50 Cent bei einem Konzert in Sevilla. Fotos vom Wien-Konzert haben wir leider keine.
Musik

50 Cent in der Wiener Stadthalle: Die Inflation steht auf der Bühne

Der (einstige) US-amerikanische Rap-Superstar gastierte in Wien. Für viel Geld gab es relativ wenig. Die Zeiten sind bekanntlich hart.

Rund um die Wiener Stadthalle duftet es am Mittwochabend mehr nach Gras als für gewöhnlich. Eine Gruppe Jugendlicher geht bei Rot über die Straße, was Autofahrer zu einer harten Bremsung zwingt. Aber sie zeigen Verständnis, denn so viel Gangster darf schon sein. Immerhin ist 50 Cent in der Hood. Und das war einmal jemand. 

Oder sagen wir so: Es gibt definitiv langweiligere Biografien als jene von Curtis James Jackson III, besser bekannt unter seinem Künstlernamen 50 Cent. Seinen Vater kennt der US-Rapper nicht, seine Mutter wurde ermordet, als er acht Jahre alt war. Mit zwölf Jahren verdiente er sein Geld als Crackdealer, er wurde bereits mehrfach angeschossen, beantragte 2015 wegen eines Sexvideos Privatkonkurs, obwohl er in seinem Leben mit diversen Geschäften Millionen verdiente.

Der im New Yorker Stadtteil Queens aufgewachsene Rapper 50 Cent hat in seinem Leben bisher rund 30 Millionen Platten verkauft. Die meisten davon Anfang der Nullerjahre, vor allem das auch heute noch gefällige Debütalbum "Get Rich or Die Tryin" (2003) war ein Mega-Erfolg. Danach wurde der musikalische Output beständig schlechter, sein Superstarleben peinlicher, bis er es irgendwann selbst einsah und aufhörte. Zumindest mit dem Schreiben neuer Songs – sein letztes Studioalbum "Animal Ambition: An Untamed Desire To Win" legte er 2014 vor. Seither geht bei 50 Cent wenig.

50 Cent bei einem Konzert in Sevilla.

©APA/AFP/CRISTINA QUICLER

"Wetten, dass..?"

Dass sich 50 Cent am Mittwochabend zum zweiten Mal in der Wiener Stadthalle blicken lässt, 2013 nahm er etwas verwirrt neben Cindy aus Marzahn bei Markus Lanz auf der „Wetten,  dass..?“-Couch Platz, ist wohl ein leidiges Übel: Der Typ braucht (frisches) Geld. Die Zeiten sind bekanntlich hart. Das gilt nicht nur für 50 Cent, sondern auch für Journalisten, die erst einmal draußen bleiben mussten.

Es ist 20 Uhr. Eine sich nur zäh auflösende Schlange voller gut gelaunter (junger) Menschen steht im Foyer der Wiener Stadthalle und wartet – auf Karten, die sie irgendwo gewonnen haben. Manche wissen zwar nicht einmal mehr, wo sie da eigentlich mitgespielt haben, sind nur die Begleitung, oder die Begleitung der Begleitung, die auf der Gästeliste steht (oder stehen sollte). Warum sind hier sind, wissen aber alle Wartenden: 50 Cent. Super Typ und so.

Noch immer nicht

Es ist 21 Uhr. 50 Cent steht schon seit einer halben Stunde auf der Bühne, während immer noch rund zehn Menschen in der Schlange (für Gästeliste) stehen. Ich gehöre dazu, warte mit Journalistenkollegen auf meine Pressekarte, die uns vom Berliner Konzertveranstalter zugesagt wurde. Aber die dafür zuständige Person geht nicht ans Telefon. Die freundliche und besonnene Kartenabreißerin und Gästelistenwächterin, die für das ganze Chaos nichts kann, hat am Ende mit den Journalisten Mitleid und händigt uns eine Karte aus.

Die Hälfte des Konzerts ist zu diesem Zeitpunkt aber bereits vorbei. Wer erst jetzt in die Halle kommt, hat (angeblich) Hits wie "Hate It or Love It" oder "P.I.M.P." verpasst. Einerseits. Andererseits hat man nicht viel verpasst, denn das, was 50 Cent da mit seinen Mitstreitern auf der Bühne abliefert, ist ein Witz – leider ein ziemlich schlechter. Denn die Bässe (aus der Konserve) sind ohrenbetäubend laut. Der im Mezzanin sitzende Live-Schlagzeuger versucht irgendwie den Takt zu halten, scheitert aber mehrfach. Der DJ neben ihm wippt immerhin noch im Rhythmus zum Beat, während sich zwei Typen hinter ihren Keyboards verstecken. Im Erdgeschoß steht der wuchtige 50 Cent und wird von drei mir nicht näher bekannten Rappern textlich unterstützt und angefeuert. Es gibt dann auch noch einen Gitarristen (für was?) und natürlich halbnackte Tänzerinnen. Im Hintergrund werden Videos aus besseren Tagen abgespielt, die Geldscheine werden gezählt und die Pistolen poliert. Auf und neben der Bühne wird geraucht. So viel Gangster darf schon sein.

Schlechter Deal

Grob geschätzt haben 7.000 Menschen dafür bezahlt (gefühlt 500 standen davon auf der Gästeliste) 50 Cent dabei zuzusehen, wie er hölzern im Ferrari-T-Shirt über die Bühne schreitet und rund 30 seiner Songs kurz anstimmt. Gerne nicht länger als 30 Sekunden. Darunter ein Cover von Snoop Dogs „The Next Episode“, "Hustler's Ambition", "Big Rich Town" und sein Über-Hit „In da Club“, bei dem es Konfetti regnet. Abgang.

Es ist 21.30 Uhr. Wars das schon wieder, fragen sich einige. Nein! 50 Cent braucht nur neue Kleidung fürs Finale. Dieses fällt dann aber sehr verhalten aus, weil er alle Trümpfe, also Hits bereits angespielt hat. Es ist das schwache Ende eines verzichtbaren Abends, bei dem man für knapp 100 Euro nur 50 Cent bekommt. Das ist ein ziemlich schlechter Deal. Dagegen ist die derzeitige Inflation ja ein Lärcherlschas.

Marco Weise

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