jahr 2018 und setzte sie pandemiebedingt bis 2023 fort. Der Musiker war der Erste überhaupt, der 900 Millionen Dollar verdiente. Mittlerweile hat ihn Taylor Swift eingeholt.

Darum waren Auftritte Lichtblicke in dunklen Phasen

Die Auftritte und die Touren waren, wie er schreibt, schon ab Mitte der 1970er Lichtblicke in einer dunklen Phase. "Ich war extrem reich und berühmt, aber auch extrem unglücklich. Ich geriet in eine Sucht." Der Alkohol hatte ihn gefangen genommen. "Nur bei Liveauftritten hatte ich das Gefühl, mich wirklich unter Kontrolle zu haben." Was neben dem halbwegs guten Gefühl bei Konzerte nie fehlen durfte: die bunten Outfits des Paradiesvogels, in die er sich seit seiner ersten US-Show in Los Angeles 1970 schmiss.

Elton John sitzt am Kalvier, er lehnt sich leicht zurück und schmeißt seinen rechten Fuß auf die Tastatur

Wie in den Siebzigern schmeißt er die Füße aufs Klavier.

©Ben Gibson

"Wenn man die ganze Zeit am Klavier sitzt und nicht wie ein typischer Frontsänger auf der Bühne umherspringt, dann muss man sich eben was einfallen lassen", erklärt der Musiker. "Deshalb begann ich, mich anders, fast schon cartoonartig zu kleiden. Ich war nicht wie Rod Stewart oder Mick Jagger, ich war kein Sexsymbol." Und wer nicht mit Tanzeinlagen oder Schlafzimmerblick begeistert, muss in die Gewandkiste greifen.

Elton und das Problem mit Federn

Bei seinen Bühnenkostümen war alles Erdenkliche dabei: etwa ein mit Pailletten verziertes Baseball-Outfit der Los Angeles Dodgers. "Da gab es einen schwarzen Neoprenanzug, der mit bunten Bällen bedeckt war. Einen silbernen Raumanzug mit einem langen Umhang", berichtet er im Buch. Und natürlich das farbenreiche Federkostüm, das ich bekanntlich bei der Muppet Show getragen hatte. Es war riesig und es machte enorm viel Spaß, es zu tragen, obwohl ich beim Singen immer Federn in den Mund bekam."

Elton John singt am Klavier. Hinter ihm steht ein Gitarrist im schwarzen Anzug.

Mit seinem Gitarristen Davey Johnstone in Atlanta, seinem damaligen amerikanischen Zuhause. 

©Ben Gibson

Für die Outfits seiner Abschiedstournee arbeitete er mit dem damaligen Kreativdirektor von Gucci, Alessandro Michele, zusammen, den er 2016 bei einer Oscar-Party kennengelernt hatte. Er war von der Begegnung so inspiriert, dass er sogar begann, die Elton-John-Outfits in seine Gucci-Kollektionen einfließen zu lassen. 

Und er führte Elton John vor Augen: "Es ist kaum zu glauben, wie verrückt ich damals nach exzentrischer Kleidung war. Wenn es um Mode ging, verhielt ich mich wie ein großer Junge in einem Süßwarengeschäft."

Elton Jhn im Blumensakko auf der Bühne. Er steht nahe bei den Fans, die ihm zujubeln

Der Star im Madison Square Garden in New York. Er genießt hier die letzten Momente auf der Bühne des Big Apple 

©Ben Gibson

Im Buch erwähnt Elton John auch eine Stadt, die manchmal wirkt wie aus der Zuckerlwerkstatt oder aus der Konditorei: Wien.

Die Konzerte hier waren der Auftakt des ersten Europa-Abschnitts. Immerhin habe er hier immer gerne gespielt – auch wenn die Premiere eher logistische als nostalgische Gründe gehabt habe. Aber die Wehmut blieb nichtsdestotrotz nicht erspart: "Dies werden unsere letzten Konzerte in Wien sein", rief er den Zuschauern zu. 

Und Worte des Lobes hatte er auch noch mit im Gepäck: "Wir kommen seit beinahe 50 Jahren hierher und ihr wart stets gut zu uns. Wir werden also dafür sorgen, dass ihr so viel Spaß wie möglich haben werdet." Und das hatte das Publikum offenbar. Mitunter gab es auch Trauertränen: "Am Ende des Konzerts spürte ich die Emotionen, die in der Luft lagen."

Fliegende Haschpfeife

Nicht nur wohlgesonnen war offenbar jemand bei einem USA-Konzert in Greensboro im Jahr 1974. Das ist bis heute für ihn ein denkwürdiges Ereignis. Da schleuderte jemand eine Haschpfeife aus Metall auf die Bühne. "Ich sah sie nicht kommen. Die silberne Pfeife knallte gegen meine Schläfe, ließ Blut fließen und ich wurde komplett bewusstlos. Die Band spielte weiter, weil sie einen Moment brauchte, um zu realisieren, was passiert war. Sie erzählten mir später, dass sie dachten, ich sei angeschossen worden, weil sie sahen, wie mir das Blut übers Gesicht lief."

Der getroffene Paradiesvogel kam im Backstagebereich – umgeben von Federn – wieder zu sich. Sanitäter wickelten ihm den Kopf ein. Und Elton John wollte unbedingt wieder raus auf die Bühne: Denn was bedeutete eine kleine Kopfwunde, wenn Tausende von Fans auf meine Rückkehr warteten?

Buchtipp

Buchtipp

Elton John: Farewell Yellow Brick Road Die Tour meines Lebens, Riva Verlag, 256 Seiten, 27,50 Euro.

Nach dem Knall kam er damals wieder zurück auf die Bühne. 2023 sollte es umgekehrt kommen: "Ich habe immer gesagt, dass ich mit einem Knall abtreten würde." Es war zwar nicht das offizielle Ende der Tour – das große Festival Glastonbury war dann offenbar der richtige Ort, um sich endgültig vom Heimatland England zu verabschieden.

 Und dann war er Headliner neben den Arctic Monkeys, den Chemical Brothers, Lizzo oder den Guns ’n’ Roses. "Ich hätte nie gedacht, dass ich bei diesem Open-Air-Festival spielen würde, aber da stand ich nun auf der Pyramid Stage, während über meinem Kopf ein Feuerwerk explodierte." Und dann fühlte sich alles richtig an: "Es schien der richtige Weg zu sein, um meine Tourkarriere angemessen zu beenden."

Ein entspannter Elton

Es scheint, als fiel danach einiges von ihm ab, das sich im Laufe der Jahrzehnte aufgestaut hatte: "Ich war immer unterwegs, auf dem Weg zu einem anderen Veranstaltungsort in einer anderen Stadt, und für die Müden gab es keine Pausen." Nach dem großen knalligen Abtritt von der Bühne kam offenbar auch keine große Leere: "Heute bin ich viel glücklicher. Ich bin sesshaft und zufrieden. Ich habe mich entspannt."

Wie man seinen inneren Frieden finde? "Ich rate sicherlich nicht dazu, sich eine Haschpfeife an den Kopf werfen zu lassen, aber es ist eine gute Lektion, wie man wieder aufsteht, wenn man niedergeschlagen wurde." Ja, man solle im Leben nicht alles so ernst nehmen, denn eines soll man sich immer vor Augen halten: "Es gibt Freude in den lächerlichen Momenten, wenn man sie finden kann. Glaubt es dem Typen im Federkostüm: Das kann man."

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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