Wie man beim Eierpecken siegt: Mit Wissenschaft und Omas Schummeleien

Theorien und Thesen darüber, wie man beim Eierpecken gewinnt, gibt es viele. Ohne zu schummeln geht es aber kaum.

Es ist ein erbitterter Kampf, der da am sonntäglichen Ostertisch ausgetragen wird. Es geht – man ahnt es – ums Eierpecken. Wer gewinnt, erntet Ruhm und Anerkennung. Noch dazu, wenn er eine ganze Siegesserie vorweisen kann.

Reiner Zufall? Mitnichten. Wer im österlichen Zweikampf obsiegen will, sollte sich an einige Tipps und Tricks halten. Die Wissenschaft spielt – wie so oft – eine Rolle. Wer aber, wie einst die Großmutter des Autors, gekonnt schummelt, dessen Chancen steigen ebenfalls.

1. Auf die Schale kommt es an

Klar. Je dichter die Schale, desto stabiler ist sie. Entscheidend für die Beschaffenheit ist die Ernährung des Huhns, noch wichtiger ist sein Alter. (Das des Huhns, nicht des Eis.) Je jünger ein Huhn, desto proteinreicher – und fester – die Schale.

Unnützes Wissen, das sich kurz vor dem Duell bestenfalls für eine altkluge Anekdote eignet, mit der man den Gegner aus der Konzentration bringen kann. Wirklich weiterhilft es uns aber nicht.

Über die alte Weisheit, dass braune Schalen widerstandsfähiger seien als weiße, streitet die Wissenschaft. Wer die Ausgangsfarbe der Schale nach dem Färben noch erahnen kann, sollte im Zweifelsfall dennoch zum braunen Ei greifen. Auch kleineren, spitzeren Eiern wird eine bessere Widerstandsfähigkeit attestiert als großen.

Wichtiger ist die genaue Inspektion des gewählten Duell-Eis. Hat es beim Kochen Schaden genommen? Schon kleinste Haarrisse in der Schale mindern die Chance auf den Sieg.

2. Die Regeln klar definieren

"Spitz auf Spitz, Arsch auf Arsch." Die alte Regel ergibt durchaus Sinn. Sollte der Gegner versuchen, sich mit seiner Spitze unbotmäßig dem eigenen Eierarsch zu nähern, ist Feuer am Dach. Die Spitze ist widerstandsfähiger, da sind sich Wissenschaftler einig. (Daher auch – siehe Punkt 1 – der Griff zu einem möglichst spitzen Ei.)

Nun geht es um die richtige Ausgangsposition. Diese hängt stark von den Traditionen ab, die Zuhause gelebt werden: Nähern sich die Kontrahenten frontal und schlagen gleichzeitig? Oder darf einer zuerst (von oben) angreifen und zuschlagen, während der andere (unten) den Spitz hinhalten und den Angriff parieren muss?

Wir plädieren hier für die zweite Variante, weil sie mehr Spielraum für Taktik und Technik lässt – und etwas eleganter wirkt als der Duell-artige, frontale Hahnenkampf am Esstisch.

3. Der richtige Angriff

Wer einst regelmäßiger Zuseher von "Wetten Dass" war, ist nun klar im Vorteil: Immer wieder machten sich Wettkandidaten die hohe Belastbarkeit von Eiern zunutze, um (mehr oder weniger) tollkühne Kunststücke zu präsentieren.

Im Mai 1992 fuhr etwa ein – wer sonst! – österreichischer Kandidat auf Skiern über eine zehn Meter lange Schanze aus rohen Eiern. (Ganz sicher gab es auch eine Bagger-Wette, aber das ist ein anderes Thema.)

Wir haben damals im TV also gelernt: Eier sind sehr belastbar. Eine Last von zehn Kilo oder sogar mehr können sie tragen, das ergaben wissenschaftliche Experimente.

Das allerdings gilt nur für die Spitze des Eis. Heißt fürs Pecken: Wird das Ei zentral auf der Spitze getroffen, so können sich die einwirkenden Kräfte gleichmäßig verteilen – und das Ei bricht nicht.

Es gilt beim Pecken also – und hier bewegen wir uns an der Grenze zur Illegalität -, zwar exakt mit der Spitze des eigenen Eis aufzuschlagen, dabei aber den Aufschlagwinkel auf das gegnerische Ei leicht zu verschieben. Sprich: Es leicht an der Seite zu treffen.

Technik ist hier wichtiger als Kraft. Experten sind sich einig: Mit welcher Wucht man aufschlägt, sagt wenig über die Erfolgschancen aus.

(Übrigens: Der Kandidat mit den Skiern verlor damals seine Wette. Aber lasst euch davon nicht entmutigen.)

4. Die gekonnte Abwehrstrategie

Wir machen uns das Wissen des Angreifers zunutze – und umfassen das Ei mit der gesamten Hand und üben gleichmäßigen, nicht übermäßigen Druck aus. (Erneut: Wer ein kleines Ei gewählt hat, ist im Vorteil.) Um zu verhindern, dass der Angreifer unsere empfindliche Flanke trifft, lassen wir nur das oberste Spitzerl des Eis herausschauen – und verringern damit die Angriffsfläche.

Die Großmutter setzte genau hier an: Sie überließ dem Gegner (vermeintlich) großzügig den ersten Angriff, um ihn zu übertölpeln: Denn im Moment des Schlags fokussiert der Angreifer kurz nur auf sein eigenes Tun, alles geht plötzlich sehr schnell und die Lage wird unübersichtlich. In genau dieser Millisekunde schob sie den Daumen leicht und kaum merkbar in Richtung Eierspitze – gerade einmal so, dass die Wucht des Aufpralls vom Finger und nicht vom Ei abgefangen wurde.

Trifft das Ei gar auf das Gelenk des Daumens, steht die Chance gut, dass sich letzteres im Belastungstest durchsetzt. Das kann mitunter etwas wehtun, aber da müsst ihr jetzt durch.

Eine zweite Option: Wir wagen einen Entlastungsangriff. Heißt: Wir warten nicht wehrlos, bis der Angreifer sein Ei auf uns niederdonnern lässt, sondern schlagen zeitgleich (!) mit ihm zu – mit einer kurzen, ruckartigen Bewegung von unten nach oben versuchen wir, unsere Spitze in seine Seite zu rammen. Da er – anders als wir – das Ei zumeist nicht völlig umfasst hält, bietet er uns seine verwundbaren Stellen dar.

Beides ist freilich verboten. Man muss aber erstmal erwischt werden. Wer die Bewegungen gut einübt, kann sie nahezu unbemerkt ausführen.

Übrigens, einen Nachteil hat es, ständig zu gewinnen: Angeschlagene Eier, die man gleich essen kann, haben dann nur die anderen.

Christoph Schwarz

Über Christoph Schwarz

Christoph Schwarz leitet das Chronik-Ressort des KURIER. Seit 20 Jahren in der Medienbranche tätig - mit Stationen bei den Oberösterreichischen Nachrichten, Standard, Presse und Wiener Bezirkszeitung. Seit 2018 beim KURIER. Jeden Samstag verfasst er in der Kolumne "Mein Samstag" kulinarische Betrachtungen. Und in seiner wöchentlichen KURIER-Serie "Spieltrieb" wirft er einen genauen Blick auf die neuesten Brett- und Gesellschaftsspiele.

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